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Galerien und AteliersSo künstlerisch ist Düsseldorf

Lesezeit 6 Minuten

Düsseldorf – Lauschige Hinterhöfe, verborgen hinter grauen Fassaden, Multikulti-Flair und preiswerte Cafés - das Urbane, die charmante Unordnung lockten vor einigen Jahren Künstler und Kreative nach Flingern. Das Arbeiterviertel wurde hip. Dort, fernab des Rheins und der Flaniermeilen, haben sich nun auch die Galerien Düsseldorfs in weißen, puristischen Räumen niedergelassen. Kunst sucht Kontraste. Am Worringer Platz, in einem ehemaligen russischen Schönheitssalon zwischen Dönerbuden und Internetcafés, liegt auch der Projektraum „Venus & Apoll" von Julia Stoschek, der jungen, glamourösen Kunstsammlerin.

„Die Trash-Ästhetik Flingerns ist gerade total in", sagt Simone Rudolph, die uns auf einem Rundgang Düsseldorfs Kunst-Orte zeigen wird. Doch Flingern wird erst das Ende dieser Reise durch die Stadt sein, die in Oberbilk beginnt. Dort nämlich hat die 33-jährige Malerin ihr Atelier. Oberbilk ist nicht wirklich hip, aber auch nicht teuer. Wer das Atelier von einem Hinterhof aus betritt, braucht kaum etwas zu berühren, um sich mit Farbe zu beschmieren. Rudolph arbeitet mit Pigmenten, feinen Farbpartikeln, die sich reliefartig über ihre bunten Gemälde ziehen - und nicht nur darüber. 2007 hat sie ihren Abschluss an der Kunsthochschule Düsseldorf gemacht, als Schülerin von Jörg Immendorff, einem der vielen bekannten Professoren der Kunstakademie. 2007 starb er infolge einer Nervenerkrankung. „Er war launisch, aber mit Herz", beschreibt Simone Rudolph ihren Lehrer. „Und als Künstler hat er mir wahnsinnig viel mitgegeben." Zum Beispiel das Erzählerische, das auch ihre Bildern auszeichnet.

Ein Galerist wie ein LKW-Fahrer

Vom Atelier aus geht es zur Galerie Tedden auf der Bilker Straße in der Altstadt, nahe des Carlsplatzes. Peter Tedden ruht wie ein Fels auf einem Stuhl am Fenster des kleinen Raumes, während Künstler Dieter Marschall um ihn herumschwirrt und seine Kunstwerke aufhängt. „Kommt herein und schaut euch um", brummt Tedden freundlich, ohne sich zu rühren. „Ich mag ihn, weil er kein typischer Galerist ist", sagt Simone Rudolph. „Er könnte auch LKW-Fahrer sein." Tatsächlich, man hätte keinen Mann wie ihn in einer Galerie erwartet. Er trägt ein gestreiftes Hemd, über dem mächtigen Bauch spannen Hosenträger, er wirkt gelassen. „Düsseldorf ist ein brodelnder Topf der Kunst", sagt Tedden. In den 20 Jahren, die es seine Galerie bereits gibt, hat er Kunsttrends kommen und gehen sehen. „Von der Akademie kommen immer neue Ideen", sagt er und schwärmt von den vielen bekannten Künstlern, die dort Professoren sind oder waren: Joseph Beuys, Gerhard Richter, Andreas Gursky, um nur einige zu nennen. Die Akademie. Es gibt niemanden aus der Kunstszene, der nicht davon spricht, wie wichtig sie für Düsseldorf und die ganze Kunstwelt ist. Allein das mächtige, schlossartige Bauwerk am Rande der Altstadt, in dem sie residiert, verdeutlicht ihre Bedeutung für die Stadt.

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Wer dort studiert, geht im nahe gelegenen Salon des Amateurs feiern. Tagsüber Café und abends Club, ein Laden von Künstlern für Künstler, der wohl nirgendwo anders so gut funktionieren würde wie hier am Grabbeplatz, unter der Kunsthalle und gegenüber der Kunstsammlung K 20. „Der Club ist wie ein Wohnzimmer", sagt Mitarbeiterin Elika Imnadze, die hinter der kühlgrauen Stein-Theke steht. Ein Wohnzimmer im Bauhaus-Stil. Grau ist die dominierende Farbe im Club. Nackter, grauer Steinboden, Metalltische, die auch im Krankenhaus-OP stehen könnten und dazu schwarze Ledersofas. Das einzige, was als Schmuck durchgehen könnte, sind die roten Lamellen an der Wand hinter der Theke. „Unter der Woche sind wir eine Familie, am Wochenende ein Club", sagt Elika Imnadze. Dann finden hier Elektro-Partys statt, „aber nicht aus der Konserve". Wer hier auflegt, bringt Vinyl mit. „Bei uns bleibt alles im künstlerischen Rahmen."

Galarieparadies Flingern

Vom Salon des Amateurs aus geht es die Rheinuferpromenade entlang. 570 Millionen Mark hat der Bau des 1993 fertiggestellten Rheinufertunnels gekostet. Geld, das woanders besser angelegt wäre, sagten damals Kritiker. Aber wo einst eine vierspurige Straße Düsseldorf vom Rhein trennte, flanieren heute Menschen zwischen Fluss und grünen Wiesen, Cafés und Biergärten. Der Asphalt verbirgt sich darunter: Durch einen unscheinbaren Glaskasten auf der Promenade gelangt man über eine Treppe in den Untergrund und steht am Ende einer langen Betonröhre. Ein Hohlraum zwischen unterirdischen Straßen, als Ausstellungsfläche für junge Künstler genutzt: Kunst im Tunnel, kurz Kit. Skulpturen lassen sich wirkungsvoll in den Fluchten des niedriger und höher werdenden, sich windenden Tunnels platzieren.

Endstation Flingern. Noch hat der neue Glanz das Viertel nicht überstrahlt, sondern fügt sich harmonisch ein ins Stadtbild. Die Galerie Conrads war eine der ersten, die den Stadtteil entdeckt haben. Seit 2010 gibt es den Ausstellungsraum auf der Lindenstraße, die im Vergleich zum Worringer Platz, wo Stoscheks „Venus & Apoll" liegt, schon als mondän bezeichnet werden kann. Die Filiale in Berlin haben die Galeristen Walter Conrads und Helga Weckop-Conrads aufgegeben. „Wir fanden, dass der Verbleib im Rheinland mit der Anbindung an einen riesigen Kunstraum für uns das Beste ist", erklärt Weckop-Conrads. „Düsseldorf ist gut gelegen, überschaubar, es gibt gute Initiativen und die Nähe zu Köln." Die Konkurrenz zwischen Köln und Düsseldorf - in der Kunstwelt gibt es sie nicht. Vielleicht auch, weil die Rollen klar verteilt sind: Was Film und Medien für Köln, ist die Kunst für Düsseldorf. Kölner und Düsseldorfer Galerien präsentieren sich bei den jährlichen „Düsseldorf Cologne Open Galleries" gemeinsam. „Flingern ist Düsseldorfs lebendigstes Viertel, mit den kreativen kleinen Mode- und Musiklabels ein bisschen zu vergleichen mit Berlin-Mitte 2006", sagt die Galeristin.

Die Kunstakademie als Quelle

Zurzeit sind bei ihr Fotografien der aufstrebenden Kunsthochschulabsolventin Anna Vogel zu sehen, die als erste ihren Meisterbrief bei Andreas Gursky gemacht hat. „Die Kunstakademie ist eine stete Quelle", schwärmt auch Weckop-Conrads. Die Flingeraner Birkenstraße hat sich in den vergangenen Jahren von der schmucklosen Einkaufsstraße zur Flaniermeile für Kunstinteressierte verwandelt. Auch den Ausstellungsraum Volker Bradtke findet man hier - wenn man ihn sucht.

Innen wie außen ist er unscheinbar, eines der Kunstwerke ist eine Videoinstallation auf einem Smartphone, das auf der Fensterbank steht. Gegründet von drei jungen Künstlern und gefördert unter anderem von Julia Stoschek, stellt der Raum eine nicht-kommerzielle Bühne für große und kleine Künstler dar. Weder nehmen die Betreiber Eintritt, noch verkaufen sie die ausgestellten Werke. Auf der Birkenstraße hat auch Linn Lühn, einst Sprecherin der Kölner Galerien, ihre Räume. 2012 ist sie mit ihrer Galerie von Köln nach Düsseldorf gezogen. Warum? „Ich bin dieses Themas so müde", sagt sie und verdreht die Augen. „Köln und Düsseldorf befruchten sich gegenseitig. Aber Flingern ist mit seiner hohen Galeriendichte einfach etwas Besonderes. Wir haben viele kleine Privatsammlungen, die aktiv teilhaben am Stadtleben." Das habe Köln einfach verpasst.