Interview zur Veedel-UmbenennungWarum den Kölnern ihre Veedel so wichtig sind
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Die Kölner Veedel umbennen? Wisschenschaftler Klaus Zehner hält das für eine gute Idee.
Er meint: Köln ist eine Stadt, die sich aus vielen kleinen Einheiten zusammensetzt, und nicht aus wenigen Großen.
Im Interview erklärt er, was es mit den Kölner Veedeln auf sich hat, und warum sie für die Kölner so wichtig sind.
Herr Prof. Zehner, was halten Sie von der Initiative im Stadtrat, die räumliche Aufteilung der Innenstadt zu ändern und sich von Bezeichnungen wie Neustadt-Nord zu verabschieden? Künftig sollen die Stadtteile so wie die Veedel heißen, Pantaleonsviertel zum Beispiel und Belgisches Viertel.Klaus Zehner: Das ist eine pfiffige Idee, die längst überfällig ist. In der Bevölkerung gärt der Wunsch nach etwas griffigeren Bezeichnungen schon lange. Natürlich ist es richtig, dass Köln noch andere Probleme zu lösen hat. Aber das bedeutet ja nicht, dass man sich nicht auch mit einer solchen Angelegenheit beschäftigen kann.
Woran machen Sie aus, dass es in der Bevölkerung gärt?
Ich denke, die kleinräumigeren Gebiete, die Stadtviertel also, sind die Bezugsräume, in denen sich die Menschen zu Hause fühlen; in denen sie sich bewegen, in denen sie ihren Freundeskreis haben, in denen sie abends mit dem Hund spazieren gehen, in denen ihre Kneipen sind. Das trifft eben nicht zu in so großen Räumen wie etwa der Neustadt-Nord. Insofern ist es sinnvoll, kleinere Einheiten zu benennen, mit denen sich die Bewohner identifizieren.
Würde sich dadurch denn irgendetwas für die Bewohner ändern?
Ich gehe davon aus, dass sehr viele Bewohner so etwas wie ein kölsches Bewusstsein haben. Wenn sich das dann zum Beispiel im Personalausweis widerspiegelt, unterstreicht das das Heimatgefühl, das Identitätsgefühl.
Könnte es etwa sein, dass Kölnerinnen und Kölnern Heimatgefühle besonders wichtig sind?
In vielen Liedern wird ja das kölsche Viertel besungen, nicht nur im Karneval. Köln ist eine Stadt, die sich aus vielen kleinen Einheiten zusammensetzt, und nicht aus wenigen Großen. Von daher gesehen kann ich mir durchaus vorstellen, dass diese Dörfer in der Stadt Identitätsräume sind, in denen man sich wiederfindet.
Was ist unter einem Veedel zu verstehen?
Da wäre erst einmal das Gefühl der Geborgenheit. In meinem Veedel, da wohnen meine Freunde, da gehe ich einkaufen, kenne ich mich aus.
Ist in einem Veedel die Bebauung einheitlich, gibt es eine homogene Einwohnerschaft?
Das muss man differenziert betrachten. Wenn Sie sich beispielsweise die Altstadt ansehen, wird klar, dass diese aus siedlungsgeografisch sehr unterschiedlichen Teilen besteht. Kleinteilige Wohnviertel gehören ebenso dazu wie die City mit großen Gebäuden und Geschäften. Die Kölner Neustadt, die vor mehr als 100 Jahren außerhalb der Stadtmauer errichtet worden ist, wirkt da schon eher wie aus einem Guss.
Zur Person
Prof. Klaus Zehner (62) lehrt am Geografischen Institut der Kölner Universität. Nach dem Studium der Mathematik, der Geografie und der Philosophie schrieb er eine Doktorarbeit zum Thema „Stadtteile und Zentren in Köln“. (adm)
Mit Bewohnern, die überwiegend der gleichen sozialen Schicht angehören?
Nein, die Neustadt war von Beginn an als eine sozial differenzierte Stadterweiterung geplant. Die vornehmen Viertel lagen um begrünte, ruhige Plätze wie Stadtgarten, Volksgarten oder Rathenauplatz. Die Wohnquartiere für die ärmeren Leute lagen in der Nähe von Bahnhöfen und Gleisanlagen, zum Beispiel am Südbahnhof und Hansaring. Durch Gentrifizierung ist das Muster später noch einmal verändert worden.
Sie haben vor mehr als 30 Jahren versucht, die Verbundenheit der Menschen mit ihrem Veedel zu erforschen. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
Wir haben uns gefragt: Wo ist Heimat ganz besonders stark ausgeprägt? Damals war der Wohnungsmarkt noch relativ entspannt, man hatte also mehr Auswahl als heute. Wir haben angenommen, das Heimatgefühl ist dort besonders stark ausgeprägt, wo relativ viele Leute bei einem Umzug in der Nähe ihrer alten Wohnung bleiben.
Wo war die Verbundenheit mit dem Veedel besonders stark?
Die größte Treue zum Veedel bestand im Belgischen Viertel, im Severinsviertel und in der Südstadt, die damals vor ihrer ersten Gentrifizierungswelle stand.
Wie viele Quartiere haben Sie unterschieden?
Wir haben in der linksrheinischen Innenstadt 31 Viertel ausgemacht, darunter auch weniger bekannte wie das Kapitolsviertel, das Komponistenviertel um die Mozartstraße und das Viertel um den Südbahnhof.
Kommen wir noch einmal auf die Initiative im Stadtrat zu sprechen: Soll das Zentrum tatsächlich in 31 kleine Bezirke unterteilt werden?
So um die 20 Stadtviertel, das wäre eine vernünftige Zahl.
Was ist mit anderen Stadtbezirken? Bocklemünd/Mengenich und Roggendorf/Thenhoven zum Beispiel? Solche Doppelnamen klingen auch nicht gerade schön.
In einigen Fällen wäre eine Umbenennung ganz bestimmt sinnvoll. Vielleicht nicht unbedingt in der ersten Runde, aber auf längere Sicht wäre es gut, eine etwas differenziertere Gliederung zu entwickeln.
Wie sieht es mit den Kosten aus?
Mit ein bisschen Herumzeichnen im Stadtplan ist das nicht getan. Sie müssen mit der Bevölkerung sprechen, Daten erheben, die bestmögliche Lösung ableiten und mit Fachleuten erörtern. Aber die Stadt gibt so viel Geld für Gutachten aus, da halte ich Investitionen in eine der Mentalität Kölns entsprechende Gliederung für gerechtfertigt.