Die Länderchefs verhandelten mit Kanzler Olaf Scholz über einen Migrationskompromiss. Die Meinungen über das Ergebnis gehen weit auseinander.
Bund-Länder-BeschlüsseGeteiltes Echo auf Migrationskompromiss
Die SPD spricht von einem „Durchbruch“, CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst nennt die Ergebnisse unzureichend: Die Bund-Länder-Beschlüsse zur Begrenzung der Migration sind in Nordrhein-Westfalen völlig unterschiedlich bewertet worden.
Nach den nächtlichen Verhandlungen der Regierungschefinnen und -chefs der Länder mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte Wüst am Dienstag in Berlin, das Ergebnis sei ein erster Schritt, „aber kein ausreichendes Ergebnis schon gar nicht für einen Deutschlandpakt für Migration“.
Hendrik Wüst spricht von „Licht und Schatten“
Bei der Finanzierung der Flüchtlingsversorgung gebe es „Licht und Schatten“, sagte Wüst. So sei es zwar nun endlich möglich, ein „atmendes System“ anzugehen, aber auf zu niedriger Basis. Die vorgesehene Pro-Kopf-Pauschale von 7500 Euro decke die Kosten von Ländern und Kommunen nicht annähernd ab. Die Länder gingen davon aus, dass für die Unterbringung und auch die Integrationsarbeit rund 20.000 Euro pro Kopf im Jahr nötig seien.
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Wüst bemängelte auch fehlende Vereinbarungen zur Missbrauchsbekämpfung bei Asylanträgen. Zugleich sei es gelungen, einige Punkte zu machen. So habe sich die Bundesregierung dafür geöffnet, Asylverfahren außerhalb Europas zu prüfen, machte der NRW-Ministerpräsident deutlich.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Länder hatten am Dienstagmorgen eine Einigung vorgestellt. Sie sieht eine Systemumstellung bei der Finanzierung der Flüchtlingskosten vor, auch sollen Leistungen für Asylbewerber gekürzt werden. Verfahren sollen schneller abgewickelt werden. Insbesondere bei Menschen aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von unter fünf Prozent sollen sie in drei Monaten abgeschlossen sein. Wenn sich die Verfahren hinziehen, sollen nicht nur 18, sondern 36 Monate lang nur die Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt werden. Die Bundesregierung will zudem prüfen, ob Asylverfahren außerhalb Europas möglich sind.
Jochen Ott: „Demokratie muss liefern“
Der SPD-Oppositionsführer im NRW-Landtag, Jochen Ott, begrüßte die Beschlüsse zur Flüchtlingsfinanzierung. Mit der Einigung auf ein „atmendes“ Finanzierungssystem, bei dem der Bund künftig pro Asylerstantragsteller eine jährliche Pauschale von 7500 Euro zahlt, gebe es jetzt zum ersten Mal eine Lösung, die auf die aktuelle Situation reagiere, sagte der SPD-Landtagsfraktionschef. Ob die Pro-Kopf-Pauschale von 7500 Euro ausreiche, müssten die kommunalen Spitzenverbände einschätzen.
Wichtig sei nun, dass die schwarz-grüne Landesregierung nicht wie in der Vergangenheit das Geld für sich behalte, sondern die Mittel an die Kommunen weitergebe, sagte Ott. Ministerpräsident Wüst könne nicht mehr nach Berlin zeigen, sondern müsse selbst handeln. Die SPD werde darauf schauen, ob NRW in der Lage sei, die Bund-Länder-Beschlüsse umzusetzen, so SPD-Politiker Ott. „Jedenfalls muss das Gefeilsche aufhören.“ In der Migrationsfrage müsse es eine parteiübergreifende Zusammenarbeit geben. „Die Bevölkerung erwartet von uns, dass wir hier liefern. Die Demokratie muss liefern.“
Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker begrüßt Einigung
Die nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende Sarah Philipp forderte zusätzliche eigene Initiativen von der Landesregierung. „Der Ball liegt im Spielfeld von Schwarz-Grün, die Kommunen jetzt mit eigenen Impulsen zu unterstützen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Menschen könnten „zu Recht mehr Eigeninitiative von ihrem Ministerpräsidenten erwarten“.
FDP-Landtagfraktionschef Henning Höne begrüßte die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz als einen „überfälligen Paradigmenwechsel“ in der Flüchtlingspolitik. Er lobte in der „Rheinischen Post“ besonders die geplante Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber.
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) begrüßte die Einigung auf ein „atmendes System“, kritisierte alllerdings: „Der vorgesehene Betrag von 7500 Euro verschafft uns in Köln allerdings nicht die notwendige Luft und bleibt weit hinter der Forderung der Kommunen zurück.“ (dpa)