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Christmette im DomKardinal Woelki äußert sich zu Missbrauchsfällen

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Rainer Maria Woelki predigt am 6. Januar bei der Messe zum Dreikönigsfest im Kölner Dom.

Köln – Kardinal Rainer Woelki hat „die von sexuellem Missbrauch Betroffenen“ und die Gläubigen, die in der Nacht zu Freitag an der Christmette und am ersten Weihnachtstag am Pontifikalamt im Dom teilnahmen oder die Liveübertragung verfolgten, um Verzeihung dafür gebeten, dass sie die Kritik am Umgang des Erzbistums mit dem Missbrauch und „insbesondere an meiner Person“ in den Wochen vor Weihachten „ertragen mussten“.

In einem „persönlichen Wort“, das der Kölner Erzbischof am Ende des Gottesdienstes überraschend an die Besucher richtete, sagte er: „Zu den Sorgen, die Sie alle durch Corona ohnehin schon haben, haben wir, habe ich leider noch eine Bürde hinzugefügt.“ Um Verzeihung bitte er auch dafür, dass „unsere Priester, alle unseren pastoralen Dienste“ und „vor allem die Menschen in unseren Gemeinden und Verbänden, die sich zum Wohl der Kirche einsetzen, dieser Kritik, die dem Erzbistum und insbesondere aber auch mir gilt, mit ausgesetzt sind.“

„Vor zwei Jahren mein Wort gegeben“

Kritik wird zum einen daran geübt, dass die Bistumsleitung entschieden hat, das Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln nicht zu veröffentlichen, weil es von methodischen Mängeln geprägt und nicht rechtssicher sei. Mit dem neuen Gutachten ist der Kölner Rechtsanwalt Björn Gercke beauftragt. Zum anderem wird Woelki vorgeworfen, er habe einen Fall von sexuellem Missbrauch, begangen von einem Düsseldorfer Priester, vertuscht. In der Christmette sagte der Kardinal: „Ich habe Ihnen vor zwei Jahren mein Wort gegeben, dass wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln die Vorgänge aufklären und auch Verantwortliche benennen werden. Ich habe Ihnen versprochen, dass wir dies ungeschönt und ohne falsche Rücksichten tun.“ Er stehe „weiterhin zu diesem Wort“, sagte Woelki, „auch wenn das öffentlich anders gesehen und angezweifelt wird“. Im März liege das „unabhängige Gutachten“ vor, und „ich bitte Sie herzlich und aufrichtig: Haben Sie bis dahin noch ein wenig Geduld und - auch das weiß ich, wie schwer das vielen ist ist - das notwendige Vertrauen in unser sehr komplexes Vorgehen.“ Woelki schloss mit den Worten: „Wir wollen Aufklärung und Aufarbeitung. Das sind wir vor allem jedem einzelnen Betroffenen schuldig.“

Weihnachtsbotschaft in der Predigt

In seiner Predigt war der Erzbischof nicht auf das Thema eingegangen und hatte sich ganz auf die Weihnachtbotschaft konzentriert. „Es ist eine Botschaft, die der ganzen Menschheit gilt“, sagte er. Dass der Heiland ausgerechnet in einem Stall geboren werde, mache deutlich: „Gott handelt anders, als wir und das menschlich gesehen vorstellen“ und „anders, als wir es uns ausdenken“. Aus gutem Grund erscheine „der Allmächtige als kleines, als ohnmächtiges Kind“ und gebe sich „ganz in menschliche Hände“. Damit wolle er „den Abstand zwischen uns und ihm überwinden“; er „will bei uns sein und bei uns bleiben“. Durch das Zeichen des Kindes in der Krippe, in dem die Gnade Gottes erscheine, „um uns von aller Schuld zu erlösen“, sage er jedem Menschen: „Ich liebe Dich. Ich stehe zu Dir. Ich helfe Dir. Ich will mit Dir durchs Leben gehen. Ich biete Dir einen einzigartigen Tausch an: Ich gebe Dir mein Leben. Und Du, gib Du mir Dein Leben.“ Das Zeichen solle die Menschen nicht nur Wichtiges erkennen lassen, sondern sie auch zur Veränderung bringen: „Anstelle der uns lähmenden Lieblosigkeit soll uns die Liebe bewegen.“ Weihnachten lade dazu ein, „nach Gottes Vorbild mitzuarbeiten an dieser Zivilisation göttlicher Liebe“.

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Auch bei Pontifikalamt betonte Woelki, die Weihnachtsbotschaft gelte der ganzen Menschheit, und sprach von einer „Globalisierung des Weihnachtgeschehens“. Durch das „Christuskind in ihrer Mitte" sollten „alle Menschen zu einer Familie vereint" werden. Je mehr sich alle als Angehörige dieser Familie verstünden und so lebten und wirkten, „umso mehr wird es Weihnachten in uns und der Welt“. Christus, durch den Gott die Welt gerettet habe, sei die Frucht seiner allumfassenden Liebe. Indem der Gottessohn „Kind einer menschlichen Mutter“ werde, „wird er unser aller Bruder“, sagte Woelki. „Als Menschenkind will er alle seine Schwestern und Brüder zu Gotteskindern machen.“ Damit sich dies verwirkliche, müssten sich die Menschen dafür entscheiden, Christus „aufzunehmen“, sich ihm glaubend anzuvertrauen. Dann würden sie eine Fülle der Gnade empfangen; deren Höhepunkt sei „die Gabe des Heiligen Geistes“. Weihnachten sei deshalb auch ein „Wunder“ dieses „Geistes der Liebe“, durch den sowohl die Menschwerdung Gottes als auch „unsere Christwerdung“ geschehe. Der Heilige Geist sei die „Kraft, die unsere Isolation überwindet“, die „uns zu einer solidarischen Gemeinschaft werden lässt“ und „die eigentliche Weihnachtsüberraschung, die sich das Kind in der Krippe für uns ausgedacht hat“.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die üblicherweise das Pontifikalamt im Dom am ersten Weihnachtsfeiertag besucht, blieb in diesem Jahr fern.