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Kölner ArbeitsmarktHerbstbelebung ist ausgeblieben

Lesezeit 4 Minuten
 Johannes Klapper,   Leiter Kölner Agentur für Arbeit 

Johannes Klapper ist Leiter der Kölner Agentur für Arbeit

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Bund und in Köln stagnierend. Die Arbeitgeber sind verunsichert, die Zahl der offenen Stellen sinkt - als Anzeichen der Krise.

Im November sinkt die Zahl der Arbeitslosen in Köln im Vergleich zum Vormonat um 203 Personen auf 55.049. Das teilte die Agentur für Arbeit turnusgemäß am Freitag mit. Die Behörde meldet jeweils am letzten Werktag jedes Monats den aktuellen Stand auf dem Arbeitsmarkt.

„Der Kölner Arbeitsmarkt zeigt sich im November mit einer leichten Belebung weiterhin beständig“, so beschreibt Johannes Klapper, Chef der Kölner Arbeitsagentur, die aktuelle Situation in Köln. „Ich freue mich, dass rund 200 Kölnerinnen und Kölner weniger arbeitslos sind als im Vormonat.“ Die wirtschaftliche Lage bleibe aber weiter angespannt. Eine Herbstbelebung ist in Köln nahezu ausgeblieben.

Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen zeigten sich viele Arbeitgeber zögerlich und sind verunsichert. Im vergangenen Monat wurden rund ein Drittel weniger Arbeitsstellen als im Oktober gemeldet. Dennoch sei der Bedarf an qualifizierten Fachkräften immer noch hoch.

Kölner Arbeitslosenquote stagniert

Gegenüber dem Vorjahr steigt die Zahl der Arbeitslosen in Köln um 1975 Personen oder 3,7 Prozent. Die Arbeitslosenquote liegt im November in Köln bei 8,9 Prozent, genau wie im Oktober. Im Vorjahr lag sie bei 8,7 Prozent.

Die schwache Konjunktur hat den gesamten deutschen Arbeitsmarkt weiter fest im Griff: Zwar nahmen Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung im November bundesweit ab, die Rückgänge seien aber „wie schon im Vormonat gering“, erklärte am Freitag die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nannte als Gründe die schwache Weltkonjunktur, den Angriffskrieg gegen die Ukraine und zunehmenden Protektionismus.

2,8 Millionen Arbeitslose im Bund

Der Bundesbehörde zufolge waren im November 2,774 Millionen Menschen arbeitslos, das waren 17.000 weniger als im Oktober. Saisonbereinigt entsprach dies allerdings einem Plus von 7000 Arbeitslosen. Verglichen mit November vergangenen Jahres war die Zahl der Arbeitslosen um 168.000 höher, wie die Behörde ausführte. Arbeitslosengeld erhielten im November 895.000 Menschen - 104.000 mehr als vor einem Jahr. Die bundesweite Arbeitslosenquote sank im November um 0,1 Punkte auf 5,9 Prozent.

Die Zahl der Erwerbstätigen betrug im Monat Oktober bundesweit 46,32 Millionen Menschen und lag damit saisonbereinigt um 3000 unter dem Vormonat und um 25.000 über dem Vorjahr. Für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lagen Zahlen bis September vor: Sie betrug in dem Monat 35,21 Millionen Menschen, das waren saisonbereinigt 10.000 mehr als im August und 123.000 mehr als ein Jahr zuvor. Erneut beruhte dieser Anstieg aber „allein auf ausländischen Staatsangehörigen“, betonte die BA.

Die Nachfrage nach Arbeitskräften ging zuletzt zurück: Im November waren laut Behörde bundesweit 668.000 Stellen gemeldet, das waren 65.000 weniger als vor einem Jahr. Besonders die Industrie stehe unter Druck, erklärte das Arbeitsministerium. Die Betriebe würden durch eine geringere Exportnachfrage und verschärfte internationale Wettbewerbsbedingungen belastet, daher reagierten viele von ihnen mit einem Einstellungsstopp oder mit Kurzarbeit.

2447 arbeitslose Ukrainer in Köln

Als positiv bewertete Minister Heil die Integration ukrainischer Staatsangehöriger in den deutschen Arbeitsmarkt. So waren im September 233.000 Menschen aus der Ukraine sozialversicherungspflichtig beschäftigt - 12.000 mehr als im Vormonat und 71.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit in Köln beträgt im November 2.447 Personen, 72 weniger als im Vormonat.

Der Arbeitsmarktexperte Martin Müller von der staatlichen Förderbank KfW sprach von „Licht und Schatten“ am Arbeitsmarkt. Zwar sei die Erwerbstätigkeit bis ins Jahr 2024 hinein weiter gestiegen - aufgrund der „verhaltenen Konjunkturaussichten“ sei aber damit zu rechnen, dass im nächsten Jahr voraussichtlich die Zahl der Arbeitslosen zunehmen werde. Außerdem dämpften der Fachkräftemangel und die schwächelnde Arbeitsproduktivität die Wachstumsaussichten für die Konjunktur. Deutschland müsse daher „mehr investieren“ und die Digitalisierung weiter voranbringen.

Ford und Thyssen streichen Stellen

Bettina Kohlrausch vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung sprach von einer „weiter problematischen“ Situation am Arbeitsmarkt. „Während die Sorgen vor Jobverlusten in den letzten Jahren vergleichsweise gering waren, zeigen unsere Studien ein hohes und wachsendes Maß an finanziellen Belastungen und Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation.“ Nötig seien tiefgreifende Änderungen, etwa ein Ausbau der Weiterbildung und eine „aktive Industriepolitik“.

„Zu wenige Betriebe“ bereiteten sich mit ihren Qualifizierungsstrategien auf kommende Herausforderungen vor, beklagte Kohlrausch. Zuletzt hatte eine ganze Reihe von großen Industriefirmen angekündigt, in den kommenden Jahren massiv Jobs hierzulande abbauen zu wollen - etwa die Autobauer VW und Ford, die Autozulieferer Bosch und ZF und der Stahlhersteller Thyssenkrupp.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte eine „Wende am Arbeitsmarkt“ und „Ehrlichkeit in der Arbeitsmarktpolitik“. Die Liste der Forderungen nach einem Politikwechsel sei lang: „Arbeitszeitflexibilisierung, Abschaffung von Frühverrentungsanreizen, Entbürokratisierung und Förderung von Unternehmertum.“ (mit afp)