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Restaurants des JahresDas sind die spannendsten kulinarischen Adressen in Köln

Lesezeit 9 Minuten
LM

Das Sterne-Restaurant „Le Moissonnier“

Köln – Als gebürtigem Kölner blutet mir alljährlich das Herz, wenn am Jahresende die großen Restaurantführer erscheinen und man liest, was sich alles in deutschen Metropolen kulinarisch tut – auch in Düsseldorf.

Köln hinkt hinterher

2017 war ein enttäuschendes Jahr für alle heimischen Foodies. Im Umland verlor man mit dem Weggang von Herbert Brockel aus Erftstadt einen Sternekoch, der nun auf Burg Nideggen den Kochlöffel schwingt. Der kulinarische Nomade Bernd Stollwerk hat das „Nada“ bereits Anfang des Jahres verlassen (der neuen Crew wird in meiner nächsten Geschmackssache auf die Teller geschaut).

Sehr bedauerlich: Tobias Kochs Abgang aus der wunderschönen Hansestube im Excelsior Hotel Ernst, nachdem er das Restaurant aus der kulinarischen Bedeutungslosigkeit emporgekocht hatte. Und die anderen großen Kölner Hotels machen noch nicht einmal den Versuch, sich ein Spitzen-Restaurant zu leisten. Was für eine vergebene Chance, dass man Nils Henkel, den ehemaligen Zwei-Sterne-Koch des Schlosshotel Lerbach, nicht in der Region halten konnte. Köche dieses Kalibers wachsen nicht auf den Bäumen.

Noch bedauernswerter ist, was alles nicht passierte. Spannende Neueröffnungen? Kaum. Stattdessen die hundertste Burgerbude und Vapiano im Rheinauhafen. Gemeinsame Initiativen der Kölner Spitzenköche? Fehlanzeige. Eine große Markthalle? Wird zu zaghaft angedacht. Eine herausragende Weinbar? Nur in den Träumen der Weingenießer. Die Fertigstellung des Dom-Hotels mit einem Restaurantkonzept von Koch-Star Joachim Wissler? Sag mir quando, sag mir wann.

2018 könnte Schwung in Kölns kulinarische Szene bringen

Aber es gibt Hoffnung für 2018! Das ehemalige Koch-Duo des Sternerestaurants Gut Lärchenhof will im Frühjahr in Köln ein Restaurant eröffnen. Gleiches gilt für Hendrik Olfen, der im „La Vision“ nach Hans Horberths tragischem Unfall die Küche führte, und dort Großartiges kreierte. Auch die bevorstehende Übernahme des „Rocios“ in der Elsaßstraße durch Kosta Tzikas gibt Anlass zur Hoffnung. Und vom kulinarischen Kraftwerk Maximilian Lorenz kann man erwarten, dass er nach „L’Escalier“, „Pigbull BBQ“ und „Altem Lindenhof“ noch lange nicht am Ende seiner Gründungsphase ist – gut so!

Wie ging mir das Herz auf, als Kasalla in „Mer sin eins“ sang: „Mer sin Arsch Huh un Sartory / Stääneküch un Frittebud“ – im Video ist übrigens Daniel Gottschlich vom „Ox & Klee“ zu sehen, Kölns Nummer zwei nach Eric Menchon vom Le Moissonnier. Köln sollte wie die Band stolz auf die Köche sein, die mit ihrer Kulinarik die Stadt beleben.

In Wirtschaftskreisen mag man es Standortvorteil nennen, für alle Besseresser ist es schlicht Lebensqualität.

Fine-Dining-Restaurant des Jahres

Im „Wein am Rhein“ hat Sebastian Mattis einen Stern erkocht.

Wein am Rhein

Da bekommt Köln ein neues Sternerestaurant – und hat doch nur ein paar Monate davon. Küchenchef Sebastian Mattis schaffte, was keiner auf dem Schirm hatte und auch nicht Ziel der ambitionierten Truppe um Patron Werner Bouhs war. Der Gastroführer Michelin verlieh den ersten Stern.

Dabei hat das „Wein am Rhein“ so viel mit einem klassischen Sternerestaurant zu tun wie Edel-Sneaker mit einem Lackschuh. Ähnlich wie das „MaiBeck für dich“ will es ja gerade kein Sternerestaurant sein, viele Gerichte sind bewusst im Bistro-Bereich angesiedelt.

Aber Sebastian Mattis Küche ist so gut und klug, die Zutaten so herausragend, dass die Tester die Qualität nicht übersehen konnten. Wenn er ein Risotto mit Vacherin Mont d’Or und Birne so cremig-lecker kombiniert, dass niemand auf die Idee kommt, nach Fleisch oder Fisch zu fragen; oder wenn er eine Rotbarbe mit würziger Chorizo und Paella kombiniert, dass sich die starken Aromen am Gaumen tummeln und der Fisch sie trotzdem im Zaum hält. Das Kalbsherzbries mit Kartoffel-Nussbutterschaum, Epoisses und Radicchio ist innerhalb kürzester Zeit gar zum Klassiker avanciert.

Das Weinschmecker-Menü (ab vier Gänge, 48 Euro) ist für die gebotene Qualität ein Schnäppchen, das begleitende Weinmenü fast schon Pflicht. Doch am 1. April ist Schluss – und das ist kein Scherz. Die Schließung war schon länger geplant, Star-Sommelière Melanie Panitzke zieht es nach Süddeutschland. Wir hoffen, dass zumindest Sebastian Mattis der Stadt erhalten bleibt. Also schnell noch hin, bevor dieser Stern all zu schnell verglüht.

Johannisstraße 64, 50668 KölnTelefonnummer: 0221/91 24 88 85Öffnungszeiten: Di-Fr 12-14 Uhr, Di-Sa 18-22 Uhrwww.weinamrhein.eu

Neueröffnung des Jahres

Im „Vierten König“ verbinden sich Frankreich und Indien kulinarisch.

Der Vierte König

Selten erlebt man einen Koch, der aus dem Stand einen eigenen Stil beweist. Jaspreet Dhaliwal-Wilmes ist eine dieser raren Ausnahmen. Seine Geschichte eignet sich für einen Film: Als gelernter Elektriker aus der indischen Provinz Panjab kam er nach Deutschland, wo er unter anderem bei Enfant terrible Klaus Jaquemod kochen lernte, bei Franz Hütter („Zur Tant“) und vor allem bei Jean-Marie Dumaine, dem Wildkräuterpapst des „Vieux Sinzig“ im Ahrtal.

Mit dem „Vierten König“ erfüllte er sich Anfang des Jahres seinen Lebenstraum und vereint dort die klassische französische Küche mit der faszinierenden Aromenwelt Indiens. Den Lachs beizt er zum Beispiel mit dem roten Curry nach dem Rezept seiner Mutter, und auch bei dem, was er dazu auf den Teller bringt, reichen sich Frankreich und Indien gefühlvoll die Hände: Kartoffelschaum und Koriander-Rucola-Öl.

Selbst wenn man meint, er würde ganz pur der europäischen Klassik frönen , wie bei Ochsenschwanzravioli und gebratener Stopfleber mit schlotziger Trüffelsauce, finden sich kleine indische Gurken auf dem Teller. Und die Tarte Tatin erhält dank Eis mit indischem Old Monk Rum einen zusätzlichen, karamelligen Dreh.

Besonders zu empfehlen ist auch das vegetarische Menü (ab drei Gänge, 42 Euro), das man auf diesem Niveau selten in Köln findet. Die indische Küche ist prädestiniert für fleisch- und fischlosen Genuss. Bei all dem ist Dhaliwal-Wilmes kein Feinstmotoriker, sondern ein Koch, der durch sein Gefühl für Kombinationen und Würzung beeindruckt – ein Koch mit ganz viel Herz und Leidenschaft.

Gottesweg 165, 50939 KölnTelefonnummer: 0221/48481288Öffnungszeiten: Mi-So 18-23 Uhrderviertekoenig.com

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Szene-Restaurant des Jahres

Im Szene-Chaos der „L’Imprimerie“

L`Imprimerie

Ich gebe zu, das „L’Imprimerie“ ein Szene-Restaurant zu nennen, ist gewagt – aber es muss ja nicht immer die Hipster-Szene sein, von der man spricht. Es ist ein bunt gemischtes Völkchen aus Alt-68ern, Frankophilen und Studenten, das sich in einem Restaurant trifft, das seit zwanzig Jahren den Charme einer nüchternen Kantine mit allerlei Tinnef verbindet. Einige Tische in der ehemaligen Druckerei wackeln, die Stühle sind zusammengewürfelt, es ist zu hell und kann schon mal ziemlich laut werden – auch dank offener Küche.

Immer wieder liest man im Internet von der manchmal unfreundlichen Bedienung um Patron Gilles Berthier. Nicht vergessen darf man dabei, dass es aus dem Wald schallt wie man hineinruft. Und seit wann sind knurrige oder wortkarge Bedienungen in Köln ein Problem? Als Köbes gehören sie doch zur kölschen Kultur.

In der „L’Imprimerie“ gibt es ganz klassische französische Landküche, immer ordentlich gekocht, manchmal etwas grob, nicht immer 100 Prozent exakt, aber stets lecker. Beim Confit de Canard fällt das Fleisch von den Knochen, zum saftigen Kalbsfilet „Vallée d’Auge“ werden reichlich Calvados-Rahm-Sauce und karamellisierte Apfelstücke gereicht.

Dass jemand wie der kulinarische Globetrotter Miguel Calero (siehe Gastro-Konzept des Jahres) hier Stammgast ist, sagt eigentlich alles über die Qualität. Das „L’Imprimerie “ ist Kölns französisches Gegenstück zum „Lommerzheim“. Hier zu essen ist eben nicht wie überall anders. Wer von einem Restaurant eine Homepage, die Möglichkeit zur Reservierung, Kreditkartenzahlung oder eine entzifferbare Menükarte erwartet, sollte aber lieber Zuhause bleiben.

Cäsarstr. 58, 50968 KölnTelefonnummer: 0221/3 48 13 01Öffnungszeiten: Di-Fr 12-14.30 und 18.30-24 Uhr, Sa & Feiertage 18.30-1 Uhr

Menü des Jahres

Dream-Team: Eric Menchon und Vincent Moissonnier

„Plat du jour“ im Le Moissonnier

Man muss sich das mal vorstellen und es sich im wahrsten Sinne des Wortes auf der Zunge zergehen lassen: Kölns bestes und mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnetes Restaurant bietet mittags tatsächlich ganz klassisch eine „Plat du jour“ an – für 25 Euro! Mir fällt kein anderes deutsches Restaurant dieser Spielklasse ein, das Vergleichbares auf seiner Karte hat.

Sie steht auch nur ganz klein auf der Karte, weswegen sie ein echter Geheimtipp ist. Jeden Tag wechselt sie, von Dienstag bis Freitag, wenn es traditionell Fisch gibt. Das „Le Moissonnier“ ist nicht nur wegen seiner Brasserie-Einrichtung und des hochindividuellen Kochstils einzigartig in Deutschland, sondern ebenfalls, weil man es sich leistet, auch Gäste mit kleinerem Geldbeutel willkommen zu heißen.

Hier das Beispiel des Menüs, das aus derselben Küche kommt und von demselben Team um Chefkoch Eric Menchon zubereitet wird, wie die Gerichte der Sterne-Küche: Zunächst gibt es ein Sepia Ragout, dann folgt Boeuf bourguignon mit hausgemachten Spätzle. Dazu wählt man entweder ein 0,15-Glas Chardonnay aus Limoux oder ein 0,15-Glas Coteaux du Languedoc (50 Prozent Syrah und 50 Prozent Grenache). Oder man hält sich an ein Glas Wasser.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich lege jedem ans Herz, sich einmal das große Menü im „Le Moissonnier“ zu gönnen und in der wundervollen Drei-Teller-Dramaturgie von Eric Menchon zu schwelgen. Aber manchmal sind zwei mit großer handwerklicher Souveränität zubereitete, klassische Gänge, genau das, was man braucht. Besser als hier bekommt man sie nicht.Respekt für „Kneipier“ Vincent Moissonnier und Frau Liliane, für diese französische Traditionspflege! Und herzlichen Glückwunsch nachträglich zum 30-jährigen Bestehen, das man hier am 10. April feierte.

Krefelder Straße 25, 50670 KölnTelefonnummer: 0221/729479,Öffnungszeiten: Di-Do 12-15, 18.30-24 Uhr, Fr-Sa 19-24 Uhrwww.lemoissonnier.de

Gastro-Konzept des Jahres

Miguel Calero und Daniel Ohr (r.) veranstalten Youdinner.

Youdinner

Eine alte Waagenhalle in Ehrenfeld, die Sterneköche Sonja Baumann und Erik Scheffler servieren unter dem Motto „Goodbye, Lenin!“ Klassiker aus Ostdeutschland, jeweils traditionell und modern interpretiert – vom Broiler bis zu Borschtsch. Das Ganze ist ein Event von „Youdinner“, einer „Creative Dining Community“, die außergewöhnliche kulinarische Erlebnisse an zum Teil ungewöhnlichen Orten bietet. 180 Euro kostet die Mitgliedschaft im Jahr (für Paare 300 Euro), zusätzlich wird jedes Event fair bepreist.

Youdinner gibt es nicht nur in Köln, aber Köln ist eine von nur sechs Städten in Deutschland, wo es angeboten wird. Über 200 Events finden im Jahr statt. Herz des Ganzen ist Miguel Calero, der ehemalige Maître des „Vendôme“ in Bergisch Gladbach. Er kennt die Großen der deutschen sowie internationalen Küchenszene und gewinnt sie für seine Events.

In Köln fand ein „Barbecue Deluxe“ im Freiluftatelier Odonien von Künstler Odo Rumpf statt, ein andermal kochte Sterne-Koch Maximilian Lorenz Gourmetvarianten von Mensaklassikern. Neben Essen und Räumlichkeiten ist die Atmosphäre das Besondere. Man kommt mit anderen Gästen wie mit Köchen ins Gespräch, man teilt das Erlebnis des Genießens.

Youdinner ist nichts für kulinarische Eigenbrötler, aber für alle, die Essen und Trinken gerne in Gesellschaft erleben. Bei Pop-up-Restaurants, Weinproben, Koch- oder Cocktailkursen, Reisen, im nächsten Jahr wird in Köln auch „Deutsche Brotkultur do it yourself“ angeboten, oder ein „Rock’n’Roll Dinner“ mit den Lieblingsgerichten von den Rolling Stones, Santana und den Fantastischen Vier.

www.youdinner.com

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