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Vielen Handwerksbetrieben droht Pleite„Zweiter Lockdown wäre das endgültige Aus“

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Besonders im Messebau ist die Lage vieler Unternehmen weiter schlecht

Düsseldorf/Berlin – Im Handwerk drohen bei vielen Betrieben finanzielle Engpässe. „Die seit Pandemiebeginn bei fast der Hälfte der Betriebe deutlich verschlechterte Eigenkapitalsituation ist ein Warnzeichen“, sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer: „Dieses Alarmzeichen sollten alle sehr ernst nehmen und wirklich alles tun, um einen erneuten Lockdown zu vermeiden.“

In NRW machten Handwerker im zweiten Quartal deutlich weniger Geschäft als im gleichen Zeitraum 2019. Der Umsatz sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7,8 Prozent gesunken, teilte das Landesstatistikamt am Montag mit. Vor allem Handwerker, die in der Kraftfahrtbranche arbeiten, mussten heftige Einbußen hinnehmen – hier sanken die Erlöse um ein Fünftel. Der Effekt auf den Arbeitsmarkt war allerdings wenig gravierend: Die Beschäftigtenzahl aller Handwerker reduzierte sich nur um 1,5 Prozent.

Zweiter Lockdown wäre für viele das Aus

In einer neuen Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks gaben 42 Prozent der Betriebe an, dass sich ihr Eigenkapital seit Beginn der Pandemie verringert habe. Dies treffe überdurchschnittlich für Betriebe im persönlichen Dienstleistungsbereich wie etwa Friseure zu oder beim gewerblichen Bedarf wie im Messebau oder im Catering- und Café-Bereich.

„Für viele Betriebe, die jetzt eine Chance auf ein Überleben haben und langsam wieder in Tritt kommen, würde ein weiterer flächendeckender Lockdown das endgültige Aus bedeuten“, sagte Wollseifer, „auch weil es einen fundamentalen Unterschied zum ersten Lockdown gibt: In den sind die Betriebe noch mit einer gewissen Eigenkapitaldecke gegangen.“ Käme es zu einem erneuten Lockdown, wäre die Eigenkapitaldecke bei einigen Betrieben bestenfalls löchrig, aber in den meisten Fällen stünde sie den Betrieben gar nicht mehr zur Verfügung. „Noch schneller als beim ersten Lockdown wären ganz viele Betriebe zahlungsunfähig und damit pleite.“

Wollseifer fordert Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen

Laut Umfrage erwarten überdurchschnittlich häufig Soloselbstständige und Kleinstunternehmen, dass sich ihre finanziellen Engpässe vergrößern werden. Die Ursache dafür ist laut ZDH, dass oft kein Eigenkapital aufgebaut wird, auf das in Krisenzeiten zurückgegriffen werden kann. Zugleich seien private Reserven seit Beginn der Corona-Pandemie zwischenzeitlich aufgezehrt. Hinzu komme, dass Unternehmen dieser Größe von einigen Hilfsmaßnahmen wie Schnellkrediten über die Staatsbank KfW rechtlich ausgeschlossen seien. 80 Prozent der Firmen sehen laut Umfrage aktuell keine Gefahr der bilanziellen Überschuldung. Weiter heißt es aber, zu erwarten sei, dass diese Gefahr zeitverlagert ab dem vierten Quartal zunehmen könne.

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Wollseifer erklärte, die Umfrage zeige eine maximale Spannbreite der Betroffenheit im Handwerk. „Es gibt Betriebe mit einem Totalausfall bei Geschäftstätigkeit und folglich Umsatz, bei denen auch in den nächsten Monaten keine Besserung in Sicht ist, weil etwa Veranstaltungen oder Messen nicht stattfinden.“ Daneben gebe es eine bemerkenswerte Anzahl an Betrieben, die kaum bis keine Auswirkungen gespürt haben. Für das Gesamthandwerk rechne der Verband damit, dass es 2020 erstmals seit 2013 voraussichtlich einen Umsatzrückgang gibt.

„Die Corona-Pandemie hat mehr als deutlich gemacht, dass wir Betriebe und Unternehmen darin unterstützen müssen, Krisenresilienz und Widerstandskraft aufzubauen“, so Wollseifer. Es gebe dringenden Bedarf an Maßnahmen, um das Eigenkapital zu stärken: „Den großen Unternehmen wie Lufthansa oder Tui wurde über Staatsbeteiligungen geholfen. Da sollte man doch wohl auch für die kleinen und mittleren Unternehmen Beteiligungsformen finden, mit denen sich das Eigenkapital wieder erhöhen lässt.“ (dpa)