Köln – Während sich Deutschland in den vergangenen Wochen unter Corona-Bedingungen auf das Weihnachtsfest vorbereitet hat, ist Tina Gerfer und ihr Unternehmen Wilhelm Rasch schon beim nächsten großen Fest – Ostern. Statt Schokoladenweihnachtsmännern ist die Produktion schon auf Schoko-Hasen ausgerichtet. „Wir arbeiten antizyklisch, sind unserer Zeit immer fünf, sechs Monate voraus“, erklärt die Enkelin von Unternehmensgründer Wilhelm Rasch.
Das Kölner Unternehmen, das gerade nach Hürth umgezogen ist, baut Wickelmaschinen für Hohlkörperfiguren aus Schokolade. Das heißt, der Maschinenbauer verhilft den Schoko-Hasen oder -Nikoläusen in ihr Folienfell. Die Rasch-Maschinen sorgen weltweit dafür, dass die hauchdünne Verpackung nicht reißt und die Schokoladenkörper keine Kratzer bekommen. Auch Gesicht und Ohren der Figuren müssen genau sitzen, damit etwa der goldene Hase auch schmunzelt.
Weltmarktführer aus Köln
Das erfordert Präzisionsarbeit: Die Folie wird immer gerade abgerollt und -geschnitten. Trotzdem dürfen an den schmalen Teilen wie den Ohren keine Folienklumpen entstehen. Zum anderen wird die Foliennaht „verfaltet“ und „heiß gesiegelt“.
Das Kölner Familienunternehmen ist Weltmarktführer auf dem Gebiet der Wickelmaschinen für Hohlfiguren. Damit ist Rasch ein typischer „Hidden Champion“, wie es zahlreiche in ganz Deutschland und der Region Köln gibt. Der Begriff bezeichnet in der Öffentlichkeit wenig bekannte kleine oder mittelständische Unternehmen, die in ihrem Segment jedoch weltweit führend sind.
Angefangen hat bei Rasch alles im Jahr 1950. Der Ingenieur Wilhelm Rasch und sein Partner Otto Römmling gründen die Spezialmaschinenfabrik mit Sitz am Maarweg. Dort konstruieren die beiden Tüftler die erste Temperiermaschine für Schokoladenmassen. Mit fünf Mitarbeitern produzieren sie zudem Zubehör für das Erhitzen von Schokolade und lernen so zahlreiche Süßwarenhersteller kennen. Schließlich entwickeln Rasch und Römmling die Idee einer Verpackungsmaschine, die die Schoko-Hohlkörper in die Folie wickelt. Damals wurde das noch aufwendig per Hand gemacht.
1952 wurde dann die erste Verpackungsmaschine gefertigt. In den Jahren des deutschen Wirtschaftswunders wuchs die Firma schnell. Heute erwirtschaftet Rasch mit 40 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 6 Millionen Euro und baut seine Maschinen nach wie vor ausschließlich in Köln/Hürth.
Vielfältige Kundschaft
Mittlerweile gehört die Firma zur Mohrbach-Gruppe, ebenfalls ein Verpackungsspezialist, mit Sitz in Rheinland-Pfalz. „Wir haben damit einen guten Partner gefunden und können gemeinsam den gesamten Prozess der Verpackung abbilden“, sagt Rasch-Geschäftsführerin Tina Gerfer. Synergie gäbe es nicht nur bei der Fertigung, sondern auch im Einkauf.
Zu den Kunden gehören nahezu alle großen Süßwarenhersteller weltweit. Dabei sind es vor allem die großen Player, die den Markt beherrschen. Aber auch der Hoflieferant des jordanischen Königshauses lässt sein Ramadan-Gebäck mit Hilfe der Kölner Maschinen ebenso einwickeln wie koschere Schokoladenhersteller in Israel. „Im Bereich der großen Hohlfiguren können Sie sich sicher sein: Nahezu alles, was in Folie eingeschlagen ist, ist auf einer Rasch-Maschine in irgendeiner Form gewickelt“, sagt Gerfer.
Die Rasch-Konstrukteure bekommen von diesen Kunden genaue Zeichnungen der Figuren sowie Prototypen aus Plastik und Schokolade. Darauf wird dann jede Maschine exakt abgestimmt.
Wachsendes Servicegeschäft
Die weltweiten Folgen der Corona-Pandemie hat auch das Kölner Unternehmen zu spüren bekommen. „Die Auftragsbücher waren zu Beginn 2020 voll“, sagt Tina Gerfer. Dann aber seien die Kunden zögerlich bei den Bestellungen geworden, denn viele Süßwaren-Shops auch an den Flughäfen wurden im Zuge der Lockdowns geschlossen. Aber wenigstens das Servicegeschäft zog an. „Es wurden dann aus dem In- und Ausland vor allem Maschinen gewartet und überarbeitet“.
Da persönlicher Kontakt unmöglich geworden sei, hätten die Inbetriebnahmen nur virtuell erfolgen können. Da es in den Fabriken der Kunden oft kein WLAN gab, funktionierten die Anleitungen aus Köln oftmals nur über WhatsApp. „Wir haben dann früh morgens Kunden in Australien angeleitet, spät abends Firmen an der Westküste der USA“, sagt Gerfer.
Fragile Lieferketten
Zudem fehlten zeitweise Container, um die Maschinen zu verschiffen; Aluminium, Edelstahl waren knapp und teuer und auch der Halbleitermangel setzte dem Unternehmen zu. Es hätte sich ausgezahlt, dass man zusammen mit dem Partner Mohrbach arbeite und eine hohe Fertigungstiefe habe, sagt Gerfer.
Mit Blick auf die Fragilität der Lieferketten sagt die Kölner Unternehmerin: „Vielleicht besinnen wir uns wieder stärker, auf das, was wir selber können und auf regionale Lieferanten“. Die Krise habe sie demütig gemacht. „Wir alle sollten die Pandemie nutzen, um uns auf das zu besinnen, was für jeden von uns wirklich wichtig ist.“