Nicole Grünewald, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK), über das schwierige Verhältnis zwischen Verwaltung und Politik und wie Parteitaktik die Stadt blockiert.
IHK-Präsidentin über die Probleme in der Stadt„Sand im Getriebe“ – Deshalb geht es in Köln so langsam voran
Frau Grünewald, in Köln geht vieles nur langsam voran. Es dauert Jahre, bis große Bauprojekt überhaupt angefangen werden, Ankündigungen aus Politik und Verwaltung folgen oft keine Taten. Woran liegt das?
Meiner Meinung nach liegt das daran, dass zwischen Stadtrat und Verwaltung die Aufgabenteilung nicht stimmt. Laut Kommunalverfassung ist der Rat dafür da, die Richtung vorzugeben und die Leitplanken festzulegen. Die Verwaltung bringt die Vorlagen ein und sorgt für die operative Umsetzung der Beschlüsse. Das ist auch sinnvoll und funktioniert in vielen Städten sehr gut. In Köln wird das aber schon seit vielen Jahren so nicht gelebt – und das sorgt dann für Sand im Getriebe.
Warum ist das in Köln anders als in anderen Städten?
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Ich könnte mir gut vorstellen, dass das auch mit gegenseitigem Vertrauen zusammenhängt. Ich habe das selbst in der IHK erlebt. Wenn man kein Vertrauen in die andere Seite hat, mischt man sich eher in die Bereiche des anderen ein. Dann übernimmt man als Ehrenamt gerne auch mal die operative Rolle. Das kann aber nicht Sinn der Sache sein. In der IHK haben wir jetzt eine Vertrauenskultur, seither läuft es. Ich würde mir auch in der Stadt Köln eine Vertrauenskultur zwischen Verwaltung und Politik wünschen. Wir haben in der Verwaltung viele gute Fachleute, in die man Vertrauen setzen sollte.
Aber die Beschlüsse aus dem Stadtrat, die die Verwaltung umsetzen soll, sind mitunter ebenfalls wenig stringent.
Erstmal ist es Aufgabe der Verwaltung, Vorlagen einzubringen. Das sollte sie souverän tun. Doch zum Rat: Ich glaube wirklich daran, dass alle, die sich hier im Rat engagieren, das Beste für Köln wollen. Doch dazu gehört auch eine Entscheidungskultur. Das bedeutet: Ich darf Beschlüsse nicht aus parteitaktischen Gründen immer und immer wieder vertagen. Und wenn man eine Entscheidung gefällt hat, dann muss diese auch Bestand haben. Ein Beispiel: Wir hatten im Jahr 2018 eine Ratsmehrheit, die für eine Tunnellösung für die Ost-West-Achse war. Doch die zwei großen Fraktionen wollten nicht miteinander stimmen, und so wird dieses Thema seit vier Jahren geprüft, obwohl die Tunnellösung das Beste für Köln wäre. Dann gab es im Sommer 2020 den Beschluss zur Erweiterung des Geißbockheims des 1. FC Köln im Grüngürtel, der aber seither nicht umgesetzt wird. Wenn ich in der Verwaltung an diesen Vorlagen mitgearbeitet hätte, würde mich das ziemlich demotivieren. Ich verstehe auch nicht, warum man nicht für Vorschläge anderer demokratischer Parteien stimmt, wenn diese gut für die Stadt sind.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist Chefin der Verwaltung und leitet die Ratssitzungen. Wie sehen Sie ihre Rolle?
Die Oberbürgermeisterin hat von Anfang klargemacht, dass sie sich als Moderatorin zwischen Verwaltung und Politik sieht – und die Politik unterstützt das.
Was müsste also geschehen, um die Blockade aufzulösen?
Ich würde mir wünschen, dass wir hier in Köln zu einer Vertrauens- und Entscheidungskultur kommen. Das bedeutet, dass Verwaltung und Politik ihre Rollen übernehmen: Die Verwaltung sollte selbstbewusst Vorlagen erarbeiten – und die Politik sollte Entscheidungen treffen, die Bestand haben, und die operative Umsetzung der Verwaltung überlassen. Das muss möglich sein, denn es funktioniert in anderen Städten ja auch. Darüber hinaus wäre natürlich eine gute Beteiligungskultur wichtig, denn auch wir als IHK möchten Verantwortung für unsere Stadt übernehmen und uns konstruktiv in die Entscheidungsvorbereitungen einbringen.