Mehr als eine Woche vor dem 11.11. stehen am Brüsseler und am Zülpicher Platz bereits Absperrgitter. Bei einigen Anwohnern sorgt das für Unmut.
Stadt verbarrikadiertWie sich Köln auf den Karnevalsauftakt am 11.11. vorbereitet

Mit diesen Absperrungen soll der Brüsseler Platz vor den Hinterlassenschaften der feiernden Menge geschützt werden.
Copyright: Martina Goyert
Wer am Montag eine der Parkbänke am Brüsseler Platz aufsuchte, um bei schönstem Novemberwetter das Ambiente der neuromanischen Kirche mit viel Grün drumherum zu genießen, hatte Pech. Um St. Michael und die Bauminseln sind bereits Barrikaden aus Absperrgittern aufgebaut. Diese sind mit weißen Planen bespannt und nicht besonders schön anzusehen, sollen aber am 11.11. alte Gemäuer und grüne Flächen am Brüsseler genauso wie am Zülpicher Platz vor den Hinterlassenschaften Karneval feiernder Menschenmassen schützen.
Am Brüsseler Platz stehen die Gitter seit Samstag – sehr zum Ärger einiger Anwohner. Robert Franken, ein engagierter Vater aus dem Veedel, findet es schade, dass der Karneval wichtiger genommen wird als die in dieser Woche noch anstehenden St.-Martins-Umzüge der umliegenden Schulen. „Das Partyvolk kommt für die Stadt vor den Kindern“, moniert Franken. Er verstehe, dass die Zäune errichtet werden müssen: „Aber nicht, warum das so lange vor dem 11. 11. passiert.“ Die beleuchtete Kirche, die Straßenlaternen, der Marsch durchs Viertel – „da werden Kindheits-Erinnerungen geschaffen“, sagt Franken: „Und das sind jetzt Erinnerungen, die mit Barrikaden zugestellt sind.“

Die Zäune auf der Uniwiese stehen bereits.
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Eine Sprecherin der Stadt schreibt auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, bereits vor anderthalb Wochen sei das erste Material angeliefert worden, der Aufbau habe einige Tage später begonnen. „Der lange Vorlauf ist erforderlich, da der gesamte Aufbau aufgrund des großen Umfanges logistisch anders nicht zu bewerkstelligen wäre“, führt sie aus. „Die großen baulichen Veränderungen werden zum 9. November abgeschlossen sein. Gegebenfalls erfolgen Restarbeiten und das Einziehen von Sperren am 10. und 11. November in den frühen Morgenstunden.“
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Für Kioskleiter am Brüsseler Platz sind die Absperrungen unpassend
Pablo Dege, Betriebsleiter im „Le Kiosk“ direkt am Brüsseler Platz, erträgt den zugestellten Ausblick von seiner kleinen Sitzecke im Laden gelassen. „Ich habe ja den grünen Wald das ganze Jahr vor der Tür“, sagt er. Die weißen Wände stören ihn aus einem anderen Grund: „Karneval ist eine Kulturveranstaltung und für das Land der Dichter und Denker sind diese Absperrungen nicht passend“, sagt er: „Die Leute hier im Viertel sind auf Dialog aus, man sollte ihnen keine Zäune in den Weg stellen.“

An der Zülpicher Straße stehen nahe der Uni Absperrgitter bereit.
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Dege selbst war am Montag auch schon mit Vorbereitungen auf den 11.11. beschäftigt. Sein Getränkelieferant schleppte mehr Kisten als üblich ins Lager. „Seit letzter Woche stocken wir die normalen Bestellungen etwas auf und schaffen uns so ein Polster“, erklärt er. Auf kleinen, gelben Zetteln feilte er am Karnevals-Dienstplan. Normalerweise seien über den Tag verteilt drei bis sechs Verkäuferinnen und Verkäufer im zehn Quadratmeter kleinen Laden im Einsatz. „Aber am kommenden Montag sind wir 14“, sagt Dege.
Die Gitter sollen die Umgebung nicht nur vor Urin schützen
Im vergangenen Jahr hat Dege den Karnevalsauftakt am Brüsseler Platz zum ersten Mal als Betriebsleiter des Kiosks erlebt und er hofft, eine Erfahrung nicht noch einmal zu machen: „Die öffentlichen Toiletten waren auch von den Absperrgittern verstellt und die Leute kamen ständig auf der Suche nach einer Ausweichmöglichkeit zu uns.“ Viele wüssten von den Toiletten und kämen gezielt zum Brüsseler Platz. „Dann stehen sie vor geschlossenen Türen, aber der Druck ist ja schon da“, sagt Dege. Das Resultat: Verzweiflung bei den Toilettensuchenden, unschön riechender Urin auf den Gehwegen und beim Kioskchef die Überzeugung: „Diese Wände tragen nicht dazu bei, Karneval schöner, sauberer oder sicherer zu machen.“

An der Zülpicher Straße sind die Absperrgitter schon errichtet worden.
Copyright: Michael Bause
Riccardo Kinzel sieht das ganz anders. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender von ZGS Infrastructure, einer der Firmen, die vom Generalunternehmer der Stadt Köln für die verschiedenen Arbeiten rund um den 11.11. beauftragt wurden. Die Absperrgitter seien mit Geotextil bespannt, erklärte Kinzel, einem leicht saugfähigen Material. Und sie seien nicht nur dafür da, alte Mauern und grüne Inseln vor Urin zu schützen, sondern auch vor Glasbruch, Dreck und Müll aller Art, der ohne den Schutz nach der Feierei viel schwerer zu entfernen wäre.
Auf der Uniwiese müssen 30.000 Quadratmeter vor Dreck geschützt werden
Am Montag ärgerte sich Kinzel über Bäume, die im letzten Jahr noch nicht auf der Uniwiese standen und von denen ihm die Stadt Köln nichts gesagt hatte. Eine Kolonne Straßenbauarbeiter war gerade damit beschäftigt, den Bordstein mit einem Keil aus Asphalt zu versehen, damit voll beladene Lkw problemlos auf die Wiese rollen können. Einer stand schon bereit, voll beladen mit Aluminiumplatten. Durch die Bäume haben sich aber die Maße der Fläche verändert, die mit den Schutzplatten versehen werden soll. Kinzel musste umplanen. Jetzt wird die Schwerlast-Plattform für die Lkw etwas schmaler und dafür länger. Von der Plattform und einer Schwerlast-Spur bis zur Luxemburger Straße aus werden fußgängertaugliche Kunststoffplatten verlegt. Es geht um 30.000 Quadratmeter Rasenfläche, die vor Partydreck geschützt werden soll.
Bis alles fertig ist, sollen Absperrgitter und rot-weißes Flatterband Fußgänger und Radfahrer davon abhalten, die Arbeiten zu stören. „Es gibt immer ein paar Leute, die nicht verstehen, dass wir das für ihre Sicherheit machen“, sagt Kinzel. Weil in der Wiese versunkene Glasscherben im Sommer beim Ballspielen oder Sonnenbaden auf der Wiese für Verletzungen sorgen könnten. Und für den frühen Aufbau hat Kinzel auch eine Erklärung: Die beteiligten Firmen hätten die Stadt darum gebeten, ein paar Tage früher als üblich mit den Aufbauten anfangen zu dürfen: „Damit wir keine Doppelschichten machen und nicht im Stockdunkeln arbeiten müssen.“