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Sessionsstart im Kwartier Latäng„Wir werden als Mülltonne Kölns missbraucht“

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Polizei Weiberfastnacht Zülpiche

Die Polizei ist an Weiberfastnacht auf der Zülpicher Straße im Einsatz.

Köln – Bloßes Herumdoktern, kleine Stellschrauben, Symptombekämpfung – wer am Freitag mit Gastronomen, Anwohnern und Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Die Grünen) über das Sicherheitskonzept der Stadtverwaltung für den 11.11. im Kwartier Latäng spricht, der hört diese Begriffe immer wieder. Die Stadt hatte verkündet, erstmals nur einen Zugang ins Zülpicher Viertel zu öffnen, um die Besucherströme besser lenken zu können. Außerdem sollen nach den Exzessen der vergangenen fünf Jahre diesmal einige Seitenstraßen gesperrt werden, zu denen dann nur Anwohnerinnen und Anwohner und Gewerbetreibende Zutritt haben sollen. Vielen, die im Viertel leben, geht das aber nicht weit genug.

„Um mit etwas Positivem zu beginnen“, sagt zum Beispiel Klaus Adrian, Beisitzer in der Bürgergemeinschaft Rathenauplatz: „Punktuell könnte das Konzept für die Anwohner tatsächlich ein wenig Entlastung bringen.“ Er verstehe sogar, wenn Stadtdirektorin Andrea Blome behaupte, man könne die Feiernden ja nicht davon abhalten, ins Zülpicher Viertel zu kommen – aber diese Feststellung sei eben auch nur halb richtig. „Von heute auf morgen geht das vielleicht nicht“, sagt Adrian, „aber langfristig brauchen wir eine Kursänderung. Und wenn man die wirklich will, dann geht das auch“.

Köln: „Agressives Massenbesäufnis ist kein Karneval“

Derselben Überzeugung ist Bezirksbürgermeister Hupke. „Wir reden hier von einem Konzept, das fast eine Million Euro kostet und ein aggressives Massenbesäufnis mit Polizei und Security schützen soll“, poltert Hupke. „Wer hier überhaupt noch von Karneval spricht, liegt völlig daneben. Das ist doch Irrsinn.“

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Junge Menschen, die sich sinnlos betrinken, gewalttätig werden, Haustüren eintreten und Bürgerinnen und Bürger attackieren – das sei „Ballermann pur“, sagt Hupke. Ein Sicherheitskonzept sei gewissermaßen die Hardware, die den Menschen suggerieren solle, es werde schon alles gut gehen. „Was wir aber dringend brauchen, ist die Software, eine Imagekampagne in sozialen Medien und auf anderen Kanälen, in der die Oberbürgermeisterin, die Stadtdirektorin, der Polizeipräsident und andere aus der Stadtgesellschaft deutlich klarstellen: Wir wollen so etwas einfach nicht mehr haben.“

Wirt: „Bauzaun drum, Deckel drauf, passt."

Markus Vogt, Vorsitzender des Vereins „Gastro Kwartier Latäng“, spricht wohl vielen seiner Kollegen und Kolleginnen aus der Seele, wenn er sagt: „Man missbraucht uns hier im Viertel als Mülltonne Kölns: Alle rein, die Probleme machen, Bauzaun drum, Deckel drauf, passt.“ Er meine das nicht despektierlich gegenüber den jungen Menschen, die an den Karnevalstagen zu Tausenden auf die Zülpicher strömten. „Die haben ein schmales Budget, wir waren alle mal jung. Aber man muss sie dorthin leiten, wo sie mit ihrem Verhalten weniger Schaden anrichten, nicht mitten in ein gewachsenes Viertel.“

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Noch bis 2017, sagt Vogt, habe sich der Straßenkarneval auf die Altstadt, die Südstadt, das Belgische Viertel und das Kwartier Latäng verteilt. Das Publikum sei gemischt gewesen. Dann habe ein kompletter Publikumswandel stattgefunden – auch, weil die Stadt den Feiernden an den Uni-Wiesen eine „Entlastungsfläche“ mit Musik angeboten hatte. Vogt spricht lieber von einer „Belastungsfläche“, denn mit der Aussicht auf Party „umsonst und draußen“ seien erst recht junge Leute angelockt worden, die sich dort zum Feiern und Trinken treffen.

„Damit hat die Stadt andererseits auch bewiesen, dass eine Steuerung sehr wohl funktioniert“, sagt Vogt. Und mit genau dieser Strategie müsse es nun gelingen, den Straßenkarneval wieder zu dezentralisieren und einen Imagewandel der Zülpicher Straße einzuleiten.

Das Sicherheitskonzept der Stadt für den 11.11., davon ist Markus Vogt überzeugt, werde an den mittlerweile gewohnten Zuständen im Zülpicher Viertel jedenfalls kaum etwas ändern.