Köln – Gut zwei Stunden Puffer am Flughafen sollten doch reichen, um den Flieger zu bekommen, dachte sich Ulla Mertens und lag falsch. Vergangene Woche wollte sie von Köln/Bonn aus nach Zadar fliegen, in diese malerische Kleinstadt an der kroatischen Adriaküste. Doch statt gegen kurz nach 22 Uhr zu starten, stand Mertens noch in der Schlange vor der Passkontrolle.
Mehr als eine Stunde habe sie da gewartet, berichtet sie, davor schon ebenso lange an der Sicherheitsschleuse. Zwei Stunden Puffer reichten eben nicht. Die Maschine hob ohne sie ab in Richtung Mittelmeer – und ohne einige weitere Passagiere, darunter eine Familie mit drei Kindern, wie sie sagt, außerdem eine Gruppe ganz junger Frauen. „Wir wurden nicht vorgewarnt, es gab keine Durchsagen“, berichtet Mertens. Der Flieger war einfach weg.
Solche Szenen hat es in diesen Corona-Sommerferien am Flughafen nicht nur das eine Mal gegeben. Auch am letzten Juli-Wochenende gab es teils sehr lange Schlangen vor der Sicherheitskontrolle. Für den Flughafen sind diese Wartezeiten sehr ärgerlich. „Da ist nicht unser Anspruch“, sagte ein Flughafensprecher jüngst. Man habe Gespräche geführt und gehe davon aus, dass sich die Situation schnellstmöglich entspannen werde.
Security-Firma schickt Mitarbeitende in Kurzarbeit
Ein Grund für den Engpass dürfte sein, dass die neue Security-Firma Securitas, die seit 1. Juli im Auftrag der Bundespolizei das Handgepäck scannt und die Passagiere nach verbotenen Gegenständen abtastet, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt hat. Das Personal ist um die Hälfte reduziert. „Zur Sicherung der Arbeitsplätze“, teilte Securitas auf Anfrage mit, habe die Kurzarbeit „mindestens“ bis Jahresende verlängert werden müssen.
Die Firma begründet das mit dem insgesamt immer noch deutlich unter Vorkrisenniveau liegenden Bedarf an ihren Dienstleistungen. Die Passagierzahlen am Kölner Flughafen liegen weiterhin um die Hälfte niedriger als 2019. Doch besonders in den Sommerferien gibt es eben Spitzen, die mit so wenig Personal kaum aufzufangen sind. Folge sind dann Schlangen, die sich manchmal durch große Teile des Terminals ziehen.
Abfertigung nur über Terminal 1
Die Gewerkschaft Verdi kritisiert die unternehmerische Entscheidung von Securitas scharf. Immer wieder meldeten sich Mitarbeiter bei Verdi, die sich über die derzeitigen Arbeitsbedingungen beklagen. „Das Personal arbeitet zeitweise wie im Akkord. Bis zu sechs Stunden am Stück ohne Pause müssen die Mitarbeiter mit Masken ihren Dienst tun. Das kann nur dazu führen, dass irgendwann die Konzentration weg ist“, sagt Özay Tarim von Verdi. Die derzeitigen Zustände seien „eine Gefahr für die Sicherheit der Passagiere und die Gesundheit des Personals“.
Weil der Flughafen wegen Corona alle Passagiere über Terminal 1 abfertigen lässt, knubbele es sich an der dortigen Sicherheitsschleuse besonders, was die Infektionsgefahr erhöhe. „Die zentrale Nutzung der Passagierkontrollstelle im Terminal 1 ist vorteilhaft für die betrieblichen Abläufe. Sie ist modern ausgestattet und verfügt über ausreichend Kontrollspuren“, sagt ein Airport-Sprecher.
„Wir fordern Securitas auf, zumindest während der Ferien die Kurzarbeit auszusetzen“, sagt Tarim. An den Flughäfen in Düsseldorf, Weeze und Dortmund sei die Kurzarbeit wegen der Sommerferien unterbrochen worden. Dort sind aber jeweils andere Sicherheitsunternehmen beauftragt.
Viele Reisende haben mehr als ein Handgepäckstück
Securitas führt die längeren Wartezeiten der vergangenen Tage aber auch darauf zurück, dass viele Reisende mehr als ein Handgepäckstück ins Flugzeug genommen und in die Gepäckstücke zu viele Flüssigkeiten verstaut hätten. „Dies führte zu längeren Kontrollzeiten“, hieß es von Securitas. Außerdem seien zuletzt viele Mitarbeiter krankheitsbedingt ausgefallen. Als Reaktion habe man „die Personalplanung für den August deutlich aufgestockt, sodass die Fluggäste wieder mit kürzeren Wartezeiten rechnen können.“ In jedem Fall aber empfiehlt es sich derzeit, die Zeit am Flughafen besonders großzügig einzuplanen und rechtzeitig vor Ort zu sein.
Für Ulla Mertens hat der Kurzurlaub nach Kroatien doch noch ein glückliches Ende gebracht. Spontan buchte sie einen Flug von Weeze, der direkt am nächsten Morgen nach Zadar ging und pünktlich war. Auf den Kosten von 250 Euro für das zusätzliche Ticket bleibt sie aber sitzen. Erstattung gibt es nicht. Offiziell habe man ihr gesagt, sie habe den Flug verpasst.