Köln – Papst Franziskus hat ein Rücktrittsangebot des Kölner Kardinals Rainer Woelki bis auf Weiteres abgelehnt. Damit kehrt der Erzbischof – wie geplant – nach knapp fünfmonatiger Auszeit an diesem Mittwoch ins Amt zurück. Franziskus werde dann „zu gegebener Zeit“ über einen Amtsverzicht entscheiden, heißt es in einer Mitteilung des Erzbistums vom Mittwoch.
Er habe aber zunächst angeordnet, dass Woelki seinen Dienst wieder aufnimmt. Faktisch befindet sich Woelki damit als Erzbischof auf Abruf in der von Bistumsverwalter Rolf Steinhäuser während Woelkis Beurlaubung angedachten Probezeit.
Vor dem Kölner Dom demonstrierten mehrere hundert Gläubige auf Einladung verschiedener Reformgruppen gegen Woelkis Rückkehr, für einen Neuanfang im Erzbistum und ein Ende des gegenwärtigen Machtsystems. Das Rücktrittsangebot des Kardinals wurde von den Teilnehmenden mit lautem Beifall und Jubel begrüßt.
Kardinal Woelki bitte in „Hirtenbrief“ um zweite Chance
In einem „Hirtenbrief“ zum Aschermittwoch bittet Woelki um eine zweite Chance. Er stellt einen „eher stillen Beginn“ und eine Zeit des Zuhörens in Aussicht, in der er mit vielen Menschen ins Gespräch kommen, ihnen wieder und neu begegnen wolle. Er wolle sich Enttäuschungen, Ärger und Vorwürfen ebenso aussetzen wie Erwartungen, Wünschen, Zuspruch und guten Ideen.
„Sehr gerne werde ich auch überall dort hinkommen, wo Sie mir Ihre Türen öffnen“. Er selbst werde sich „weiterhin mit allen mir zur Verfügung stehenden Kräften“ für einen von Gott geschenkten Neuanfang einsetzen, versichert Woelki. „Hierzu bitte ich Sie um Ihre Offenheit, Ihre Geduld darum, dass Sie mir, nein, uns noch eine Chance geben“.
Kardinal Woelki: Auszeit an sich löst keine Probleme
Mit Blick auf die krisenhafte Situation im Erzbistum bedauert Woelki, „dass diese Zeit für viele Menschen in unserer Kirche eine so belastete Zeit ist“. Es schmerze ihn, dass auch er für diese Situation Verantwortung trage. Eine Auszeit an sich löse keine Probleme, so Woelki. Er kehre daraus aber „nicht unverändert zurück, als sei in dieser Zeit nichts geschehen“.
Zu seiner persönlichen Verfassung schreibt der Erzbischof, im vorigen Jahr sei „ein Maß an körperlicher und mentaler Erschöpfung erreicht“ gewesen, das eine Auszeit notwendig gemacht habe. Er habe sich den Versäumnissen, den Fehlern und der Schuld in seinem Leben stellen und daraus – wie auch aus dem Gelungenen – lernen wollen.
Nach unguten inneren „Verhärtungen“ auch infolge oft sehr persönlicher Anfeindungen sei bei ihm inhaltlich manches in Bewegung kommen, führt Woelki weiter aus. Er erwähnt „notwendige Reformen“ einschließlich systemischer Veränderungen und nennt ausdrücklich „Zusammenhänge von Beteiligung und Leitung“.
Woelki spricht über Skandal des sexuellen Missbrauchs
Woelki kommt auch auf den Skandal des sexuellen Missbrauchs zu sprechen. Die von ihm angestrengte Aufarbeitung und sein Umgang damit hatten in den Jahren 2019 und 2020 zu der tiefgreifenden Vertrauens- und Führungskrise im Erzbistum geführt und den Papst im September 2021 veranlasst, Woelki zu beurlauben.
Franziskus attestierte ihm zwar, bei der Aufklärung des Missbrauchsskandals nichts falsch gemacht und nicht vertuscht zu haben. Zugleich sprach er von schweren insbesondere kommunikativen Fehlern des Kardinals, die eine Zeit der Umkehr, Erneuerung und Versöhnung erforderlich machten.
In allgemeiner Form schreibt Woelki, er wisse um den Missbrauch „in seinen verschiedenen Dimensionen“, um Ungenügen und Fehlverhalten von Verantwortlichen insgesamt“. Die Auseinandersetzung damit gehöre „in den Kern“ dessen, was viele Menschen zurzeit umtreibe. Für ihn sei in allen Fragen kirchlicher Veränderung die Perspektive der Missbrauchsopfer leitend. Was sie erlebt und erlitten hätten, diene ihm „als Kompass für mein Nachdenken und Handeln – und auch für das Arbeiten an mir selbst“.