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Eklat in der TH KölnAfD-Fraktionschef spricht in Vorlesung – Studierende protestieren

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Die TH Köln, Campus Deutz

Köln – Es war eine Hochschul-Veranstaltung, die alle Beteiligten nicht so schnell vergessen werden. Im Studienfach Erneuerbare Energien an der TH Köln wurde am 9. April in der Vorlesung „Angewandtes Projektmanagement“ ein Projekt zu den Themen Energien für die Zukunft der Stadt vorgestellt, das zwei Mitarbeitende des Stromversorgers Rheinenergie präsentiert hatten. Mitten in der Vorlesung kam es zum Eklat: Studierende fanden heraus, dass es sich bei einem der beiden externen Referenten um Stephan Boyens handelte. Boyens ist nicht nur Mitarbeiter der Rheinenergie, sondern auch Fraktionschef der AfD im Kölner Stadtrat. „Viele Kommilitonen und auch ich waren schockiert darüber, dass einem rechten Politiker Raum in einer Vorlesung der TH-Köln eingeräumt wird“, sagt ein Student, der namentlich nicht genannt werden will. „Das ist ein Riesenskandal.“

Studierende wollen nicht von Boyens unterrichtet werden

Mehrere Studierende hätten am Ende der Veranstaltung den leitenden Professor Volker Nickich auf das politische Amt von Boyens hingewiesen und sich gegen eine Zusammenarbeit mit dem AfD-Mann ausgesprochen. Nickich habe nichts von Boyens politischer Tätigkeit gewusst, habe aber auch keinen Anlass gesehen, die Zusammenarbeit mit diesem zu stoppen, sagt der Student. „Aus meiner Sicht muss sich die TH Köln öffentlich von diesem Vorfall distanzieren und die Zusammenarbeit mit der Rheinenergie beziehungsweise dem Politiker Stephan Boyens sofort beenden.“ Immerhin habe der Dozent eine alternative Arbeitsgruppe eingerichtet, in der die Studierenden nicht mit Boyens zusammenarbeiten müssen, berichtet ein anderer Student, der ebenfalls anonym bleiben will. 100 der 160 Hochschüler hätten das Angebot angenommen.

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„Die aktuelle Situation ist allerdings nicht haltbar!“, sagt Malte Knodt vom Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) der TH. Boyens sei nicht nur AfD-Mitglied, sondern habe in der Vergangenheit als Klimagegner auf sich aufmerksam gemacht. Es wirke „schon fast wie ein schlechter Scherz, dass die Rheinenergie mit Herrn Boyens eine Person für die Zusammenarbeit stellt, welche sich öffentlich bewusst gegen erneuerbare und innovative Ideen stellt und für Kohle- und Atomenergie wirbt“. Der Asta forderte die TH Köln auf, die Zusammenarbeit mit Boyens zu beenden. „Eine Hochschule, welche sich für ein tolerantes und multikulturelles Miteinander verschrieben hat, muss dies auch auf allen Ebenen glaubwürdig und konsequent leben“, so Knodt.

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TH-Präsident Stefan Herzig

TH-Sprecherin Sybille Fuhrmann macht darauf aufmerksam, dass die Hochschule schon seit Jahren mit der Rheinenergie zusammenarbeite. Die TH habe nicht gewusst, wer die Rheinenergie vertritt. „An Herrn Boyens als Person war von Seiten der Hochschule also keine explizite Einladung ausgesprochen worden“, so Fuhrmann. Boyens Parteizugehörigkeit zur AfD habe in der Einführungsveranstaltung keine Rolle gespielt. „Es lässt sich auch nicht feststellen, dass eine Indoktrinierung stattgefunden hat beziehungsweise zur Verbreitung von parteipolitischen Positionen von Herrn Boyens genutzt worden ist.“ Festzuhalten bleibe, dass Boyens „nicht als Vertreter der AfD in die Veranstaltung eingebunden war, sondern in seiner Funktion als Mitarbeiter der Rheinenergie AG. Die AfD ist als Partei nicht verboten.“ TH-Präsident Stefan Herzig will sehr bald mit den betroffenen Studierenden ein Gespräch suchen. Bislang hat sich die TH allerdings nicht von Boyens distanziert.

Rheinenergie zieht Boyens zurück

Christoph Preuß, Sprecher der Rheinenergie, sagte, dass Boyens seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen arbeite, lange bevor es die AfD überhaupt gegeben habe. „Uns als Arbeitgeber hat nicht zu interessieren, was die Arbeitnehmer in ihrer Freizeit machen“, so Preuß. Solange Boyens seine Arbeit korrekt verrichte und Privates vom Beruflichen trenne, habe die Rheinenergie keine Handhabe gegen ihn. An die TH habe man Boyens geschickt, weil dies beim gestellten Thema in seinen Arbeitsbereich bei der Unternehmensentwicklung fiel. Weil es aber nun zu Irritationen über Boyens bei den Studierenden gekommen sei, werde dieser dort nicht weiter auftreten. „Wir wollen die TH unterstützen und respektieren die Wünsche und Vorstellungen dort“, so Preuß. Boyens selbst konnte für Gespräch nicht erreicht werden.