Köln – Die nicht geladene Dienstwaffe eines Geldboten bei einem Überfall vor einer Kölner Ikea-Filiale war schon mehrfach Thema im Prozess gegen Reemtsma-Entführer Thomas Drach. Nun sprach eine Kollegin des Überfallenen als Zeugin im Prozess vor dem Kölner Landgericht über die Hintergründe. Ein Hauptdarsteller der RTL-Serie „Alarm für Cobra 11“ spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Zeugin: Kollege habe fast auf Erdogan Atalay geschossen
Nach Angaben der 52-jährigen Zeugin war ihr Kollege geraume Zeit vor dem Überfall im März 2018 in ein nicht abgesperrtes Filmset der RTL-Actionserie in der Kölner Innenstadt gestolpert. „Da hat der Kollege dann gehört: „Geld her, Waffe her!“.“ Daraufhin habe er sich umgedreht, seine Waffe gezogen und „fast auf den Schauspieler Erdogan Atalay geschossen“, schilderte die Zeugin.
Das sei für den Kollegen so schockierend gewesen, dass er nach dem traumatischen Erlebnis auf dem Filmset seine Dienstwaffe nur noch ungeladen mitgeführt habe, was ein Dienstvergehen darstellt. Der Mann hatte nach dem Geldtransporter-Überfall in Köln-Godorf eine Zeit lang selbst als Tatverdächtiger gegolten, das Verfahren wurde aber eingestellt.
Geldbotin deutet auf Drach: „Sah ihm ähnlich“
Über die Aussage der Zeugin kam es am Ende des neunten Verhandlungstages im Landgericht zum Eklat zwischen Verteidigern und Gericht. Die Frau hatte von verdächtigen Begebenheiten bei ihren Ikea-Einsätzen berichtet. So habe sich ihr etwa drei oder vier Monate vor dem Überfall ein ihr unbekannter Mann in den Weg gestellt, der ein Gewehr unter seinem Mantel getragen habe.
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Nachdem dieser ihr eine „Grimasse“ gezogen habe, sei er weggerannt. Erst nach dem Überfall auf ihren Kollegen habe sie dem Vorfall Bedeutung beigemessen, nachdem sie ein Überwachungsvideo mit dem Räuber gesehen habe. „Der ganze Bewegungsapparat passt“, sagte sie. In Richtung Drach deutend, der im Gericht eine FFP2-Maske trug, sagte die Zeugin: „Diese Person sah ihm ähnlich.“
Verteidiger sprechen von Willkür des Richters
Drach-Verteidiger Dirk Kruse platzte daraufhin der Kragen: „Sie reden nur Unsinn!“ Die Zeugin berief sich auf ihr „fotografisches Gedächtnis“, das ihr ein Psychiater in der Pubertät attestiert habe. Als Drach-Verteidiger Andreas Kerkhof die Frau daraufhin nach psychischen Erkrankungen fragte, wurde es turbulent. Richter Jörg Michael Bern ließ die „höchstpersönlichen“ Fragen nicht zu.
Diese Fragen dienten nicht der „Erkundung der Wahrheit“, so der Vorsitzende. Kerkhof und Kruse kritisierten die Prozessführung daraufhin als „abenteuerlich“ und „willkürlich“. Es gehe schließlich um die Glaubwürdigkeit der Zeugin. Dem Mandanten Drach droht im Verfahren Sicherungsverfahren, ihm werden insgesamt vier bewaffnete Raubüberfälle auf Geldboten vorgeworfen. (hpu, dpa)