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Kölner AbgeordneteKatharina Dröge teilt im Interview gegen Gerhard Schröder aus

Lesezeit 5 Minuten
Dröge GRÖNERT 030222

Die Kölner Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge (Grüne).

Köln – Katharina Dröge sitzt für die Kölner Grünen seit 2013 im Bundestag, 2021 hätte sie es fast geschafft, im Wahlkreis Köln III dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich sein Direktmandat abzunehmen. Seit dem Herbst ist sie nun gemeinsam mit Britta Haßelmann selbst Fraktionsvorsitzende. Im Interview spricht die 37-Jährige über ihren Start ins neue Amt, den Kölner Karneval während der Corona-Pandemie und über die Rückkehr von Kardinal Rainer Woelki ins Erzbistum Köln.

Frau Dröge, Sie hatten keine Schonfrist in Ihrem neuen Amt. Corona, Ukraine-Konflikt, Klimawende, Inflation: Die Probleme sind da, sie sind gravierend und sie müssen gelöst werden.

Katharina Dröge: Die große Herausforderung für die Ampel-Regierung ist sicherlich die Gleichzeitigkeit der Krisen. Wir haben ja mit dem Corona-Krisenmanagement schon begonnen, als wir noch in den Koalitionsverhandlungen steckten. Wir starten dank der Vorgängerregierung mit einem heftigen Rückstand bei der Klimapolitik und müssen jetzt schnell und viel aufholen. Dazu kommt die außenpolitische Krise. Aber man kann sich eben nicht aussuchen, wann man Verantwortung übernimmt. Dennoch brauchen wir alle Mut und Optimismus für die anstehenden Veränderungen.

Andere europäische Länder beginnen bereits, die Corona-Maßnahmen zu lockern. Wann ist denn der Punkt erreicht, an dem Sie sagen: Wir müssen nun auch über Lockerungen nachdenken.

Jetzt nicht. Solange die Infektionszahlen steigen und die Impfquote weiter zu niedrig ist, sind Signale zu lockern verfrüht. Wir werden den Peak der Welle nach den Modellrechnungen erst im Laufe dieses Monats erreichen. Natürlich muss man sich Gedanken machen, wie der Weg wieder herausführt aus den Einschränkungen. Aber wenn man jetzt schon laut darüber redet, denken viele, wir seien über den Berg. Stattdessen kann es auch durchaus sein, dass wir die Regeln nochmal anpassen müssen.

Ist es dann aus Ihrer Sicht auch falsch, wieder 10000 Zuschauer im Stadion zuzulassen?

Bei Veranstaltungen unter freiem Himmel können wir – natürlich immer unter 2G-Regeln und mit Maskenpflicht – sicher mehr Zuschauer zulassen als in Innenräumen.

Am 16. Februar gibt es die nächste die Bund-Länder-Konferenz. Sollte man die 2G-Regel im Einzelhandel dann aufheben, wie es Schleswig-Holstein bereits gemacht hat?

Die Sorgen des Einzelhandels verstehe ich, aber gesundheitspolitisch finde ich es noch zu früh, das jetzt zu sagen.

In drei Wochen ist Weiberfastnacht. Müsste das Land nicht zusätzliche Regeln erlassen für den Straßenkarneval, damit sich die Bilder vom 11.11. aus Köln nicht wiederholen?

Ich verstehe die Karnevalsvereine so, dass sie sich selber wünschen würde, dass das Land da mehr Orientierung und Regeln gibt. Das würde ich sehr unterstützen. Gerade die Vereine haben sich ja sehr solidarisch verhalten in der Pandemie.

Aber den Kommunen und damit auch der Stadt Köln sind die Hände gebunden. Sie dürfen momentan gar nichts verbieten.

Ich denke, das Land muss schnell für Klarheit sorgen und die Kommunen so unterstützen. Wir brauchen für die Karnevalstage klare Regeln, das Feiern verantwortungsvoll zu gestalten.

Welche Regeln könnten das sein?

Es ist ganz klar: Draußen ist mehr möglich als Drinnen. Aber auch draußen gehört dazu: Maske, Abstand, Verantwortungsbewusstsein. Dazu muss es klare Vorgaben und Regeln des Landes geben. Wir brauchen dafür jetzt dringend einen Dialog zwischen dem Land und den Kommunen.

Auf den Karneval folgt in Köln die Rückkehr von Kardinal Rainer Woelki, der an Aschermittwoch die Amtsgeschäfte wieder aufnehmen will. Wie sehen Sie das?

Wir haben es mit einem unfassbaren Schweigekartell der katholischen Kirche zu tun, das über eine viel zu lange Zeit Bestand hatte. Das hat vor allem für die Opfer, die Schlimmes erlebt haben, nochmal zusätzliches Leid erzeugt. Das ist eine Katastrophe, die zu einem erheblichen Glaubwürdigkeitsverlust für die Kirche geführt hat. Hier braucht es dringend weitere, umfassende Aufklärung und Konsequenzen.

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Kann ein Bischof dann einfach so zurückkommen und weitermachen, als sei nichts gewesen?

Dass die bisherigen Aufklärungsanstrengungen in Köln nicht ausreichen ist offenkundig. Herr Woelki muss sich fragen, wie er selbst jetzt zur Aufklärung beitragen kann und wie er seiner Verantwortung gerecht wird. Personelle Konsequenzen allein werden allerdings nicht ausreichen. Das Problem ist strukturell. Gerade die Kirche nimmt für sich selber in Anspruch, eine moralische Instanz zu sein und den Menschen Orientierung zu geben in moralischen Fragen. Aber im eigenen Handeln bekommt sie das nicht hin.

Im Umgang mit Russland und dem Ukraine-Konflikt gibt es ja in Ihrer Koalition durchaus unterschiedliche Ansichten. Macht Ihnen das Sorge?

Olaf Scholz und Annalena Baerbock haben ja jetzt gemeinsam sehr klar ihre Haltung zu Russland und zur Ukraine kommuniziert. Das fand ich sehr wichtig.

Bis sich die SPD bewegt hat, hat es aber lange gedauert.

Wir haben mit Annalena Baerbock eine sehr gute Außenministerin, die einen klaren Kompass hat. Und es ist wichtig, dass wir sie haben.

Und wie beurteilen Sie die Einlassungen von Ex-Kanzler Gerhard Schröder?

Ich finde es grundsätzlich nicht richtig, wenn Lobbyisten sich so in politische Entscheidungen einmischen.

Ihre Parteifreundin Renate Künast ist wegen drastischer Beschimpfungen im Netz bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen.

Es war unglaublich wichtig, dass Renate Künast diesen Weg gegangen ist und das Gericht nun ein Stoppschild gesetzt hat. Das wird für viele Menschen, die davon von Hass im Netz betroffen sind, eine Ermutigung sein. Wer hetzt dem drohen Konsequenzen. Es ist höchste Zeit, Betroffene besser zu schützen.