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PresseratBeschwerden der IHK Köln gegen Stadt-Anzeiger weitgehend unbegründet

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Der Stammsitz der IHK Köln (links)

Der Stammsitz der IHK Köln (links).

Die Führung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln ist mit einer Fülle von Eingaben beim Deutschen Presserat gegen kritische Berichte des „Kölner Stadt-Anzeiger“ in den meisten Punkten gescheitert.

Im Oktober und November 2023 brachte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln, Uwe Vetterlein, insgesamt vier umfangreiche Beschwerden an den Deutschen Presserat auf den Weg. Darin warf Vetterlein dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ unter anderem die Verletzung der Menschenwürde von IHK-Präsidentin Nicole Grünewald sowie zahlreiche weitere Verstöße gegen den Pressekodex vor.

Einen Teil der Anschuldigungen sah der Presserat von vornherein als unbegründet an, mit dem verbliebenen Teil von drei Beschwerden befasste sich jetzt der zuständige Beschwerdeausschuss in seiner Sitzung am 12. März. Die Entscheidung über die vierte Beschwerde wurde auf begründete Bitten der Redaktion vertagt.

In den meisten Fällen hielt der Presserat die Beschwerden für unbegründet. So habe die Redaktion darlegen können, dass ihre von Vetterlein beanstandeten Darstellungen richtig waren beziehungsweise die Bewertungen „ausreichend vom zugrundeliegenden Sachverhalt gedeckt erscheinen“. Wo es geboten war, habe die Redaktion die IHK-Führung mit zwei Ausnahmen immer ausreichend mit den Berichtsgegenständen konfrontiert.

Berichte über Zerwürfnis zwischen den Kammern und internen Streit über Führungsstil

In den Berichten ging es unter anderem um das Zerwürfnis zwischen der Führung der IHK Köln und 15 anderen Kammern in NRW, speziell den IHKs Aachen und Mittlerer Niederrhein. Einer der Streitpunkte zwischen den Kammern war der „Reviervertrag 2.0“ mit der schwarz-grünen Landesregierung zum Kohleausstieg 2030, den die Kölner IHK unter Grünewalds Führung als einzige Kammer in NRW nicht unterschrieben hatte.

Außerdem ging es in der Berichterstattung um den Austritt der IHK Köln aus dem Dachverband der nordrhein-westfälischen Kammern (IHK NRW) und Grünewalds dortigen Posten als Vizepräsidentin. Vetterlein wandte sich überdies gegen Berichte zu internen Streitigkeiten über den Führungsstil der Kölner IHK-Spitze, aber auch zu den Kosten für das Interimsquartier in der Kölner City für den Zeitraum, in dem der IHK-Stammsitz in der Straße Unter Sachsenhausen 5–7 saniert wird.

Presserat: Redaktion muss nicht Sicht der IHK Köln teilen

Der Presserat würdigte die ihm vorgelegten Nachweise der Redaktion, dass sich die Verfasser der Berichte – ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht entsprechend – sehr wohl um Stellungnahmen der IHK Köln bemüht hatten. Die Entgegnung der Redaktion auf Vetterleins Beschwerden enthielt unter anderem einschlägige Korrespondenzen mit der IHK-Pressestelle sowie den Verweis auf Listen mit den Telefonverbindungen der Redakteure.

Zu den angegriffenen Berichten über interne Streitigkeiten in der IHK Köln stellte der Presserat fest, die Redaktion habe „dargelegt, dass sie sich auf mehrere Quellen stützen kann“.

Weiterhin sei es auch „nicht zu beanstanden“, dass die Redaktion in ihren Berichten über den Streit der NRW-Kammern ausführlich die Sicht der IHKs Aachen und Mittlerer Niederrhein wiedergegeben habe. Schließlich sei auch die Sicht der IHK Köln dargestellt worden. „Einen presse-ethischen Anspruch, in gleichem Umfang zu Wort zu kommen oder gar darauf, dass die Redaktion die Sichtweise der IHK Köln teilt, gibt es nicht“, befand der Presserat.

Leserbriefe aus dem persönlichen Umfeld der Kölner IHK-Präsidentin

Abschlägig beschied der Presserat dann auch Vetterleins Beschwerde, die Redaktion habe bestimmte „Pro-IHK-Leserbriefe“ nicht veröffentlicht. Darauf bestehe laut Pressekodex „kein ethischer Anspruch“. Die Redaktion hatte hierzu ausgeführt, dass die streitigen Leserbriefe aus dem direkten persönlichen Umfeld der Präsidentin stammten und inhaltlich mit sachfremden, falschen Unterstellungen aufwarteten. Daher seien diese Briefe nicht publiziert worden.

Christian Hümmeler, Kommissarischer Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“, zeigte sich zufrieden mit diesem Ausgang der Verfahren. „Wir konnten klarstellen, dass unsere Berichte über das Agieren der Kölner IHK-Führung sachgerecht waren. Davon waren wir von Anfang an überzeugt“, so Hümmeler. „Deshalb haben uns die Beschwerden des IHK-Hauptgeschäftsführers mehr als überrascht.“ Selbstverständlich stehe Vetterlein – wie allen Bürgerinnen und Bürgern – der Weg zum Presserat als dem Organ der freiwilligen Selbstkontrolle offen. „Die Stoßrichtung von Vetterleins Beschwerden legt allerdings den Verdacht nahe, dass die Kammerführung eine kritische Berichterstattung im ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘, dessen Verlagshaus im Übrigen selbst Pflichtmitglied der IHK ist, attackieren und den Presserat als Vehikel zur eigenen Profilierung und Selbstdarstellung nutzen wollte.“

Die IHK sei eine der wichtigsten Institutionen am Wirtschaftsstandort Köln, hob Hümmeler hervor. „Wir rufen die Kammerführung auf, ihrer damit verbundenen Verantwortung durch Dialogbereitschaft und Kritikfähigkeit – auch im Verhältnis zu den Medien – in Zukunft wieder gerecht zu werden.“

Presserat moniert nicht erfolgte Konfrontation Grünewalds mit Vorwürfen anderer Kammern

In zwei Punkten missbilligte der Presserat die ausführliche Berichterstattung der Zeitung. So hätte Grünewald nach Auffassung des Gremiums Gelegenheit erhalten müssen, sich zu den Vorwürfen anderer IHKs in NRW zu äußern, die Kölner Kammerpräsidentin habe sie im Streit über den Reviervertrag 2.0, über Grünewalds Führungsrolle im Dachverband IHK NRW sowie über den Austritt der IHK Köln „belogen“ beziehungsweise „erpresst“. Diese Vorwürfe erschienen nach Ansicht des Presserats „geeignet, die Präsidentin der IHK in ihrem sozialen Geltungsanspruch zu tangieren“. Insofern hätte die Betroffene damit konfrontiert werden müssen.

Hümmeler sagte dazu: „Wir respektieren die Auffassungen, die der Presserat als Organ der freiwilligen Selbstkontrolle vertritt, und wir setzen uns selbstverständlich selbstkritisch damit auseinander. Im konkreten Fall teilen wir die Sicht des Beschwerdeausschusses nicht. Beide gegen Nicole Grünewald erhobenen Vorwürfe waren Teil eines lange schwelenden Konflikts, über den wir in der Zeitung wiederholt und zum Missfallen der Kölner Kammerführung berichtet haben. Ein Vorwurf wie ‚Erpressung‘ ist in diesem Zusammenhang politisch zu verstehen und nicht – wie von der IHK Köln behauptet – im Sinne einer Straftat.“

In einem „Hinweis“ monierte der Presserat überdies, dass der Stadt-Anzeiger in einem Bericht vom September 2023 eine verwechselte Zuordnung zweier institutioneller Zusammenschlüsse – der Metropolregion Rheinland (MRR) und der IHK-Initiative Rheinland (IIR) – in einem Grünewald zugeschriebenen indirekten Zitat nur in der Online-Ausgabe korrigiert habe, nicht aber auch in der gedruckten Zeitung. Die Redaktion hatte geltend gemacht, dass niemand sie auf den Fehler aufmerksam gemacht hatte, weder die genannten Institutionen noch die IHK selbst. „Wir haben davon überhaupt erst Mitte Januar durch die Beschwerde des IHK-Hauptgeschäftsführers beim Presserat erfahren“, sagte Christian Hümmeler. „Mit mehr als vier Monaten Abstand hätte die Korrektur eines aus unserer Sicht offenkundigen Missverständnisses in der Zeitung nach unserer Überzeugung nur verwirrend gewirkt. Wir stellen aber hiermit gerne richtig, dass nach Frau Grünewalds Worten die MRR einen Mehrwert hat.“

Trotz der Divergenzen zum Presserat an den genannten Punkten habe sich die Redaktion „aus Wertschätzung für die Arbeit des Presserats und als Ausdruck fairer Berichterstattung dazu entschieden, die Missbilligungen und den Hinweis an dieser Stelle wiederzugeben“, erklärte Hümmeler. Eine Verpflichtung dazu hätte laut Beschwerdeordnung ausdrücklich nicht bestanden.