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9-Euro-TicketKaum Beschwerden trotz brechend voller Züge

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Voller Bahnsteig im Kölner Hauptbahnhof

Köln/Berlin – Das 9-Euro-Ticket hat am langen Pfingstwochenende rund um Köln einen Ansturm auf Regionalzüge und S-Bahnen ausgelöst, „der sich wenn überhaupt nur mit Karneval vergleichen lässt“, sagt Norbert Reinkober, Geschäftsführer des Nahverkehr Rheinland (NVR). „Das war ein heftiges Wochenende. Wir sind dennoch recht zufrieden. Die Beschwerdelage war sehr entspannt. Das hat uns positiv überrascht.“

Besonders voll waren die Züge von und nach Köln am Pfingstsamstag. Viele Kurzausflügler habe es aus Köln in die Eifel oder ins Bergische Land gezogen, zeitgleich seien deutlich mehr Menschen aus dem Umland nach Köln gefahren, um den Tag in der Stadt zu verbringen. Das Stadionkonzert der „Ärzte“ habe für noch mehr Verkehr gesorgt.

NVR-Chef Norbert Reinkober

„Das zeigt uns, dass unser Bahnsystem überlastet ist, wir weiter ausbauen und in Zukunft längere Züge einsetzen müssen“, so Reinkober. „Wenn das System von den Menschen auf Dauer gut angenommen werden soll, müssen wir seine Leistungsfähigkeit und Qualität verbessern.“

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Bundesweit sind am langen Wochenende 86.000 Regionalzüge gefahren und damit „alles gerollt, was rollen kann“, sagte Jörg Sandvoß, Vorstand von DB Regio am Dienstag. „Das 9-Euro-Ticket ist ein einmaliges Experiment und eine große Chance für die gesamte Branche. Wir setzen hierfür buchstäblich alles in Bewegung, was wir haben – Züge, Busse, Servicekräfte. Natürlich ist es wie erwartet vor allem auf den touristischen Hauptrouten punktuell zu Belastungsspitzen gekommen." Insgesamt hat die Deutsche Bahn inzwischen rund 6,5 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft.

Möglichst kein Rad mitnehmen

Auch wenn beim NVR die genaue Analyse noch aussteht, an welchen Stellen mit Blick auf das bevorstehende lange Wochenende über Fronleichnam (16. bis 19. Juni) noch Details verändert werden können, um den zweiten erwarteten Menschenandrang zu bewältigen, kann sich jeder Nutzer eines 9-Euro-Tickets für seine Reise ein paar Faustregeln merken.

Erstens: Möglichst nicht an den Wochenenden in den Zug steigen, sondern auf die Woche ausweichen.

Zweitens: Aufs Fahrrad verzichten, weil die Bahn deren Mitnahme in übervollen Zügen nicht garantieren kann.

Drittens: Stoßzeiten vermeiden und auf Verbindungen zum Tagesbeginn und nach 19 Uhr ausweichen.

Viertens: Bei Reisen mit Umsteigepunkten damit rechnen, dass ein Zug, der viel Verspätung hat oder ganz ausgefallen ist, den ganzen Reiseplan zunichtemachen kann.

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Ein Bahnmitarbeiter greift auf dem vollen Bahnsteig in Köln zum Megafon, um sich Gehör zu verschaffen.

An Werktagen seien die Regionalzüge nach Angaben des NVR zwar gut ausgelastet, der 9-Euro-Ticket-Effekt lasse sich aber nicht beziffern, sagt Reinkober. „Wir liegen derzeit bei 85 Prozent des Vor-Corona-Niveaus, erholen uns schneller als erwartet.“

Forderungen aus der Politik und vom Städte- und Gemeindebund, auch nach Auslaufen des auf drei Monate befristeten 9-Euro-Tickets für den Personennahverkehr ein bundesweit unbegrenzt gültiges ÖPNV-Billigticket anzubieten, werde man sich nicht widersetzen, so der NVR-Chef. „Vorher muss aber die Finanzierung durch den Bund geklärt sein.“

Welchen Effekt so ein Billigticket haben könnte, ist offen. Der NVR hat vor drei Jahren auf Drängen der Politik mal ein Gutachten in Auftrag gegeben, welchen Effekt ein kostenloser Nahverkehr habe könnte. Das Ergebnis: Die Zahl der Fahrgäste würde um 30 Prozent steigen. Dass sei im Rheinland mit der derzeitigen Infrastruktur nicht zu stemmen. „Wir dürfen das System auch nicht überfrachten“, so Reinkober.

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Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ könnten die Verkehrsverbünde in Nordrhein-Westfalen nach Ablauf des 9-Euro-Tickets Ende August zumindest für ihre Abo-Kunden eine Aktion anschließen, die eigentlich für den Sommer geplant war. Wie im vergangenen Jahr sollen sie kostenfrei über einen Zeitraum von mehreren Wochen zumindest NRW-weit alle Nahverkehrsmittel ohne Aufpreis auf ihre Dauerkarte nutzen können. Offenbar laufen bereits erste Gespräche auf Bundesebene, dieses Angebot bundesweit auszudehnen.

Allianz pro Schiene schlägt Klimaticket vor

Der Verkehrsverband Allianz Pro Schiene schlägt vor, Deutschland solle nach österreichischem Vorbild ein Klimaticket einführt, „das nicht nur im Nahverkehr, sondern auch im Fernverkehr gilt“, sagte Geschäftsführer Dirk Flege dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Der Preis des Klimatickets in Österreich liegt jährlich bei 1095 Euro, Ermäßigungen gibt es beispielweise für Senioren. Flege sagte weiter: „Parallel dazu muss das Angebot von Bus und Bahn massiv ausgebaut werden.“

Trotz übervoller Züge vor allem auf touristischen Verbindungen zu Pfingsten bewertet der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) den Start des 9-Euro-Tickets als geglückt. „Wir haben für das Pfingstwochenende mit sehr vollen Fahrzeugen und Bahnsteigen gerechnet, und das hat sich bestätigt“, teilte Verbandspräsident Ingo Wortmann am Dienstag mit. Die Verkehrsunternehmen und die Fahrgäste seien aber sehr gut vorbereitet gewesen. Die Unternehmen hätten die hohe Nachfrage gemeistert.

Dennoch waren viele Züge auf touristischen Strecken überlastet, teilte der VDV mit. „Zeitweise mussten zudem an den großen Bahnknoten wie in Köln, Hamburg oder Berlin Bahnsteige wegen des großen Andrangs gesperrt werden.“ Räumungen oder Teilräumungen von Fahrzeugen blieben demnach „die absolute Ausnahme“. Das deutlich erhöhte Fahrgastaufkommen über Pfingsten mache deutlich, „dass wir dringend die nötigen Investitionen in den Ausbau, in die Modernisierung und für Kapazitätserweiterungen unserer Angebote benötigen“. (mit dpa)