In der CDU in Köln-Porz ist ein Machtkampf ausgebrochen. Mittendrin: der Parteivorsitzende Werner Marx.
In einer Sitzung des Fördervereins des Krankenhauses Porz am Rhein kam es zum Eklat.
Kritiker erheben schwere Vorwürfe. Unter anderem sollen Vollmachten gefälscht worden sein.
Köln – Es könnte der Stoff für eine neue Krimi-Serie sein. Es geht um Macht und Neid, um politischen Einfluss und Geld, Konkurrenz und Eitelkeit. Unter Verantwortlichen im Stadtbezirk Porz – egal, ob es sich um Politiker oder Sprecher von Bürgervereinen handelt – herrscht seit Wochen große Aufregung.
Die laufenden Nominierungsverfahren innerhalb der in Porz dominierenden CDU für die Kommunalwahl sorgen für zusätzlichen Zündstoff. Innerparteiliche Konkurrenten sägen am Stuhl der exponiertesten Porzer CDU-Politikerin, Anne Henk-Hollstein. Die neue Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland muss um ihr Ratsmandat fürchten.
Der Kampf um Macht und Einfluss eskalierte an einem dafür ungewöhnlichen Ort – dem Förderverein des Porzer Krankenhauses . Der Vorsitzende der Porzer CDU, Werner Marx, und der Vorsitzende eines interkulturellen Vereins, Kemal Sovuksu, hatten die Mitglieder des Vereins mit 120 Stimm-Vollmachten überrascht, als die Vorstandswahlen anstanden.
Die nicht erschienenen, aber doch stimmberechtigten Neumitglieder unterstützten eine von Marx und Sovuksu vorgelegte Vorschlagsliste. Nach einer äußerst turbulenten Sitzung war Sovuksu Vereinschef – gewählt mit einer deutlichen Mehrheit. Während er so kraft Amtes auch automatisch Mitglied im politisch bedeutsamen Krankenhaus-Kuratorium wurde, ließ sich Marx als Fördervereinsmitglied für den Beirat vorschlagen, der die Krankenhaus-Geschäftsführung kontrolliert. Hier ist seine Gegenspielerin Anne Henk-Hollstein die Vorsitzende. Dass die beiden „Parteifreunde“ wenig voneinander halten, ist seit längerem kein Geheimnis mehr.
Ein Wahlsieg, der auf Vollmachten von nicht Anwesenden basiert, ist laut Vereinssatzung nicht verboten. Aber unter den aktiven Mitgliedern und vielen weiteren Porzern rief das Vorgehen große Empörung hervor. Bis dato war die Arbeit im Verein, der alle Belange des Porzer Krankenhauses fördert und dafür erhebliche Summen zusammengetragen hat, immer einvernehmlich und überparteilich getragen worden. Eine Politisierung könne dem Krankenhaus und dem ehrenamtlichen Engagement massiv schaden, sagen langjährige Mitglieder. Sie zweifeln zudem an der Kompetenz des neuen Vorsitzenden.
Wahl wegen Formfehlers geplatzt
Das Kräftemessen zwischen Marx und Henk-Hollstein wird auch im CDU-Ortsverband ausgetragen. Ein Vertrauter von Marx, der Bezirksvertreter Thomas Werner, wollte sich statt der amtierenden Ratsfrau als Kandidat küren lassen. Die Wahl platzte wegen eines Formfehlers. Zusätzlich sorgt der Name Walter Reinarz für Zündstoff. Der ehemalige Chef der Kölner CDU und Ex-KVB-Vorstand liebäugelt mit einem Comeback in der Kommunalpolitik. Auch er wäre Kandidat für den Wahlkreis von Henk-Hollstein.
Auch Werner Marx will zurück in den Stadtrat, dem er schon einmal eine Wahlperiode bis 2014 angehörte. Er ist nicht nur als Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung ein einflussreicher Mann mit guten Kontakten. Kritiker werfen dem Finanzbeamten vor, berufliches Wissen für andere Zwecke zu nutzen – ein schwerer Vorwurf.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Jochen Ott hat eine offizielle Anfrage an die Landesregierung gestellt. Ohne den Namen von Marx zu nennen, fragt er, ob es im Porzer Finanzamt Hinweise gebe, dass dienstliche Erkenntnisse für außerdienstliche Zwecke genutzt werden. Vor Ort sei von mehreren Vereinsvertretern die Frage an ihn herangetragen worden, ob Steuergeheimnisse dazu benutzt werden könnten, um Druck auf Menschen auszuüben, so Ott. Eine Antwort der Landesregierung steht noch aus.
Abberufung gefordert
Offen ist auch, wie es am Krankenhaus Porz weiter geht. Der Vorstand des Fördervereins fordert mehrheitlich die Abberufung seines neuen Chefs. Das solle in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung beschlossen werden, heißt es in einem Brief an alle Vereinsmitglieder.
Die Kritiker von Sovuksu sehen sich durch die Chefärzte des renommierten Krankenhauses bestärkt. Sie haben in einem Brief deutlich gemacht, dass sie mit der Wahl des umstrittenen Mannes „nicht einverstanden“ sind. Sovuksu hatte vor seiner Wahl gesagt, dass er aus der Ärzteschaft ermuntert worden sei zu kandidieren. Die Ärzte sprechen von „unwahren Behauptungen“.
Vollmachten mit Tipp-Ex geändert
Zwischenzeitlich liegt auch das Ergebnis einer Überprüfung der Vollmachten vor, mit denen Sovuksu und Marx ihre Personalvorschläge durchgesetzt hatten. Eine beauftragte Bonner Anwaltskanzlei spricht von „einigen Unstimmigkeiten“. So sollen einzelne Vollmachten handschriftlich und mit Tipp-Ex geändert worden sein. Im Vorstand forderte man unter anderem von Sovuksu Aufklärung, die er bislang verweigerte. Die „Verweigerungshaltung“ sei unzulässig, befanden die Anwälte.
Dem Brief an die Vereinsmitglieder ging eine weitere turbulente Gremiumssitzung voraus. Sovuksu habe seiner Vertreterin, der Ärztin Simin Fakhim-Haschemi mit einer „Lawine, die Sie überrollen wird“ gedroht, bevor er unter Protest die Versammlung verließ. Vorstandsmitglied Sigurd Claus, der jahrzehntelang Geschäftsführer des Porzer Krankenhauses war, sieht „keine Grundlage einer Zusammenarbeit“ mehr. Das gelte für Sovuksu, der in der Vorstandssitzung „die Kontrolle verloren und sich in persönlich beleidigender Weise gegenüber seiner Stellvertreterin und damit auch anderen Vorstandsmitgliedern geäußert“ habe. Das gelte aber auch für Werner Marx, der „keinerlei Reaktion zu den massiven Vorwürfen“ habe erkennen lassen.
„Ehre wichtiger als Ruf des Vereins“
Kemal Sovuksu sagte auf Anfrage, er werde alle strittigen Fragen bei einer Mitgliederversammlung aufklären, die er selbst einberufen wolle. Bei der Mitgliederversammlung wolle er eine „skrupellose Vetternwirtschaft“ aufdecken – inzwischen sei ihm die eigene Ehre wichtiger als der Ruf des Vereins. Gegen diejenigen, die schamlos sein Ansehen beschmutzten, werde er Strafanzeige erstatten und sie „auseinandernehmen“.
Werner Marx versichert, er werde zu allen unklaren Vollmachten Stellung beziehen, sobald er diese in Kopie vorliegen habe. „Danach wird sich zeigen, ob die Forderung nach Abberufung noch aufrechterhalten werden kann.“ Sein Anliegen sei es, ein „Compliance-Problem“ – also einen Vermischung von Interessen – bei diversen Gremien im Krankenhaus aufzuzeigen, „und deswegen werde ich angegriffen“. Er werde sich aber nicht davon abbringen lassen, solche Verflechtungen offenzulegen.
Das alles deutet nicht auf eine Beruhigung der Porzer Streitigkeiten hin. Im Gegenteil: Es dürfte mit noch härteren Bandagen gekämpft werden. Der Krimi geht weiter.