Weniger Steuern, höhere Ausgaben: Die Stadtspitze braucht länger für ihren Haushaltsentwurf. Das könnte sich konkret auf Bürger auswirken.
„Betrübliche Nachricht“Finanzberatungen der Stadt Köln dauern länger – Das könnte auf Bürger zukommen
Die Stadt Köln muss deutlich stärker sparen als gedacht und kann deshalb den Entwurf für den Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre nicht wie geplant am 21. August dem Stadtrat vorlegen. Das teilte die Stadt Köln am Donnerstag mit.
Im Haushalt notiert die Kämmerei, was die Stadt Köln in den nächsten beiden Jahren einnimmt und ausgibt. Doch durch die Verzögerung könnte die Zeit knapp werden, dass der Haushalt zum 1. Januar 2025 gilt, er wäre demnach vorläufig – und das hätte Folgen für die Bürgerinnen und Bürger.
René Geißler, Professor für öffentliche Wirtschaft und Verwaltung an der Technischen Hochschule Wildau, sagte: „Die Stadt darf in dieser Phase, die durchaus Monate dauern kann, nur unverzichtbare, vertraglich oder gesetzlich begründete Zahlungen leisten.“
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Beispielsweise hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) im August 2018 in ihrer Rede zum Haushalt 2019 gesagt, dass er ab dem 1. Januar gelte: „Wir schaffen damit Planungssicherheit für freie Träger und alle Bereiche, die auf Zuschüsse der Stadt Köln angewiesen sind.“ Sollte das dieses Mal nicht gelingen, ist die Planungssicherheit für freie Träger oder Vereine nicht oder weniger gegeben.
FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite sprach von einer „betrüblichen Nachricht“. Breite sagte: „Ich rechne nicht damit, dass der neue Haushalt rechtzeitig zum 1. Januar 2025 gilt.“ Laut Stadt plant sie, den Entwurf noch im Jahr 2024 dem Rat vorzulegen, aber viel entscheidender ist, wann das Gremium ihn beschließt und die Bezirksregierung ihn genehmigt, damit er in Kraft tritt.
Sondersitzung des Rates ist möglich
Zum Vergleich: 2022 hatte die Stadt den Entwurf für den Doppelhaushalt 2023/2024 dem Stadtrat am 17. August 2022 vorgelegt. Das Gremium verabschiedete ihn am 10. November und die Bezirksregierung genehmigte das Zahlenwerk am 19. Dezember, also 125 Tage beziehungsweise gut vier Monate später.
Die nächste reguläre Sitzung des Rates in diesem Jahr wäre aber erst am 1. Oktober: In diesem Fall hätte nach 125 Tagen schon der Februar 2025 begonnen. Möglicherweise findet aber eine Sondersitzung vor dem 1. Oktober statt.
Reker war es nach ihrem Amtsantritt 2015 besonders wichtig, dass der Haushalt zum Jahresanfang gilt, das war 2018 nach vielen Jahren erstmals wieder der Fall. Damals hatte die Stadt geplant, deutlich weniger Rücklagen zu verbrauchen als vorher. Laut Reker lag das unter anderem daran, „weil wir im Vergleich zu den Vorjahren der Realität entsprechende Anmeldungen aus der Verwaltung haben, die insbesondere stärker als früher an die tatsächlichen Ausgaben angepasst sind“.
Dem Vernehmen nach soll das dieses Jahr anders sein, es soll unterschiedliche Meinungen zwischen Reker, Kämmerin Dörte Diemert und den Dezernentinnen und Dezernenten geben, wie stark sie sparen müssen. Sie brauchen für die Beratungen mehr Zeit.
Breite kritisierte das: „Der Verwaltungsvorstand ist dafür da, frühzeitig zu einem Ergebnis zu kommen und Prioritäten zu setzen.“ Laut Finanzexperte Geißler wäre eine vorläufige Haushaltsführung aber nicht ungewöhnlich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, weil es Nachverhandlungen brauche.
Viele Herausforderungen für die Stadt
Die Stadt begründet die Verzögerung mit den Nachwirkungen der Corona-Pandemie, den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, aber auch mit den Kostenentwicklungen im Bereich Soziales und Jugend, Kliniken sowie Schulen. Zudem nennt sie die gestiegenen Zinsen und Tarifabschlüsse.
Laut der Steuerschätzungen des Bundes nimmt Köln weniger Steuern als geplant ein und kann die Kostensteigerungen nicht auffangen. Reker war 2020 im OB-Wahlkampf angetreten und hatte für ihre Amtszeit kommunale Steuererhöhungen ausgeschlossen. Will Reker dieses Versprechen halten, muss die Stadt demnach stärker sparen und Prioritäten setzen. Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin sagte: „Um diese seriös abzuwägen und einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen, ist es nötig, sich jetzt mehr Zeit zu nehmen.“ Volt kündigte Entscheidungen an, die weh tun.
Die Stadt begründete die länger andauernden Beratungen auch mit dem Blick auf die kommenden Jahre, um kein Vermögen „in Milliardenhöhe“ zu verzehren. Schon 2022 hatte Diemert gesagt, die Stadt segele „hart am Wind“.