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Tausende Jobs fallen wegDas sind die Ergebnisse der harten Verhandlungen bei Ford in Köln

Lesezeit 4 Minuten
Ein Logo der Automarke Ford auf einem Auto.

Ford will in Europa 3800 Mitarbeiter entlassen. Alleine in Deutschland sollen 2300 Stellen abgebaut werden, der Großteil davon in Köln.

Zwei Wochen wurde hart verhandelt - nun steht das Ergebnis fest. Die Details aus der Betriebsversammlung.

Mehr als 60 Stunden wurde verhandelt und hart um Jobs und Perspektiven am Standort Köln gerungen. Nun haben sich die Ford-Geschäftsführung des Kölner Autobauers und der Betriebsrat geeinigt. Am Montagnachmittag wurde die Vereinbarung unterzeichnet. In drei außerordentlichen Betriebsversammlungen werden die rund 14.000 Beschäftigten am heutigen Dienstag auf dem Werksgelände über die Ergebnisse der Verhandlungen informiert.

Ford in Köln: Jobs sind zehn Jahre sicher – Kahlschlag bleibt aus

Der befürchtete ganz massive Kahlschlag mit weitreichenden Folgen für die Zukunft in Köln und ganz Deutschland bleibt aus. Dafür gab es in Teilen stehenden Beifall von der Belegschaft, berichten Teilnehmer. Die Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Management sieht folgende Punkte vor. Von heute etwa 3.600 Beschäftigten in der deutschen Produktentwicklung sollen etwa 1.700 in den kommenden drei Jahren das Unternehmen verlassen. Hinzu kommen noch rund 600 Beschäftigte von 3400 Stellen in den Verwaltungsbereichen. Das heißt, unter dem Strich werden 2.300 Beschäftigte von insgesamt 14.000 im Kölner Werk bis zum Ende des Jahres 2025 gehen müssen. Der Abbau erfolgt sozialverträglich etwa über Abfindungsprogramme und Vorruhestand. Das ist zwar immer noch erheblich, allerdings sahen die ursprünglichen Pläne des Konzerns laut Betriebrat vor, dass bis zu 3.200 Jobs gestrichen werden sollten - 2500 in der Produktentwicklung in Köln und Aachen sowie 700 in der Verwaltung und im Ersatzteilzentrum in Köln-Merkenich.

Insgesamt zehn Jahre, bis zum 31.12.2032, sind die Jobs bei Ford darüber hinaus sicher. Betriebsbedingte Kündigungen bleiben in Deutschland ausgeschlossen. „Das bedeutet Planungssicherheit für Tausende von Beschäftigten mit ihren Familien“, sagte Benjamin Gruschka, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats auf der Betriebsversammlung. Besonders dafür gab es lauten Applaus in der Versammlung.

Ford-Standort in Köln: Erhalt der Produktentwicklung

„Wir hätten gerne noch mehr Arbeitsplätze in unserer Produktentwicklung gesichert, denn sie steht am Anfang der Wertschöpfungskette. Nur was dort entwickelt wird, kann am Ende verkauft werden“, sagte Gruschka. Immerhin hätten 900 gute, qualifizierte Arbeitsplätze und wichtige Kompetenzen für die Zukunft der Produktentwicklung gesichert werden können, die in der ursprünglichen Planung des Unternehmens weggefallen wären. Im Vorfeld war befürchtet worden, dass weite Teile der Produktentwicklung in Köln-Merkenich, wo Fahrzeuge für den deutschen und europäischen Markt entworfen werden, dicht gemacht werden sollten und Kompetenzen in den USA beim Mutterkonzern zentralisiert werden sollten. Dies scheint nun in dieser Form abgewendet.

Gruschka betonte, dass die hiesige Produktentwicklung der Vereinbarung zufolge „zukunftsfähig gehalten werden und weiter in der Lage sein soll, komplette Fahrzeuge zu entwickeln“. Zudem solle sie auch Aufgaben im Bereich globaler Hard- und Software übernehmen. „Der Schwerpunkt wird dabei auf dem europäischen Absatzmarkt liegen, dessen Besonderheiten den amerikanischen Entwicklern häufig fremd sind“, sagte Gruschka

Ford-Manager Sander, der anfangs nur mit leichtem Applaus gegrüßt wurde, bewertete die Vereinbarung mit der Arbeitnehmerseite als „eine gute Basis“, um „gemeinsam eine erfolgreiche Zukunft für unser Geschäft in Europa aufbauen zu können“. Er räumt ein, dass dies schwierige Entscheidungen seien. Dies sei aber nötig, um eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur hinzubekommen und „den Weg in eine nachhaltig profitable Zukunft zu ebnen“. Es müsse Veränderungen geben, sagte der Manager und betonte, dass Ford eine gute Perspektive habe. „Wir sind bereit, um in den Wettbewerb zu treten, und um uns in Europa durchzusetzen.“ Das klare Bekenntnis, dass auch künftig Fahrzeuge in Europa entwickelt und gebaut werden, sorgte dann für deutliche Begeisterung in der Versammlung.

Vor gut drei Wochen hatte der Betriebsrat die gesamte Belegschaft über Pläne des Unternehmens informiert. Von Unternehmensseite gab es damals öffentlich keine klaren Aussagen. „Es stand das Schlimmste zu befürchten“, sagte Gruschka heute vor der Belegschaft. Der Betriebsrat habe mit stärkster Gegenwehr und Nutzung aller verfügbaren Mittel gedroht, man würde sich nicht kampflos zur Schlachtbank führen lassen, so Gruschka.

IG Metall in Köln reagiert geschockt auf Ford-Stellenabbau

„Wir sind zutiefst erleichtert und gratulieren dem Betriebsrat zu dieser gelungenen Vereinbarung,“, sagte Kerstin Klein, erste Bevollmächtigte der IG Metall in Köln. Alle zukunftsnotwendigen Bereiche blieben erhalten. Insbesondere in der Produktentwicklung sei dies eine unverhandelbare Grundbedingung für die Seite der Beschäftigten gewesen.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst forderte Ford zu einem fairen Umgang mit den Beschäftigten auf. „Ich erwarte, dass Ford seine Zusagen einhält und den Stellenabbau sozialverträglich und mit größter Umsicht für die Beschäftigten gestaltet“, sagte der CDU-Politiker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Es ist wichtig für alle Betroffenen in Köln und Aachen, dass Ford bis 2032 betriebsbedingte Kündigungen ausschließt“, fügte Wüst hinzu. Nach den Verhandlungen zwischen Betriebsrat und dem Unternehmen hätten „die Beschäftigten bei Ford jetzt mehr Klarheit“, betonte der Ministerpräsident. Dass die Sozialpartnerschaft gelebt werde, gehöre „seit jeher zu den Erfolgsgaranten der nordrhein-westfälischen Wirtschaft“, so Wüst. „Für den Standort Köln und Nordrhein-Westfalen ist es zudem wichtig, dass der US-Autobauer an seinen Plänen festhält, dass in Köln noch in diesem Jahr das erste elektrische Serienmodell vom Band rollen soll“, sagte der Ministerpräsident dieser Zeitung.