Köln – Am Tag nach der Bundestagswahl blicken die Verantwortlichen der Kölner SPD äußerst zufrieden auf das aus ihrer Sicht gute Ergebnis. Zwar müssen sich die Sozialdemokraten bei den Zweitstimmen mit Platz zwei hinter den Grünen begnügen, dafür ist aber der Vorsprung vor der CDU deutlich.
Hinzu kommt, dass die SPD drei der vier Direktmandate gewinnen konnte. Während das bei den beiden prominenten und bundesweit bekannten Kandidaten Karl Lauterbach und Rolf Mützenich wenig überrascht, kam der Sieg für die 35-jährige Sanae Abdi im Wahlkreis 93 Köln I unerwartet.
Sie setzte sich dort gegen die Grünen-Kandidatin Lisa-Marie Friede und gegen CDU-Mann Karsten Möring durch, der das Direktmandat 2017 knapp gewonnen hatte. Die Tochter eines Dachdeckers aus dem Sauerland und einer Schneiderin aus Marokko ist bereits seit zwölf Jahren Mitglied der SPD und lebt seit 13 Jahren in Köln. Abdi wird nun in Berlin die Interessen der Menschen in der Altstadt-Nord, in Deutz, in der Neustadt-Nord sowie in den Stadtbezirken Porz und Kalk vertreten.
Sanae Abdi setzt sich für gerechtere Gesellschaft ein
Bislang arbeitet Abdi im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und setzt sich für nachhaltige Lieferketten und faire Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie ein. „Dieses Engagement für eine gerechtere Gesellschaft möchte ich im Bundestag fortsetzen“, sagt die junge Politikerin, die in Köln bislang nur wenig in Erscheinung getreten ist.
Es sei „ein bisschen surreal“, dass sie in den kommenden vier Jahren als Abgeordnete im Bundestag arbeiten wird, sagt Abdi. Sie sei überzeugt, dass die harte Arbeit im Wahlkreis den Erfolg möglich machte. „Wir haben hier in Köln auf einer persönlichen Ebene viel erreicht“, sagt die 35-Jährige. Mit einem Sieg habe sie nicht gerechnet, aber sie habe darauf gehofft.
Langer Wahlabend für Rolf Mützenich
Während SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach seinen Wahlkreis in Leverkusen und Mülheim souverän gewann, musste SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich am Sonntagabend lange warten, um sein Direktmandat in Ehrenfeld, Nippes und Chorweiler verteidigen zu können. Am Ende trennten ihn und Grünen-Kandidatin Katharina Dröge nach der Auszählung lediglich 1,65 Prozent. Da die Grünen in diesen Stadtbezirken zunehmend stärker werden, galt der Wahlkreis als hart umkämpft. „Das ist mir besonders wichtig, dass ich das Direktmandat geholt habe, und ich bin stolz auf mein Team“, sagt Mützenich. Die SPD stehe wieder auf dem Platz – auch in Köln.
Welchen Einfluss das gute Zweitstimmen-Ergebnis bei der Bundestagswahl von 24,6 Prozent auf die Kommunalpolitik hat, ist schwer zu sagen. Die Kölner SPD profitierte sicher vom Bundestrend, hat es in den vergangenen Monaten allerdings auch geschafft, Geschlossenheit zu demonstrieren. Das sah noch nach der Kommunalwahl im Herbst 2020 völlig anders aus, als sich die Sozialdemokraten zerstritten und gespalten präsentierten.
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Die Konflikte haben sich allerdings nicht in Luft ausgelöst und schwelen unter der Oberfläche weiter. Will die SPD auch im Stadtrat wieder eine tragende Rolle spielen, muss die Partei wieder klar machen, wofür sie steht und wohin sie Köln bringen will. Anderenfalls könnte es sich lediglich um ein kurzfristiges Zwischenhoch handeln. Wie gut der Burgfriede hält, wird sich bereits in den kommenden Wochen zeigen, wenn es darum geht, die Kandidatinnen und Kandidaten für die Landtagswahl im nächsten Jahr aufzustellen.