Monatelang war über einen Verkauf verhandelt worden – nun ist die Zukunft des Standorts mit 4400 Beschäftigten ungewiss.
Ungewissheit für 4400 BeschäftigteGespräche mit Investor für Ford-Werk in Saarlouis sind geplatzt
Es waren bittere Nachrichten für die Mitarbeiter des Ford-Werks in Saarlouis: Die Verhandlungen mit einem Großinvestor zur Übernahme des Standorts an der Saar sind gescheitert. Der mögliche Käufer sei vergangene Woche abgesprungen, sagte Ford-Deutschland-Chef Martin Sander. Der Rückzug kam dabei offenbar völlig überraschend.
Ford-Werk in Saarlouis: Ende nach monatelangen Verhandlungen
Monatelang hatte der US-Autobauer zusammen mit der saarländischen Landesregierung und dem potenziellen Käufer verhandelt. „Im letzten Jahr hat Ford erhebliche Ressourcen aufgewendet und viel Zeit investiert, um einen Investor für die Übernahme unseres Werks in Saarlouis zu finden“, sagte Sander. Man habe gemeinsam mit der Landesregierung ein sehr umfassendes Paket für den Investor geschnürt, das dem Vernehmen nach viele finanzielle und nicht finanzielle Leistungen umfasst haben soll. Laut dem saarländischen Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) hat das Land ein Paket in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags auf den Tisch gelegt.
„Die gesamte Belegschaft und der Betriebsrat sind zutiefst enttäuscht über das Ergebnis, dass der Prozess nun erstmal gestoppt ist“, sagte Ford-Gesamtbetiebsratschef Benjamin Gruschka dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Warum der Investor abgesprungen sei, darüber habe man keine detaillierten Informationen, heißt es sowohl vom Betriebsrat als auch von Ford. In weiteren Gesprächen mit dem potenziellen Käufer sollen nun die Gründe erörtert werden. „Sollte es noch Möglichkeiten geben, werden wir sie ausloten“, so Gruschka. Auch weiter bleibt unklar, wer der Interessent war. Alle Seiten haben Stillschweigen vereinbart. Hoch gehandelt wurde immer wieder der chinesische Elektroautobauer BYD. Auch der chinesische Hersteller Chery soll großes Interesse an einer Produktion in Deutschland haben.
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Ein weiterer Interessent ist höchst unwahrscheinlich
Mit dem Ende der Verhandlungen ist der Idealfall, dass ein großer Käufer das gesamte Werk und die gesamte Belegschaft übernimmt und am Standort weiter Autos baut, geplatzt. Derzeit sind bei Ford im Saarland 4500 Mitarbeiter beschäftigt, hinzu kommen weitere 1300 in Zuliefererbetrieben. Mit insgesamt 30 potenziellen Investoren hatte Ford zu Beginn verhandelt. Zum Schluss sah sich das Unternehmen eigentlich schon auf der Zielgeraden, den traditionsreichen Standort an der Saar doch zu erhalten. Noch Ende Juni hatten Ford, die Landesregierung und der potenzielle Investor einen sogenannten Letter of Intent unterzeichnet – eine rechtlich nicht bindende Absichtserklärung. Bis Ende September, so die damalige Hoffnung, sollte dann der Übernahmevertrag stehen.
Dass sich nach dem Scheitern noch ein weiterer Interessent findet, gilt als höchst unwahrscheinlich. Ford will nun einen alternativen Plan verfolgen. „Wie bereits angekündigt, werden wir in Saarlouis 1000 Ford-Arbeitsplätze erhalten bzw. schaffen. Diese können auch als Basis für ein künftiges Technologiezentrum in Saarlouis dienen, das ein erhebliches Potenzial für die Entwicklung des Werks und die Gewinnung anderer, kleinerer Investoren bietet“, so Ford-Chef Sander.
Bis Mitte 2025 gibt es noch Beschäftigung an der Saar. Dann läuft die Produktion des „Focus“ im zweiten deutschen Ford-Werk neben Köln aus. Derzeit laufen täglich noch rund 600 Autos vom Band. Im vergangenen Jahr hatte der US-Autobauer angekündigt, die Produktion zu schließen. Saarlouis hatte gegen den spanischen Ford-Standort Valencia verloren. Dort und nicht im Saarland sollen Elektroautos der nächsten Generation gebaut werden.
Wie es für die Beschäftigten weitergeht, ist offen. Die IG Metall zeigte sich über den Rückzug des Investors „sehr enttäuscht und verärgert“. Der Bezirksleiter der IG Metall Mitte, Jörg Köhlinger, sagte: „Letztlich wissen wir nicht, warum Ford, die saarländische Landesregierung und der Investor sich nicht einigen konnten. Wir wissen nur, dass es nicht an der Belegschaft und ihren Vertretern gelegen haben kann.“ In Kürze soll über einen Sozialplan verhandelt werden. Sollte es dabei keine Einigung geben, kündigte der Betriebsrat bereits Warnstreiks und eine Urabstimmung über einen unbefristeten Arbeitskampf an. (mit dpa)