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Gerhard Richter beteiligtTeuerstes Kunstwerk der Welt soll Kölner Obdachlosen helfen

Lesezeit 4 Minuten

Große und kleine Kunst vereint für den guten Zweck: Blick in die Benefizausstellung des Vereins „Kunst hilft geben“ im Atelierhaus am Alteburger Wall

Köln – Dirk Kästels Bruder lebte seine letzten Tage auf der Straße. „Er trank und nahm Drogen“, erinnert sich Kästel, „und am Ende warf ihn seine Freundin aus der Wohnung.“ Als er starb, war er lediglich 28 Jahre alt, zwei Jahre jünger als Kästel damals selbst. „Lange konnte ich nicht einmal darüber reden, was passiert war. Was ich jetzt mache, ist meine Form der Therapie.“

Dirk Kästel, Gründer des Vereins „Kunst hilft geben“

Gut 20 Jahre nach dem Tod des Bruders gründete Kästel „Kunst hilft geben“, einen „mildtätigen Verein“ mit Sitz in Köln, der armen und wohnungslosen Menschen eine feste Bleibe oder rasche Hilfe bieten will. Die Brücke in ein besseres Leben sollen dabei die Kunst sowie Künstler sein, die eigene Werke zugunsten des Vereins spenden. Seit 2013 putzt Kästel ehrenamtlich die Klinken in den Ateliers weltberühmter oder auch nur lokal bekannter Künstler und organisierte 48 Benefiz-Ausstellungen an verschiedenen Kölner Orten. Allein Gerhard Richter stiftete über 40 Arbeiten für den guten Zweck, laut Kästel wurde ein Drittel davon verkauft.

450.000 Euro hat der Verein bislang erlöst

Jetzt steht Kästel im Atelierhaus am Alteburger Wall, dem Ort seiner jüngsten Ausstellung. Die Wände hängen voll, das Angebot reicht von Großformaten des Fotografen Boris Becker für knapp 20.000 Euro bis zu Bildern, die ohne Rahmen um die Hälfte billiger zu haben sind. Immerhin 450.000 Euro hat „Kunst hilft geben“ bislang erlöst, bald ist laut Kästel das Startkapital für die Casa Colonia erreicht.

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Drei Millionen Euro soll das geplante Integrationshaus mit Kulturcafé, Ausstellungsraum und Apartments für Obdachlose, Studenten und Künstler kosten. Die Menschen bräuchten vor allem ein Dach über dem Kopf, so Kästel, und die Möglichkeit, wieder in geregelte Verhältnisse zurückzufinden. Das nötige Eigenkapital sei bald zusammen, aber es fehle ein passendes städtisches Grundstück, um es zu errichten.

Hoffnung auf Baugrund in Holweide

Ein Mülheimer Standort scheint aus dem Rennen zu sein, jetzt hofft Kästel auf einen Baugrund in Holweide: „Ich möchte das Geld ja nicht mit ins Grab nehmen“, sagt der 60-Jährige. In der Zwischenzeit hilft sein Verein auf andere Weise, veranstaltet Kunstworkshops und Konzerte für Obdachlose, lädt zum Essen und streckt Wohnungssuchende auch schon mal die Kaution für die Mietwohnung vor.

Kästel ist niemand, der in den Vordergrund drängt oder die Aufmerksamkeit genießt. Im Atelierhaus sagt er ein paar einleitende Worte, wirbt eindringlich für seine Sache, und scheint doch erleichtert, als er das Mikrofon weiterreichen kann. Man spürt, dass es ihn Überwindung gekostet haben muss, Künstler, die auch nicht immer in sicheren Verhältnissen leben, um ihre Werke anzugehen, aber man spürt auch, was ihn diese Zurückhaltung überwinden ließ. „Meinem Bruder konnte ich nicht helfen“, sagt er. „Jetzt versuche ich, anderen zu helfen.“

Sogar Gerhard Richter beteiligt sich

Die Vereinsidee und Kästels sehr persönliche Beweggründe haben auch Bettina Mauel überzeugt, sich an „Kunst hilft geben“ zu beteiligen. Die Malerin stiftete für die aktuelle Ausstellung mehrere Tanzgemälde und sanft bewegte Landschaftsbilder. Und sie drängte Kästel vor einigen Jahren dazu, auch zu ihrem Lehrer, Gerhard Richter, zu gehen. „Klingeln Sie einfach“, sagte sie ihm, so Mauel, worauf Kästel geantwortet habe, das traue er sich nicht. Als er dann vor Richters Haustür stand, öffnete dieser zwar nicht persönlich, war aber gerne bereit, sich zu engagieren.

Manfred Dahmens „teuerstes Kunstwerk der Welt“

Im Atelierhaus hängt eine großformatige Fotografie seines Frühwerks „Frau mit Kind“, das den Preisrahmen der Schau beinahe sprengt. Es sei denn, Manfred Dahmen findet einen Abnehmer für seinen Werbecoup: Der Maler will ein abstraktes Gemälde für 20.000 Euro verkaufen, doch muss der Käufer einwilligen, es wieder abzugeben, wenn jemand das Doppelte dafür bietet. Auf diese Weise hofft Dahmen, das teuerste Kunstwerk der Welt zu schaffen.

Kunst ohne Beipackzettel

Mehr als die Hälfte seines Umsatzes, sagt Kästel, macht der Verein mit den Editionen Gerhard Richters. Aber auch sonst ist viel Kunstprominenz beteiligt: Anna Blume, Benjamin Katz oder Rosemarie Trockel, deren Werke etwas aus dem mehrheitlich „niederschwelligen“ (Kästel) Angebot herausstechen.

Die Regel ist Kunst, die man ohne Beipackzettel kapiert und auch einfach so schön oder bewegend finden kann. So wie Mauels tanzende Landschaften etwa oder die rostigen Skulpturen von Odo Rumpf. Und wenn man mit dem Kunstkauf nicht nur sich selbst, sondern auch denen, die es dringender brauchen, Gutes tut, umso besser.

Benefizausstellung in Kölner Südstadt

Dirk Kästel ist ohnehin um jeden Euro für die Casa Colonia froh. „Wenn wir als kleiner Verein so etwas schaffen“, sagt er, „sehen vielleicht auch andere, was möglich ist.“

Benefizausstellung des Vereins „Kunst hilft geben“, Alteburger Wall 1, dienstags bis samstags von 17 bis 20 Uhr, bis 25. November 2018.

www.kunst-hilft-geben.de