Köln/Düsseldorf/Bochum – Schnee! Da zögert Karin S. aus Porz-Wahn nicht lange. Es kommt im Rheintal schließlich nicht so häufig vor, dass zwischen In-die-Dusche-gehen und Wieder-herauskommen eine watteweiche weiße Decke auf Vorgärten, Häuserdächer und Straßen gefallen ist, die eine völlig veränderte Lichtstimmung schafft und die Alltagsgeräusche dämmt. Die junge Mutter packt Töchterchen Annika in einen himmelblauen Schneeanzug mit passenden Handschuhen und geht mit der Kleinen noch vor dem Frühstück vor die Tür und die Straße entlang. Annika ist fast zwei Jahre alt und hat an den Schnee vom vergangenen Jahr gar keine Erinnerung. Jetzt steht sie still und schaut und staunt und zieht das Näschen kraus und lacht. Ja, Schnee ist schön! Und wenn die Mutter nach dem Frühstück erst den Schlitten aus der Garage holt, wird das ein perfekter Tag.
Winterliche Vorsorge: In einer Nippesser Massage-Praxis rief die Mitarbeiterin ältere Patienten an und sagte Termine ab. Nicht weil das Personal im Schnee stecken geblieben war, sondern aus Fürsorge. Wer nicht mehr so gut zu Fuß oder auf den Rollator angewiesen sei, für den wäre der Weg durch den Schnee nicht nur beschwerlich, sondern vor allem auch gefährlich.
Henning Krautmacher hätte am Freitag eigentlich den Verdienstorden von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in Empfang nehmen sollen. Doch der „Höhner“-Frontmann kam wegen dem Schneechaos einfach nicht aus Pulheim raus und musste die Veranstaltung absagen.
AWB in diesem Jahr gut gerüstet
Am Freitag um 7 Uhr morgens standen bereits 60 Fahrzeuge des Schneeraumdienstes in den Startlöchern. Sie warteten auf den angekündigten Schneefall - und auf ihren Einsatz. Gegen 8.30 Uhr war es dann so weit. Heftiger Schneefall deckte am Freitagmorgen ganz Köln mit einer weißen Pracht zu. Die Abfallwirtschaftsbetriebe räumten bis zum Mittag die Hauptverkehrsadern frei. Dazu gehören die innerstädtischen Querverbindungen sowie Ein- und Ausfallstraßen - insgesamt werde der Winterdienst auf einer Strecke von mehr als 1.800 Kilometer durchgeführt, so die AWB.
Die Abfallwirtschaftsbetriebe sind nach eigenen Angaben in diesem Jahr gut gerüstet für den weißen Niederschlag: Rund 700 Mitarbeiter, davon 600 AWB-eigene Mitarbeiter können bei ihrem Einsatz auf rund 200 Fahrzeuge, davon 60 Spezialfahrzeuge zurückgreifen. An die 7000 Tonnen Streusalz haben die AWB eingelagert. Hinzu kommen rund 2100 Tonnen Splitt und rund 160.000 Liter Flüssigsalz. „Im vergangenen Jahr", so Hintze, „haben wir weniger als 800 Tonnen verbraucht." Mit dem aktuellen Vorrat dürfte die Stadt gut über die Runden kommen.
Flieger aus Paris und Amsterdam kamen nicht an
Am Flughafen Köln/Bonn mussten Passagiere zeitweilig mit Verspätungen rechnen. Ab 9.45 Uhr war die große Startbahn wegen Räumungsarbeiten eine Stunde lang gesperrt. Deshalb sei es zu insgesamt zwölf verspäteten Flügen gekommen, so Flughafen-Sprecher Alexander Weise. Bereits am Morgen seien die Flüge nach Paris und Amsterdam ausgefallen, da die beiden Flugzeuge wegen Schnee gar nicht erst in Köln ankamen. Sie blieben an ihren Startflughäfen. Mittlerweile herrscht am Flughafen Köln/Bonn Gelassenheit. Die Mitarbeiter des Räumdienstes sind im Dauereinsatz, alle Startbahnen und Rollfelder geräumt. Zwar kam es auch gegen Nachmittag noch einmal zu längeren Schneephasen, doch das Bodenpersonal hatte die Lage unter Kontrolle. Mit vereinzelten Verspätungen von unter einer Stunde hielt sich die Situation noch „im Rahmen“. Zu Ausfällen kam es im Laufe des Tages nicht mehr.
113 Bagatellunfälle
Für die beiden Insassen des blauen Transit war die Fahrt nach Kalk kurz hinter dem Kreuz Köln-Ost zu Ende: Auf der schneeglatten Straße flog ihr Transporter in der Kurve ab und landete im Graben. Zum Glück blieben sie unverletzt, mussten aber lange in ihrem kalten Gefährt auf die Polizei und den Abschleppdienst warten.
Die Beamten waren im Dauereinsatz, die Polizei registrierte nach dem ersten Schnee dieses Winters „deutlich mehr Unfälle“ im Stadtgebiet und auf den Autobahnen. „Insgesamt gab es aber nur vier Leichtverletzte“, sagte ein Behördensprecher. Auf den Autobahnen kam es zwischen 6 und 13 Uhr zu 15 Unfällen, im Stadtgebiet gab es 113 leichte Unfälle. Bis zum Abend kamen 20 weitere Unfälle dazu.
In der Straße Am Schnellert kippte gegen Mittag in Poll ein Räumfahrzeug der Abfallwirtschafts-Betriebe (AWB) um. Die Ursache ist unklar, der Fahrer wurde leicht verletzt. 100 AWB-Mitarbeiter waren mit 60 Fahrzeugen im Einsatz, um 1800 Kilometer Hauptverkehrsstraßen und Busstrecken zu räumen. Trotzdem mussten die Autofahrer besonders in den Morgenstunden auf den Hauptverkehrsachsen und den Rheinbrücken viel Geduld mitbringen.
Mehr als 200 AWB-Mitarbeiter räumten und streuten zudem den ganzen Tag über Fußgängerüberwege und Verkehrsinseln von Hand. Die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) meldeten Verspätungen bei vielen Buslinien – der Fahrplan der Stadtbahnen war vom Wetter nicht beeinträchtigt. Das gilt auch für die Deutsche Bahn.
Mit geschärften Sinnen
In ganz Nordrhein-Westfalen hat es am Freitagmorgen zu schneien begonnen. Schwerpunkt war die Rheinschiene. Von Kleve am Niederrhein bis nach Köln fielen dicke Flocken, teilte Andreas Wagner vom Wetterdienst meteomedia mit. Von Osten her wurde die frostige Front aber von einem Hoch begrenzt und konnte sich zunächst nicht weiter als bis zum Ruhrgebiet ausdehnen.
Die Winterdienste hatten der Wettersituation schon während der Nacht mit geschärften Sinnen entgegen gesehen. „Wir sind gerüstet, um einen reibungslosen Betrieb zu bieten“, sagte ein Sprecher des Düsseldorfer Flughafens. „Sollte es ganz schlimm kommen, stehen zusätzlich externe Dienstleister in den Startlöchern.“
Bei der Bahn gab es zunächst keine Beeinträchtigungen. Beim Schnellzug Thalys, der unter anderem zwischen Köln und Paris verkehrt, rechnen die Betreiber einer Mitteilung zufolge mit erheblichen wetterbedingten Behinderungen.
Im himmelblauen Schneeanzug nach draußen
(ble, bl, sk, bls, jac, hsr mit dpa)