Düsseldorf – Hendrik Wüst tritt ohne Krawatte vor die Kameras. Er versucht locker zu wirken, aber man merkt dem groß gewachsenen Politiker aus dem Münsterland an, dass eine große Last auf ihm liegt. Zahlreiche Kamerateams sind zum Pressestatement der CDU gekommen, um frische Bilder von Wüst einzufangen. Der 46-Jährige war am Wochenende beim Landesparteitag in Bielefeld mit 98,3 Prozent der Stimmen zum neuen Landeschef gewählt worden.
Am Mittwoch soll der NRW-Verkehrsminister zum Nachfolger von Armin Laschet als Ministerpräsident von NRW gewählt werden. Jetzt gilt es, bloß keinen Fehler zu machen, der das von langer Hand eingefädelte Projekt kurz vor dem Ziel noch in Gefahr bringen könnte.
Wie stehen Wüsts Chancen?
In Kamp-Lintfort am Niederrhein hatte am Wochenende eine Klausurtagung der CDU-Landtagsfraktion stattgefunden. Wüst und CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen hatten die Presse eingeladen, um die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Beratungen zu informieren. Die Journalisten interessierte allerdings ein anderes Thema mehr: Wie stehen die Chancen, das Wüst am Mittwoch im ersten Wahlgang zum neuen Regierungschef gewählt wird? CDU und FDP verfügen zusammen nur über die hauchdünne Mehrheit von einer Stimme. Ein Abweichler würde also reichen, um den Amtsantritt von Wüst zum Fehlstart geraten zu lassen.
Löttgen sieht Reihen fest geschlossen
Wüst und Löttgen geben sich auf Nachfrage zuversichtlich. Man habe viereinhalb Jahre eng mit der FDP zusammengearbeitet, erklärt der neue CDU-Landesvorsitzende. Er sei daher optimistisch, daran als neuer Regierungschef anknüpfen zu können. Auch Löttgen glaubt daran, dass die Reihen fest geschlossen sind. Die CDU-Fraktion sei ein „vitaler Bestandteil“ der Landespartei. Zu Beginn der Tagung habe die Fraktion beschlossen, Wüst als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten zu nominieren – und zwar einstimmig. Die Sicherheit, dass die Koalition von CDU und FDP die erforderliche Mehrheit von 100 Stimmen zusammenbringe, liege „bei mehr als 100 Prozent“.
Sondersitzung am Mittwoch
Showdown ist am Mittwoch um 13 Uhr im Düsseldorfer Landtag. Tagesordnungspunkt eins ist die Abschiedsrede von Armin Laschet. Der CDU-Politiker aus Aachen hatte vor der Bundestagswahl zugesichert, dass er auch im Fall einer Wahlniederlage nach Berlin wechseln würde. Daran war nicht mehr zu rütteln. Am Dienstag tritt er nun sein Mandat als Bundestagsabgeordneter an. Laut Landesverfassung kann ein Mitglied der Landesregierung nicht gleichzeitig Mitglied des Bundestages sein.
Laschet reichte seinen Rücktritt ein
Daher hatte Laschet schon am Montagmorgen die Weichen für den Machtwechsel in NRW gestellt. Laschet fuhr von der Staatskanzlei zum Landtag und erklärte beim Landtagspräsidenten André Kuper seinen Rücktritt. Damit endete auch die Amtszeit aller übrigen Mitglieder der Landesregierung. Laschet händigte ihnen persönlich ihre Amtsbeendigungsurkunden aus. Gemäß der Landesverfassung bleiben die Ministerinnen und Minister bis zur Amtsübernahme des Nachfolgers geschäftsführend im Amt. Beim Abschied in der Staatskanzlei zog Laschet eine positive Bilanz seiner Regierungsjahre. „Für mich ist es eine große Ehre gewesen, in den vergangenen vier Jahren als Ministerpräsident die Zukunft unseres Landes zu gestalten und Nordrhein-Westfalen voranzubringen“, sagte der gescheiterte Kanzlerkandidat der Union.
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Sollte Wüst zum Ministerpräsidenten gewählt werden, werden die bisherigen Ministerinnen und Minister ihre Amtsgeschäfte weiterführen. Nur die Antwort auf die Frage, wer künftig das Verkehrsministerium führen soll, ist noch geheim. Wüst lehnte eine Aussage am Montag als verfrüht ab: „Ein Ministerpräsident ernennt Minister. Jetzt warten wir erst mal ab.“