- Der Kölner Messe-Chef Gerald Böse zieht nach Gamescom und Dmexco eine ehrliche Bilanz.
- Dabei gibt der Manager auch einen Einblick in den finanziellen Erfolg der beiden ersten Digitalmessen. Die Corona-Krise hatte die Messe zuvor schwer getroffen waren.
- Böse spricht zudem über die neue Position der Kölner Messegesellschaft und über das Messe-Modell der Zukunft.
Herr Böse, Sie haben mit Gamescom und Dmexco zwei rein digitale Messen durchgeführt. Waren sie ein vollwertiger Ersatz für Veranstaltungen vor Ort?Nein. Eine echte Messe hat ein besonderes Flair, das es bei digitalen Plattformen nicht gibt. Aber wir haben die digitalen Formate auch nicht aufgesetzt, um uns als klassischen Messeveranstalter überflüssig zu machen. Digitale Bausteine sind logische Ergänzungen für ein Hybrid-Format, das die Messe der Zukunft bestimmen wird. Wissen und Inhalte im Netz, Erlebnis und Netzwerken vor Ort – das wird das Erfolgsmodell sein.
Lässt sich mit rein digitalen Messen Geld verdienen?
Wir sind zwar weit weg davon, aber dennoch waren Gamescom Now und Dmexco@home sehr erfolgreich. Die Umsätze mit beiden Veranstaltungen liegen deutlich über meinen Erwartungen.
Zur Person
Gerald Böse ist seit 2008 Vorsitzender der Geschäftsführung der Kölner Messe. Er wurde 1962 in München geboren, studierte dort Betriebswirtschaftslehre und begann seine Laufbahn bei der Messe München. Von 1992 bis 2005 arbeitete Böse bei der Igedo in Düsseldorf und stieg dort zum Geschäftsführer auf. 2005 wechselte er als Sprecher der Geschäftsführung zur Karlsruher Messe.
Die Messe Köln betreut in normalen Zeiten 80 Messen pro Jahr.
Welchen Einfluss haben die digitalen Konzepte auf die Bekanntheit der Kölner Messe und ihrer Veranstaltungen?
Wir erreichen durch die digitalen Formate ein globales Publikum, ohne dass die Menschen dafür nach Köln reisen müssen. Bei der Gamescom Now hatten wir mehr als zehn Millionen Live-Teilnehmer aus über 180 Ländern, das ist enorm. Bei der begleitenden Entwickler-Konferenz Devcom sind sonst 1200 Besucher vor Ort, digital waren es dieses Jahr 2300. Die gleichzeitig laufende Twitch-Show mit Interviews und Spiel-Präsentationen verfolgten sogar 450.000 Menschen. Wir schaffen es, eine lokale Veranstaltung zu einem globalen Event zu machen. Viele der Zuschauer werden sicher auch sagen: Das sieht so gut aus, dass ich beim nächsten Mal live dabei sein will. Das ist für uns viel wert. Und auch für die ausstellenden Unternehmen sind die zusätzlichen Reichweiten eine große Chance, speziell in Corona-Zeiten.
Sie haben bei Gamescom und Dmexco ein sehr digitalaffines Publikum. Das ist bei einer Möbel- oder Motorradmesse anders. Wie wollen Sie dort digitale Konzepte umsetzen?
Erst einmal hoffen wir, dass wir mit der Art Cologne und der Cologne Fine Art & Design im November wieder unsere ersten eigenen Messen unter Hygieneauflagen durchführen können. In meinen Augen spricht nichts dagegen. Für die digitale Erweiterung der anderen Messen wollen wir Bausteine aus den Plattformen für Dmexco und Gamescom auch auf andere Branchen übertragen. Die Dmexco ist eine Business-Messe, bei der es um Geschäftsabschlüsse und Kontakte geht, die Gamescom ist eine Besuchermesse, die von größtmöglicher Reichweite lebt. Aus beiden Plattformen, die sehr unterschiedliche Funktionen bieten, werden wir für jede einzelne Messe in unserem Portfolio einen Maßanzug schneidern. Als Ergänzung zur physischen Präsenz auf der Messe macht dieser das ganze Produkt rund.
Wie wollen Sie die Erfahrungen im Wettbewerb mit anderen Messestandorten nutzen?
Wir beobachten natürlich unsere Konkurrenz in Europa, China und den USA, die massiv in digitale Plattformen investieren. Auch wir haben bei der Entwicklung der digitalen Plattformen, und das waren Millionenaufwände, von Beginn an darauf gesetzt, dass wir sie für unser weiteres Messeprogramm nutzen können. Damit haben wir uns vor allem in Deutschland, aber auch international eine Vorreiterrolle gesichert.
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Für unsere intelligenten digitalen Messeleitsysteme in den Hallen hat uns gerade erst der Weltmesseverband ausgezeichnet. Mit diesem Erfolg und den tollen digitalen Messen Gamescom und Dmexco im Rücken sind wir in einer hervorragenden Position. Ich würde tief stapeln, wenn ich behaupten würde, dass die Konkurrenz uns dabei nicht genau beobachtet.