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Erzbistum KölnRechtsgutachten zum Missbrauch darf wohl Namen nennen

Lesezeit 4 Minuten
Erzbistum Köln Dom Gutachten

Ein goldenes Kreuz auf dem Kölner Dom leuchtet in der Sonne.

  1. Die Rechtsprechung gibt dem Erzbistum Köln die Möglichkeit, Namen von Verantwortlichen für die Vertuschung von Missbrauch zu nennen.
  2. Ein Gastbeitrag von Martin W. Huff

Köln – Am 18. März soll ein vom Erzbistum Köln in Auftrag gegebenes Gutachten zum Umgang der Kirchenleitung mit Missbrauchsvorwürfen vorgestellt werden. Im Vorfeld heißt es dazu immer wieder, dass die Namensnennung von Verantwortlichen aus „äußerungsrechtlichen Gründen“ schwierig sei. Dies bedarf einer näheren Erläuterung.

In einer ersten Stufe gilt: Erteilt ein Mandant einem Rechtsanwalt den Auftrag, bestimmte Vorgänge und Verantwortlichkeiten anhand von Akten oder Befragungen zu klären, dann dürfen in dem Bericht selbstverständlich die Namen derjenigen genannt werden, denen nach der Prüfung bestimmte Vorwürfe gemacht oder die davon entlastet werden. Dabei muss ausgeführt werden, auf welche Grundlagen sich Vorwürfe stützen. Ergeben sich Unklarheiten, müssen die Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Denn jedem steht – auch im Umfeld etwa eines Arbeitgebers – das Recht zu, gehört zu werden und seine Meinung zu äußern. Dies dann zu bewerten, bleibt allerdings die Aufgabe des Gutachters.

Bei Veröffentlichung sind Persönlichkeitsrechte zu beachten

Die nächste Stufe ist erreicht, wenn das in Auftrag gegebene Gutachten veröffentlicht werden soll. Dann ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen durch denjenigen zu beachten, der die Stellungnahme publiziert. Jeder Bürger hat Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit, solange er nicht die Rechte anderer verletzt oder gegen die Rechtsordnung verstößt. Jeder hat auch das Recht, unbehelligt zu bleiben und in der Öffentlichkeit nicht ohne seine Zustimmung mit seinem Namen genannt zu werden, wenn er sich denn rechtstreu verhält. Dieses Recht jeder Person ergibt sich aus unterschiedlichen Vorschriften, so etwa aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, dem Grundgesetz sowie den Normen des Zivil- und Strafrechts.

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Allerdings ist der Schutz bei weitem nicht grenzenlos. Denn bei einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht muss noch genau geprüft werden, in welcher Sphäre sich das Ereignis zugetragen haben soll, in dessen Zusammenhang ein Akteur namentlich genannt werden soll. Die Rechtsprechung hat hierzu eine „Sphärentheorie“ entwickelt, die zwischen der Intimsphäre, der Privat- und der Sozialsphäre unterscheidet. Am stärksten ist der Persönlichkeitsschutz im Bereich der Intimsphäre ausgeprägt; am wenigsten, wenn es um Vorgänge in der Sozialsphäre geht. Hierzu gehört alles, was etwa mit der beruflichen Tätigkeit zu tun hat.

Der weitgehende Schutz von Vorgängen in der Intimsphäre umfasst jede Veröffentlichung, sei es nun durch einen anderen Bürger oder durch die Medien. Am wenigsten geschützt sind Vorgänge in der Sozialsphäre. Dazu gehören Straftaten, auch solche mit sexuellem Bezug. Dies hat jüngst das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster im Fall des ehemaligen Nationalspielers Christoph Metzelder noch einmal klargestellt.

Wer eine Straftat begeht, kann sich nicht gegen eine Veröffentlichung seines Namens und der Tat mit dem Argument wehren, dass es sich um intime Vorgänge handele, wie im konkreten Fall den Vorwurf, kinderpornografische Bilder verschickt zu haben. Dieser Grundsatz ist auch auf gravierendes Fehlverhalten unterhalb der Grenzen des Strafrechts anwendbar.

Zur Person

Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in der Kölner Sozietät LLR. Huff ist auch Autor der Serie „Recht und Ordnung’“ im Magazin des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

In der gleichen Entscheidung verdeutlichte das OVG Münster auch, dass eine Namensnennung des weiterhin in der Öffentlichkeit aktiven Fußballspielers erlaubt sei, wiewohl auch auf die Unschuldsvermutung hinzuweisen sei, die bis zu einer eventuellen rechtskräftigen Gerichtsentscheidung gilt.Dies sieht der für diese Fragen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) bei Namensnennung in den Medien genauso. Ende 2019 entschieden die BGH-Richter , dass die „Bild“-Zeitung über zwei Vermieter mit Namensnennung und Foto berichten durfte, denen in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München die rechtswidrige Untervermietung von Wohnungen vorgeworfen wurde.

Auch bei einer bisher in der Öffentlichkeit nicht bekannten Person kann wegen der Art, des Umfangs und der Auswirkungen eines solchen Vorwurfs auf gewichtige Belange der Gesellschaft das Recht am eigenen Bild hinter dem Interesse der Öffentlichkeit zurücktreten. Deutliche Worte der obersten deutschen Zivilrichter.

Arbeitgeber darf Namen von Mitarbeitern unter bestimmten Bedingungen nennen

Nach dieser Rechtsprechung ist also ein Arbeitgeber berechtigt, die Namen führender Mitarbeiter zu nennen, denen – nachweisbare – Vorwürfe in Bezug auf den Umgang mit Vorwürfen gegen andere Personen gemacht werden. Dabei ist es egal, ob die Betroffenen mittlerweile im Ruhestand oder an anderer Stelle tätig sind. Ihnen muss nur vorher die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden sein. Wer in einer leitenden Position tätig ist, muss dies akzeptieren – auch wenn damit Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht verbunden sind.

Wenn das Kölner Missbrauchsgutachten veröffentlicht wird, müssen die Medien ihrerseits entscheiden, ob auch sie Namen nennen oder nicht. Nach den oben geschilderten Grundsätzen dürfte dies aber zulässig und angesichts der Bedeutung der Vorgänge auch sinnvoll sein.