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Große Pläne für den StandortFord verhandelt schon über zweites Kölner Elektro-Modell

Lesezeit 4 Minuten
Elektro-Ford Illumination

Lichtinstallation am neuen „Ford Cologne Electrification Center“

Köln – Monatelang war über die Ansiedlung des ersten europäischen E-Autos von Ford am Standort Köln spekuliert und berichtet worden. Am Mittwoch nun wurde die gute Nachricht für das Werk in Köln-Niehl höchst offiziell verkündet. Ab 2023 wird nun in Köln das erste batterie-elektrische Volumenmodell des US-Autobauers in Europa vom Band rollen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Warum bekam Köln den Zuschlag?

Köln, wo nicht nur Ford Deutschland, sondern auch Ford Europa seinen Sitz hat, galt zum Schluss als klarer Favorit im Rennen um das erste E-Auto. Für die Zukunft des Kölner Werks ist der Zuschlag ein wichtiges Signal für die Zukunft. Denn dass die derzeit wichtigste neue Antriebstechnologie am Rhein angesiedelt werden soll, eröffnet langfristige Perspektiven für die Standortsicherheit und damit auch für die Beschäftigung.

Für Köln sprach zum einen, dass das E-Modell bereits im Entwicklungszentrum in Merkenich konzipiert wird. Zum anderen punktet Köln mit einer hoch qualifizierten Belegschaft, die bereits erste Erfahrungen mit E-Mobilität hat. So wurde der große Streetscooter auf Transit-Basis für die Post montiert. Hinzu kommt die gute Verbindung zu Forschungsstandorten in Münster und Aachen.

Wie viel wird investiert?

In den kommenden zweieinhalb Jahren werden rund eine Milliarde Dollar (umgerechnet rund 830 Millionen Euro) in den Standort investiert, um die Fertigung für die Produktion von E-Autos zu ertüchtigen. „Köln wird das erste Ford Electrification Center, das eine wichtige Säule beim Umbau von Ford Europa zu einem nachhaltig profitablen Unternehmen auf der Basis elektrifizierter Antriebe bildet“, sagte Ford-Europachef Stuart Rowley.

Welche strategische Bedeutung hat die Elektrifizierung?

Ford ist im Vergleich zu vielen Wettbewerbern spät ins Elektrozeitalter gestartet. Der bislang einzige E-Pkw ist der an den Mustang angelehnte Mach-E, der aus den USA importiert wird. Alle anderen Fahrzeuge sind derzeit nur teilelektrisch. Nun soll Tempo gemacht werden. Und so kündigte Europa-Chef Rowley den vollständigen Rückzug von Ford Europa aus der Welt der Verbrennungsmotoren an. „Im Jahr 2030 wird es bei Pkw ausschließlich rein batterieelektrische Fahrzeuge geben“, betonte er. Dann will Ford in Europa auch keine Plug-in-Hybride mehr verkaufen. Als ersten Zwischenschritt werde es bei Ford bis Mitte 2026 ausschließlich mindestens teilelektrisierte Modelle und keine reinen Verbrenner mehr geben.

Warum drückt Ford aufs Tempo?

Damit reagiert der Konzern auf das veränderte politische Umfeld. So gelten in der EU strengere Grenzwerte, deren Nichteinhalten hohe Bußgelder nach sich ziehen. Im Zuge des neuen „Green Deal“ sollen Kohlendioxid-Emissionen zudem künftig noch schneller reduziert werden. Auch hat jüngst Großbritannien – der wichtigste Markt von Ford in Europa – angekündigt, von 2030 an ganz auf Verbrenner-Pkw zu verzichten.

Was ist über das neue Modell bereits bekannt?

Der Pkw soll auf der MEB-Plattform von Volkswagen gefertigt werden, auf der die Wolfsburger derzeit schon das Modell des ID3 bauen. Beide Konzerne kooperieren bei Elektromobilität und autonomem Fahren. Wie viel in dem neuen Modell von Ford und wie viel von VW kommt, war bislang unklar. Nun kündigte Ford-Deutschlandchef Gunnar Herrmann an, dass man erstmal den kompletten Baukasten von VW übernimmt. Später könne man sich vorstellen, mehr Teile selber zu machen. Das heißt, VW liefert die gesamte Basis, Ford setzt grob gesagt nur die Haube auf. Damit wird ein Teil der Jobs bei VW angesiedelt, zudem muss Ford Lizenzgebühren zahlen, was die Gewinnmargen drückt. Zu Details, wie der neue E-Ford aussehen und welche Größe er haben wird, wollte sich das Unternehmen auch auf Nachfrage nicht äußern.

Wie viele Pkw sollen gebaut werden?

Der Vertrag mit VW beläuft sich auf 600.000 Stück in sechs Jahren ab 2023, also rund 100.000 Autos pro Jahr. Diese Zahl bestätigte auch Ford-Europachef Rowley am Mittwoch erneut. Damit läge das Volumen allerdings deutlich unter der derzeitigen Fiesta-Produktion. Selbst im Corona-Jahr 2020 mit Lockdown und Kurzarbeit sind 160.000 Fiesta vom Band gelaufen.

Was bedeutet das für die Jobs in Köln?

Das ist derzeit noch schwer zu sagen. E-Autos haben deutlich weniger Teile als klassische Verbrenner und sind damit auch deutlich einfacher zu bauen. Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach geht davon aus, dass rund 20 Prozent weniger Mitarbeiter zum Bau eines E-Autos erforderlich sind. Derzeit hat Ford in Köln etwa 17.000 Beschäftigte. Auch Ford-Chef Gunnar Herrmann räumte ein, dass die Fertigungstiefe bei E-Autos deutlich geringer sei. Mehr Beschäftigung gäbe es nur bei höherer Produktion.

Auch Betriebsratschef Martin Hennig wies darauf hin, dass der Einstieg in die Elektromobilität für Ford in Köln nicht unbedingt einfach werde. Trotzdem habe Köln eine klare Zukunftsperspektive bekommen habe.

Wie geht es weiter und ist das Ende des Fiestas nun besiegelt?

Bis 2024 wird das kleine Kölner Erfolgsmodell noch vom Band laufen. Ob es dann noch einen Nachfolger gibt, dazu wollte sich Ford-Chef Gunnar Herrmann gestern nicht äußern. Der Kleinwagen steht nicht mehr allzuhoch in der Gunst der US-Konzernführung. Zum einen ist die Marge gering und strengere Umweltauflagen könnten den Wagen künftig preislich unattraktiv machen. Eine Zeit lang werden beide Modelle in Köln parallel laufen. Klar ist aber schon jetzt: Mit dem E-Auto ist das Werk laut Autoexperte Bratzel gerade einmal zur Hälfte ausgelastet.

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Ford und Volkswagen verhandeln derzeit über ein zweites Elektro-Modell, das ebenfalls auf einer VW-Basis entsteht. Damit wäre das Kölner Werk dann voraussichtlich ausgelastet und ein hohe Beschäftigung sicherer.