AboAbonnieren

Sorgen und ZweckoptimismusWie Kölner auf steigende Preise im Supermarkt reagieren

Lesezeit 4 Minuten
einkaufen2

Die Erzieherin Josephine Graz spürt die steigenden Preise deutlich.

Köln – Beschweren will sich Martina Kobeltz nicht, sie komme ja noch einigermaßen über die Runden: „Ich gehöre noch zu den gut situierten Menschen“, sagt die 59-Jährige, nachdem sie ihren Supermarkt-Einkauf in einem alten Ford-Kombi verstaut hat. Martina Kobeltz ist Hartz-IV-Empfängerin, stockt ihr Einkommen mit einem Minijob auf. Sparsam zu leben ist sie gewohnt. „Aber wie die Menschen, die nur von Hartz IV leben, gerade zurechtkommen, das kann ich mir nicht vorstellen.“

Im Juli betrug die Inflation rund 7,5 Prozent, so stark sind die Preise seit 50 Jahren nicht mehr angestiegen. Längst spürt man die steigenden Preise auch an der Supermarktkasse. Um etwa 12 Prozent sind die Preise für Nudeln, Öl, Gemüse und Co. im Vergleich zum letzten Jahr gestiegen. In einer Umfrage von McKinsey geben drei Viertel der Menschen an, bereits jetzt anders einzukaufen. Wie gehen die Kölnerinnen und Kölner damit um? Wir haben vor Supermärkten nachgefragt.

„Schock“ beim Blick auf Benzin- und Gaspreise

Für Martina Kobeltz beuteten die steigenden Preise jedenfalls, dass sie nun noch mehr Zeit fürs Einkaufen einplanen muss: „Ich durchsuche Prospekte nach Angeboten und plane meine Einkäufe danach, wo es die besten Angebote gibt.“ Gar nicht so einfach sei das. Manchmal sind die Waren gar nicht günstiger, sondern die Verpackungen nur kleiner. Da müsse man aufpassen. Doch mit all dem kommt Kobeltz zurecht, „einen Schock“ befällt sie allerdings, wenn sie sich die Preisentwicklung bei Benzin und Gas anschaut.

Louisa Wirtz und Nico Auer wollen sich von den steigenden Lebensmittelpreisen nicht die Laune verderben lassen. Die beiden 28-Jährigen wohnen gemeinsam in einer Dreier-WG. Gerade haben sie ihren Wocheneinkauf in ihrem Opel-Kleinwagen verstaut. Hier beim Discounter kaufen sie vor allem Grundnahrungsmittel ein: Öl, Gewürze, Butter. Auch die ein oder andere Tiefkühlpizza darf nicht fehlen.

107 Euro haben die beiden dafür an der Supermarktkasse gelassen. Der Preis habe sie schon überrascht. „Vor ein paar Monaten hätten wir dafür nur 80 Euro gezahlt“, sagt Auer, der im Marketing arbeitet.

einkaufen1

Louisa Wirtz und Nico Auer lassen sich die Laune von ihrem Einkauf nicht verderben.

Ihren Einkaufsstil hätten sie noch nicht ändern müssen. „Ich muss auch nicht jeden Cent umdrehen, in der WG leben wir nicht am Limit“, sagt Wirtz, die Tourismusmanagment studiert. Sollte es mal eng werden, würde ihr Vater aushelfen können.

Vergleichsweise gut geht es auch Josephine Graz. Und doch ist auch die Erzieherin überrascht beim Blick auf den Kassenzettel. Der halbe Wocheneinkauf für sich und ihren Partner hat Graz 60 Euro gekostet. „Und das ohne Kaffee oder Fisch, was sonst den Preis in die Höhe treibt.“

Sparen für die Hochzeit kaum möglich

Gemeinsam mit ihrem Partner wohnt Graz in einer Genossenschaftswohnung. „Unsere Miete ist wirklich günstig, da haben wir Glück.“ Ihr Partner hat lange als Finanzexperte bei einer Versicherung gearbeitet. Er wisse, wo und wie man Geld sparen könne. Die beiden bestellen selten, kochen alles selbst und kommen deswegen auch gut mit der Inflation zurecht. Graz‘ Partner hat sich während der Corona-Pandemie dazu entschieden, nochmal zu studieren. „Durch die steigenden Preise ist das natürlich ein schwieriger Zeitpunkt.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Verzichten müssen die beiden trotzdem nicht. Doch Sparen wird immer schwieriger. Eigentlich wollten sich Graz und ihr Partner bald den Traum von einer Hochzeit erfüllen. Durch die Inflation können sie allerdings kaum noch Geld dafür zurücklegen.

Wie man mit wenig Geld auskommt, weiß Angela Schmitz (Nachname geändert). Die 48-Jährige ist Frührentnerin und weiß, was es heißt, jeden Cent umdrehen zu müssen. „Ich blättere vorher die Prospekte durch und gehe nur mit Einkaufszettel vor die Tür.“ Durch die Inflation sei das zwar schwieriger geworden, aber auch Schmitz will sich nicht beschweren. Ganz im Gegenteil blickt sie optimistisch in die Zukunft, selbst wenn es nur Zweckoptimismus sein sollte: „Ich rege mich nicht auf. Ändern kann man sowieso nichts. Und irgendwann wird die Inflation auch wieder vorüber sein“, hofft sie.