Kein seltener Anblick: Ein Selfie auf der Kölner Domplatte ist mit fragwürdigen Verrenkungen verbunden.
Hilft ein Selfie-Stick? Wo und wie muss ich stehen, damit der Dom ganz im Bild ist und der Turm nicht schief?
Ein Selbstversuch beweist: Man kann sich dafür nicht weit genug vom Dom entfernen.
Köln – Auf der Kölner Domplatte, egal zu welcher Uhr-, Jahres-, Unzeit; egal, an welchem Standort, aber meist vor dem Hauptportal: Es vergeht keine Minute, um Zeugin einer äußerst amüsanten Szenerie zu werden:Ein Mensch, meist Tourist, versucht, unter Einsatz akrobatischer Künste und orthopädischer Fragwürdigkeiten ein Foto von sich und dem Dom in seiner ganzen Pracht einzufangen, neudeutsch: Selfie genannt. Kniend, sitzend, auf dem Rücken liegend, bedrohlich weit zurückgelehnt, vornüber durch die Beine, oder schlicht stehend – egal: Das Ergebnis ist meist aller Verrenkungen nicht Wert.
Mit „Vollpfostenantenne“ auf der Kölner Domplatte
In Begleitung eines Selfie-Sticks, neudeutsch: Vollpfostenantenne (ein Begriff, der es übrigens beinahe zum Jugendwort des Jahres 2016 gebracht hat) und unseres Fotografen Max Grönert, habe auch ich mich auf die Platte gewagt – auf der Jagd nach dem perfekten Dom-Selfie und einem Handyfoto vom Dom in seiner Gänze. Selbstverständlich nicht, ohne mich vorab zu informieren, wie man das Selfie aller Selfies macht, eines also, das wie der Dom aus der Masse (der Selfies) sticht:
Zoom und Blitz sind tabu, Hand und Arm sind zwingend still zu halten, notfalls den Stick als Stativ nutzen, das Handy auf Augenhöhe halten um Kartoffelnase und Doppelkinn zu vermeiden, HDR aktivieren – und Hilfsgitter, damit ich bei der Bildkomposition den goldenen Schnitt einhalten kann, darauf achten, dass der Horizont gerade ist ...
Ich hatte sie alle im Kopf, die Tipps und Tricks der selbst ernannten Selfie-Experten, als ich auf der Domplatte geturnt und auf der Burgmauer gelegen habe, auf der Treppe am Bahnhofsvorplatz saß und vor dem Café Reichard kniete – doch immer war das Ergebnis das gleiche. Traurige. Entweder waren die Türme nicht zu sehen oder schief, war der Dom im Bild, aber nur eine Gesichtshälfte von mir.
Besser von der Hohenzollernbrücke
Je weiter ich mich allerdings vom Dom entfernte, desto zufriedenstellender waren die Resultate: Von der Hohenzollernbrücke aus zum Beispiel oder von der Burgmauer.
Nicht umsonst weist dort ein Schild an einer Hauswand darauf hin, dass man den Dom exakt von hier perfekt ablichten kann. Leider nur vorwärts, rückwärts (Voraussetzung für ein Selfie) gelingt das einer Asiatin zeitgleich genauso wenig wie mir. Bis ihr Begleiter beherzt ihr Handy übernimmt – und ein Selfie von ihr knipst.
Das „Selfie“ macht lieber wer drittes
Was mich der Selfie-Selbstversuch gelehrt hat?
Das seltene Gefühl, sich dafür nicht weit genug vom Dom entfernen zu können. Und die Einsicht, dass meine „Selfies“ besser jemand anderes macht.