- Über Jahrzehnte galt die Lufthansa als hellster Stern am europäischen Himmel. Jetzt steckt die Kölner Fluggesellschaft in der Krise.
- Das Sammelsurium der Marken macht dem Unternehmen schwer zu schaffen.
- Unser Autor analysiert die Lage und wie die Lufthansa wieder in die Erfolgsspur zurückkehren möchte.
Köln – Über Jahrzehnte galt die Lufthansa als hellster Stern am europäischen Himmel. Andere Fluggesellschaften gingen reihenweise den Bach runter, allein 2019 waren es weltweit 23. Am drastischsten spürten das die Deutschen, als Air Berlin den Betrieb nach Jahren der Krise am 27. Oktober 2017 einstellte.
Damals stand die Lufthansa mit ihren Billigtöchtern Eurowings und Germanwings als strahlender Sieger da. Sie war Profiteur, da sie auf vielen Strecken von einem Tag auf den anderen zum Quasi-Monopolisten wurde und das die Fluggäste mit saftigen Preisaufschlägen spüren ließ. Schließlich verleibte sich die Lufthansa einen Teil der Air-Berlin-Flotte ein.
Ein wiederkehrendes Muster
Es war nicht das erste Mal, dass die Kranich-Airline von der Bruchlandung anderer Fluggesellschaften profitierte. Es ist sogar ein wiederkehrendes Muster. 2001 musste die Swissair Konkurs anmelden. Alle Flugzeuge wurden „gegrounded“, standen also irgendwo auf der Welt samt Crews auf dem Boden und konnten mangels Geld nicht mal betankt werden.
Die teilweise staatlich finanzierte Nachfolge-Gesellschaft wurde nie recht profitabel und so gelang es der Lufthansa Schritt für Schritt, den Eigentümern klarzumachen, doch an sie zu verkaufen. Heute ist die Swiss eine hundertprozentige Tochter und gehört zu den starken Marken im Konzern. Der Name Swiss, das musste Lufthansa den Schweizern versprechen, sollte aber zwingend erhalten bleiben.
Nach ähnlichem Schema ging Lufthansa bei Austrian Airlines (AUA) vor. Kurz vor der geplanten Privatisierung schrieb die nationale Fluggesellschaft Österreichs tiefrote Zahlen. Nach sehr zähen Verhandlungen erhielt die Lufthansa dann den Zuschlag für den lächerlichen Preis von 366 000 Euro.
Größte Airline des Kontinents
Allerdings musste auch eine halbe Milliarde Euro Schulden mit übernommen und das Versprechen abgegeben werden, den Namen „Austrian“ zu erhalten. Auf einen Schlag überholte die Lufthansa Air France/KLM und wurde zur größten Airline des Kontinents.
Es folgten weitere Zukäufe, Brussels aus Belgien, Germanwings, Eurowings und so weiter. Vor Beginn der Corona-Krise stand die Lufthansa als mächtigste Fluggesellschaft Europas am Himmel. Das täuschte jedoch über die Probleme des Flaggschiffs hinweg.
Carsten Spohr als Lufthansa-Chef übernahm 2014 ein Sammelsurium an Marken in seinem Konzern. Doch das ist nicht wie bei Kleidung oder Autos, denn hinter jeder Marke steckt auch ein eigener Flugbetrieb mit eigenem Air Operator Certificate (AOC), auf deutsch: Luftverkehrsbetreiberzeugnis. Will heißen: Synergien durch Vereinheitlichung zu heben, ist keine leichte Sache.
Ein Schritt ist getan
Diese Hürde muss Spohr nun schneller als je gedacht bewältigen. Einen ersten Schritt hat er getan. Jahrelang sträubten sich die nach besseren Lufthansa-Tarifen bezahlten Germanwings-Mitarbeiter, Teil der billigeren Eurowings zu werden. Da nahm Spohr die Corona-Krise zum Anlass und verkündete am Dienstag kurzerhand die Einstellung des Flugbetriebs. Das aber ist nur ein kleiner Teil der harten Einschnitte, die Lufthansa ein Überleben der Krise ermöglichen soll.
Nach den diese Woche von Spohr vorgelegten Plänen schrumpft die Lufthansa-Gruppe ihre Großraumflugzeugflotte um 21 Modelle. Dazu gehören auch sechs Flugzeuge der noch fliegenden 14 Riesenairbusse A380, die nicht nur eingemottet, sondern nun endgültig aussortiert werden. Hinzu kommen außerdem fünf Boeing Jumbojets 747-400 sowie sieben Airbus A340-600. Die Stilllegung der A340-400 und der älteren Jumbos erfolge vor dem Hintergrund der schlechteren Ökobilanz und Wirtschaftlichkeit dieser Modelle, heißt es von der Lufthansa. 220 Arbeitsplätze hängen an so einem Großraumflugzeug.
Köln hat Glück
Kurios an der Sache: Das Marketing-Instrument der Lufthansa, ihre Flieger nach deutschen Städten zu benennen, lässt sich kaum noch halten. Folglich ist es gut möglich, dass rheinische Städte wie Bergisch Gladbach, Leverkusen oder Mönchengladbach ihre Patenflugzeuge verlieren, sie gehören zu den betroffenen Modellen. 70 bis 80 der 760 Maschinen dürften wegfallen, und mit ihnen die Namenspatenschaften. Köln hat Glück, die aktuell so benannte Maschine ist die neueste vom Typ Jumbojet Boeing 747-8 und dürfte deshalb weiterfliegen.
Bei Eurowings wird ebenfalls die Zahl der Flugzeuge verringert und zehn Airbus A320 aussortiert. Insgesamt werden in der Gruppe 21 Kurzstreckenjets abgegeben. Hinzu kommen Flugzeuge, die angemietet wurden. Diese Wet-Lease-Verträge wurden gekündigt.
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Unklar ist, wieviele Arbeitsplätze der Schrumpfkurs kosten wird. Die Lufthansa will Germanwings-Mitarbeiter möglichst übernehmen. Aber wen sollen sie fliegen? 700 der 760 Kranich-Jets stehen am Boden. Das Bittere an der Corona-Krise im Vergleich zu anderen: Die Luftfahrt rechnet nicht mit einer schnellen Erholung. Ob es je wieder so viele Business-Flüge wie vor Corona geben wird angesichts von Videokonferenz & Co. steht in den Sternen.