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Modekonzern schließt alle FilialenFür Kölner Esprit-Laden soll Ende November Schluss sein

Lesezeit 4 Minuten
Das Schaufenster von Esprit an der Kölner Ehrenstraße mit Schildern „Wir räumen unser Lager“.

Für Esprit an der Ehrenstraße soll Ende November Schluss sein.

Der Modehändler Esprit macht alle 56 Filialen in Deutschland dicht. Etwa 1300 Mitarbeiter verlieren ihren Job.

Die Nachricht kam nicht überraschend, war dann aber doch ein Schock. Der Modekonzern Esprit, der seit Jahrzehnten in deutschen Fußgängerzonen zu finden ist, macht dicht. Die Markenrechte für das insolvente europäische Geschäft sollen an den britischen Finanzinvestor Alteri verkauft werden. Der Investor übernimmt nicht das operative Geschäft, also weder Filialen noch Arbeitnehmer, sondern lediglich die Marke. Zum Kaufpreis wollte Esprit keine Angaben machen.

Bis zum Jahresende schließen alle 56 Filialen in Deutschland sowie die Zentrale in Ratingen, rund 1300 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Für den Kölner Laden an der Ehrenstraße soll schon zum 30. November Schluss sein. Das erfuhr der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Branchenkreisen. Wann der Esprit-Laden im Rhein-Center in Weiden schließt, ist nicht bekannt. Der 30. November ist auch der Tag, bis zu dem Esprit nach jetzigem Stand alle Arbeitsverhältnisse kündigen will.

Alteri gehören unter anderem Street One und Cecil

Zum 1. August hatte das Amtsgericht Düsseldorf das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung offiziell eröffnet. In diesem Zuge teilte Esprit mit, dass es zwei Kaufinteressenten gebe: Der eine wollte den Betrieb demnach fortführen, aber nur zehn Läden erhalten. Der andere wollte nur die Markenrechte kaufen und die Marke zu einem späteren Zeitpunkt neu auflegen.

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Nun ist klar: Es ist die zweite Option geworden. Dem Käufer Alteri gehört unter anderem das Modeunternehmen CBR Fashion mit den Marken Street One und Cecil. Die Marke Esprit will der Investor in absehbarer Zeit weiterführen, heißt es. Produkte unter dem Label würden demnach weiter hergestellt und in Deutschland verkauft - wann und in welcher Form, ist bisher nicht bekannt. Die insolventen Gesellschaften - zu denen neben der Retail-Tochter auch das Wholesale-Segment gehört - sollen demnach abgewickelt, die Produkte in den Filialen abverkauft werden.

Insolvenz angemeldet hatten die Esprit Europe GmbH sowie sechs weitere Gruppengesellschaften des Modekonzerns. Die Esprit Europe GmbH ist die Obergesellschaft für Esprit in Deutschland, Frankreich, Belgien, Österreich, die skandinavischen Länder, Polen und Großbritannien. Einkauf und Vertrieb sind in diversen europäischen Tochter- und Enkelgesellschaften organisiert.

Esprit hat weltweit fast tausend Läden dichtgemacht

Bereits im Jahr 2020 hatte Esprit ein Schutzschirmverfahren für mehrere deutsche Gesellschaften beantragt. Damals waren rund 50 Filialen in Deutschland geschlossen worden, etwa 1100 Stellen wurden gestrichen. Wie andere Einzelhandelsunternehmen litt auch Esprit unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Doch die Pandemie war nur noch der sprichwörtliche Sargnagel. Esprit gilt schon viele Jahre als Sorgenkind. Die Esprit-Holding in Hongkong, zu der auch das europäische Geschäft gehört, hat seit 2017 in sechs von sieben Jahren rote Zahlen geschrieben. 2023 standen Verluste in Höhe von 2,3 Milliarden Euro zu Buche und auch die Umsätze wurden immer weniger. Das lag auch daran, dass das Filialnetz stark geschrumpft ist. Im Jahr 2010 gab es weltweit noch mehr als 1100 eigene Esprit-Geschäfte, 2023 nur noch 147.

In Deutschland hatte der Konzern 2011 knapp 180 Läden, inzwischen sind es 56. Daneben gab es 60 Franchise-Stores, die meisten von der PTH Group betrieben. Der Mode-Franchiser hat seinen Vertrag mit Esprit im Frühjahr gekündigt und zahlreiche Stores in andere Formate umgewandelt - darunter auch der ehemalige Esprit-Laden am Kölner Hauptbahnhof, der nun „Catches“ heißt.

Die Modebranche erlebt eine Pleitewelle

Es vergeht kaum ein Monat ohne Insolvenz in der Modebranche. Für den Standort Köln besonders einschneidend war die Insolvenz des Warenhauskonzerns Galeria, der in letzter Minute sein Traditionshaus an der Breite Straße doch nicht zumachte. Auch der Düsseldorfer Modehändler Peek & Cloppenburg, der Modehersteller Gerry Weber und der deutsche Ableger der Modemarke Scotch & Soda meldeten Insolvenz an.

Die Händler leiden seit längerem unter der Kaufzurückhaltung der Verbraucher. Die Umsätze des Einzelhandels mit Textilien, Bekleidung und Schuhen lag zuletzt zwar wieder geringfügig über denen von 2019. Viele Händler verdienen jedoch deutlich weniger, wegen der deutlich gestiegenen Kosten für Energie, Personal und Mieten. Erschwerend hinzu kommt, dass immer mehr Konsumenten im Internet kaufen und nicht im Geschäft. Asiatische Anbieter wie Shein und Temu erhöhen mit ihren günstigen Angeboten den Druck und verdrängen einen Teil des Preiseinstiegssegments. Der Online-Anteil am Gesamtmarkt für Mode und Kleidung liegt bei mehr als 40 Prozent - so viel wie in keinem anderen Bereich. Die stationären Umsätze hingegen sind seit 2019 um rund 17 Prozent gesunken.

Im stationären Handel werde weniger Umsatz auf derselben Fläche erwirtschaftet, sagt Marco Atzberger vom EHI Retail Institute. Große Anbieter wie Zara und H&M hätten deshalb vor Jahren begonnen, die Zahl ihrer Geschäfte zu reduzieren. „Andere Anbieter haben erst später reagiert oder können aufgrund laufender Mietverträge nicht schnell reagieren.“ Dadurch komme es bei bekannten Marken zu Schieflagen und Insolvenzen, zum Beispiel bei Esprit. (mit dpa)