Seit Monaten laufen Tarifgespräche, seit Monaten gibt es keine Einigung: Die Streiks könnten nun auch weiter die Politik erreichen.
Tarifstreit bei Bahn und LufthansaRufe nach Reform des Streikrechts werden lauter – Verdi-Chef attackiert Habeck
Vor dem Hintergrund der aktuellen Streiks im Bahn- und Luftverkehr nimmt die Debatte um eine Reform des Streikrechts Fahrt auf. In den vergangenen Wochen hatten die Lokführer-Gewerkschaft GDL und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mehrfach Unternehmen bestreikt, teilweise laufen seit Monaten Tarifgespräche ohne eine Einigung in Sicht.
„Die Streiks in der kritischen Infrastruktur sind nicht nur ärgerlich, sondern auch Wachstumsbremsen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter der „Rheinischen Post“ (Freitag). „Die volkswirtschaftlichen Schäden treffen ja nicht nur die unmittelbar betroffenen Unternehmen, sondern die gesamte Wirtschaft.“ Das Vorgehen der Gewerkschaften bezeichnete Kampeter als „unverhältnismäßig“ und forderte den Gesetzgeber zum Handeln auf. „Wir brauchen ein klares Arbeitskampfrecht, ganz besonders für die Bahn und vergleichbare Bereiche.“
Wirtschaftsweise Veronika Grimm erwartet Einlenken von Verdi und GDL
Auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm erwartet ein Einlenken der Gewerkschaften Verdi und GDL in den aktuellen Tarifkonflikten bei Bahn und Lufthansa. „Das Streikrecht genießt einen hohen Schutz und das ist auch gut so. Aber wenn die Streiks zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit belasten, kann es natürlich sein, dass der Gesetzgeber eingreift und das Regelwerk anpasst“, sagte Grimm in der „Rheinischen Post“. So könne man etwa auf die Idee kommen, ein Schlichtungsverfahren vor dem Streik vorzuschreiben.
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Aus der Opposition kommen ähnliche Forderungen: Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, fordert ein Streikgesetz mit Pflicht-Vorlaufzeiten für Arbeitskämpfe bei der kritischen Infrastruktur. In ein solches Gesetz „gehören Maßstäbe für die Verhältnismäßigkeit und die nötigen Vorlaufzeiten für einen Streik in der Daseinsvorsorge und der kritischen Infrastruktur“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Nur so können die Kunden, die auch jetzt bei den Bahnstreiks die größten Opfer sind, rechtzeitig Vorkehrungen treffen.“
„Kein Verständnis mehr“: Robert Habeck fordert Deutsche Bahn und GDL zu Einigung auf
Kritik an den festgefahrenen Tarifkonflikten gab es auch aus der Bundesregierung: „Bei allem Respekt – dafür habe ich kein Verständnis mehr“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dem „Tagesspiegel“ am Montag. Habeck nahm allerdings explizit, sowohl die Lokführer-Gewerkschaft GDL als auch die Deutsche Bahn in die Pflicht, eine Lösung zu finden.
„Es geht um Millionen von Pendlern, die zu ihrem Arbeitsplatz müssen und große Mengen von Gütern, die unsere Wirtschaft und damit auch das Land dringend braucht“, so Habeck weiter. Die Streiks dürften nicht dazu führen, dass der Tarifstreit über Wochen auf dem Rücken von Fahrgästen und Wirtschaft ausgetragen werde.
„Claqueur für Arbeitgeberinteressen“: Verdi-Chef Werneke attackiert Habeck
Für Robert Habecks Äußerungen zu den aktuellen Tarifgesprächen ist es zu Kritik durch Verdi-Chef Frank Werneke gekommen. Der Gewerkschaftsvorsitzende warf Habeck im „Tagesspiegel“ eine ungehörige Einmischung in Tarifkonflikte vor: „Der grüne Bundeswirtschaftsminister wird einseitig zum Claqueur für Arbeitgeberinteressen, das ist enttäuschend“, sagte Werneke.
Laut Werneke liege der Bundeswirtschaftsminister in der Sache daneben: „Wenn Arbeitszeitverkürzung auf der tarifpolitischen Agenda steht wie im Nahverkehr und bei der Bahn, dann wollen das die Beschäftigten und müssen sich dafür auch mit dem Mittel des Streiks einsetzen können“, so der Verdi-Chef.
Wesentliche Streitpunkte in den aktuellen Tarifrunden ist die Arbeitszeit: Sowohl die GDL als auch Verdi wollen von der Bahn beziehungsweise Lufthansa eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich erstreiten. Wann und ob es zu Einigungen in den Tarifstreits kommt oder ob es weitere Streiks gibt, ist noch unklar. (mab mit dpa/afp)