Nach 47 Jahren ist Schluss: Das Ehepaar Huth hört auf, Norbert von der Grün fängt an. Wie schwer ihnen der Abschied fällt, was der Nachfolger plant.
„Der Laden war unser Leben“Wirtsehepaar der „Försterstube“ in Köln-Ehrenfeld hört auf
Wer die „Försterstube“ in Neuehrenfeld betritt, den überkommt augenblicklich ein vertrautes Gefühl, auch wenn man hier noch nie gewesen ist. Es ist urig und gemütlich. Die Wände sind holzvertäfelt, die Fenster mit halbhohen Gardinen bestückt, an der Decke hängen alte Kronleuchter. 47 Jahre lang haben Elke Thelen-Huth und Lothar Huth hier ihre Gäste bewirtet. Nun geben sie den Stab weiter.
Wie schafft man es, über so viele Jahre hinweg, einem Laden treu zu bleiben? „Man muss da wirklich viel Freude und Spaß dran haben“, antwortet Lothar Huth. „Und das hatten wir. Der Laden war unser Leben“, ergänzt Elke Thelen-Huth.
Prominente Gäste in traditioneller Kölner Gaststätte
Im Dezember 1976 hat das Ehepaar die „Försterstube“ an der Ecke Ehrenfeldgürtel/Försterstraße übernommen. Sie sind seit der Eröffnung der Kneipe im Jahr 1912 erst das vierte Paar, das den Laden führt. „Am Anfang hatten wir es schwer mit der Kundschaft. Wir waren jung und die Gäste flüsterten, dass wir es keine sechs Monate schaffen – am Ende waren es 47 Jahre“, erzählt Lothar Huth.
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Die Stammkundschaft wurde mit der Zeit immer größer, aber die Gäste seien jeden Alters, betont Thelen-Huth. Auch Kölner Prominente verschlug es regelmäßig in die „Försterstube“: Schauspielerin Veronica Ferres, Moderatorin Ulrike von der Groeben und WDR-Intendant Tom Buhrow. Die Kölner Band Kasalla kommt regelmäßig zum Stammtisch vorbei.
„Försterstube“ in Neuehrenfeld begeistert Jung und Alt
Die Menschen schätzen gutbürgerliches Essen in gemütlicher Runde, sagt die 79-Jährige. Viele der älteren Gäste seien mittlerweile verstorben, dennoch kämen immer wieder neue Gäste dazu. „Und die bleiben. Ich habe das Gefühl, dass so eine alte Kölsch-Kneipe mit gutem Essen wieder richtig in ist. Auch bei jungen Leuten“, so die Wirtin.
Zu den Stammgästen gehörte auch der 2016 verstorbene frühere Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Jedes Jahr kam der damalige Vizekanzler mit rund 70 Mann zum Gänsebraten-Essen, „oft kam er einfach in die Küche und wollte schon mal die Suppe probieren“, erinnert sich Lothar Huth. „Das war ein so feiner und liebenswerter Mensch. Er ist viel zu früh gegangen.“
Der Abschied von der „Försterstube“ falle ihnen schwer. Dennoch war beiden klar, irgendwann muss Schluss sein. „Wir sind eigentlich zehn Jahre zu lang geblieben, es war jetzt Zeit für uns zu gehen“, sagt der Wirt. Die Suche nach einem Nachfolger habe etwas Zeit in Anspruch genommen. „Wir wollten niemanden, der die Kneipe so nebenbei führt, das geht nicht. Man braucht Zeit und vor allem Herzblut“, so der 77-Jährige.
„Wir wollten lieber etwas länger schauen und dann aber die für uns richtige Wahl treffen“, ergänzt Elke Thelen-Huth. Sie gibt jedoch zu, dass sie den jetzigen Nachfolger direkt im Kopf gehabt habe: Norbert von der Grün. Der 68-Jährige leitete viele Jahre den Stadtgarten, zuletzt übernahm er die Wagenhalle in der Südstadt. Er ist in der Försterstraße groß geworden und war Stammkunde der „Försterstube“ in den Neunzigerjahren. „Die Leute kennen ihn schon etwas, das ist gut“, sagt Lothar Huth. „Und er hat die Erfahrung“, ergänzt seine Frau.
Für Norbert von der Grün schließe sich mit der Übernahme der „Försterstube“ sozusagen sein gastronomischer Kreis. Groß etwas verändern wolle er an dem Laden nicht. „Die Gäste sagen, ‚Norbert, du darfst hier nichts ändern, das ist unser Wohnzimmer‘“. Die Änderungen beschränken sich lediglich darauf, was renovierungsbedingt notwendig sei, so von der Grün. „Die Försterstube ist und bleibt aber ein Veedels-Treffpunkt.“
Der Betrieb läuft unter dem Nachfolger normal weiter. Ende August gibt es eine offizielle Neueröffnung der „Försterstube“. Ob er nervös ist, in so große Fußstapfen zu treten? „Eigentlich nicht, eher bin ich positiv gespannt auf das, was kommt. 47 Jahre werden es aber wohl nicht werden.“
Auf die Frage, welcher Moment in all den Jahren heraussticht, antwortet das Wirtsehepaar gleichzeitig: „Jeder Tag war besonders.“ Eigentlich sei es aber der Tag, an dem er Elke kennengelernt habe, schiebt Lothar Huth hinterher. Denn ohne sie wäre er nie zur Gastronomie gekommen und wäre vermutlich auch nie 47 Jahre lang Wirt und Koch einer Kneipe gewesen.
Das Ehepaar plant nun seinen wohlverdienten Urlaub und muss sich erst an seine neu gewonnene Freizeit gewöhnen. Sie sind sich aber sicher: „Man hat uns ganz bestimmt nicht das letzte Mal in der Försterstube gesehen.“