Nach verlorenem SternSchloss Loersfeld überrascht mit jungem Koch und neuem Stil
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Ein junger Österreicher kocht seit Anfang des Jahres im Schloss Loersfeld und hat die Küche radikal verändert.
Was am besten schmeckt und wieso die Aberkennung des Sterns eine merkwürdige Entscheidung war, lesen Sie hier.
Der Michelin-Stern von 2018 hängt immer noch am Schloss, dabei ging er im Februar 2019 verloren. Ein schwerer Schlag für jedes Restaurant. Seit Anfang des Jahres steht der junge Österreicher Paul Spiesberger am Herd, seine Vorgängerin Julia Komp erforscht derzeit die Küchen Asiens.
Spiesberger kochte jahrelang im „Grubers“ in Köln österreichisch, mit ihm wechselt der Küchenstil im Schloss radikal. Nicht nur bei seinen Gerichten herrscht Harmonie, seine klassische Küche harmoniert auch mit dem märchenhaften Wasser-Schloss. Im Grünen Salon des ersten Stocks ist ein kleines Graf-Berghe-von-Trips-Museum dazugekommen, der Eintritt ist frei – alles andere ist hier ein teureres Vergnügen. 99 Euro für ein reguläres Vier-Gang-Menü ist eine stolze Ansage, die sehr klassisch Weinkarte zeigt sich ebenfalls selbstbewusst kalkuliert.
Trotz makellosem Service kommen kurze Zweifel auf
Was bekommt man dafür geboten? Das Komplettpaket mit edler Tischdecke, Silberbesteck, Käsewagen, gesalzener Butter, Gruß aus der Küche (Kürbis-Panacotta) sowie Amuse Bouche (Kalbszungensülze und Bouillabaise), und natürlich Ulrich Ternierßens makellosen Service. Er ist einer der wenigen Maîtres im Rheinland, die ihre Position seit vielen Jahren ausfüllen.
Die ersten Gänge lassen mich allerdings an der neuen Ausrichtung zweifeln. Ein Bärlauch-Feta dominiert Focaccia, Tomate und Olive schlimmer als Trump die Twitter-Welt, und auch beim „Loersfelder Frühlingsgarten“ stellt sich keine Balance ein, weil der Ricotta geschmacklich nichts neben sich duldet. So lobenswert es ist, dass beide Käse hausgemacht sind, diese vegetarischen Gänge verlangen Nachbesserungen.
In Loersfeld wird klar auf Sterne-Niveau gekocht
Aber es wird besser, viel besser. Der 36 Stunden Sous-vide gegarte Schweinebauch ist ungemein saftig und wird subtil begleitet von Kartoffelflan, Möhre und grünem Spargel. Die perfekt gebratene Jakobsmuschel – innen roh, mit ein wenig Meersalz darauf, dazu Eigelb und Kaffir-Limette – ist ein echter Hammer-Gang, bei dem alle Aromen präzise ineinandergreifen und der auch im Drei-Sterner für Applaus sorgen würde. Den krossen Wolfsbarsch kombiniert Spiesberger ebenfalls so mannschaftsdienlich mit buttrigem Quinoa und angenehm bitteren Salatherzen, dass er groß auftrumpfen kann. Eine klasse Idee ist, dass kleine Kärtchen über alle Elemente der komplexen Gerichte informieren.
Patissier Christian Lorenz zeigt dann sowohl mit dem Eyecatcher „Kaisermelange“ wie mit dem Klassiker Topfenknödel (den er mit Scheurebe-Zabaione gehörig pimpt) was er kann. Die Aberkennung des Sterns war eine von vielen merkwürdigen Entscheidungen des immer erratischer agierenden Restaurantführers. In Loersfeld wird ganz klar auf Sterne-Niveau gekocht, und wer die klassische Küche in klassischem Ambiente mit klassischen Weinen erleben möchte, kann das in der Region nirgendwo besser.
Henns Auswahl
- Menü vier bis sieben Gänge 99 bis 145 Euro- Lunch-Menü ab 44 Euro- Loersfelder Frühlingsgarten: Frühlingsgemüse und hausgemachter Ricotta - Malz // 21 Euro- Gebratene Jakobsmuschel, Sellerie, Eigelb, Kaffir Limette // 29 Euro- Gebratener Wolfsbarsch, Quinoa, Salatherz, Safransauce // 48 Euro- „Kaisermelange“ - Schokolade, Kaffee, Cognac // 20 Euro
Fazit: Klassik prägt Gourmetküche und Ambiente - zu hohen Preisen.
Schloss Loersfeld, 50171 Kerpen, Tel. 02273/ 57755Öffnungszeiten: Di-Sa 12 – 14 Uhr und 19 – 21 Uhr