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Bundesweit auf Platz fünfIst die Kalker Hauptstraße wirklich die gefährlichste Straße Kölns?

Lesezeit 4 Minuten
Die Kalker Hauptstraße. Blickrichtung Westen

Laut Allianz Direct ist die Kalker Hauptstraße die gefährlichste Straße der Stadt (Archivbild).

Eine Versicherung hat die gefährlichsten Straßen Deutschlands analysiert, die Kalker Hauptstraße ist auf Platz fünf. Doch es gibt Zweifel an der Analyse.

Egal ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto: Wer öfter mal im Feierabendverkehr auf der Kalker Hauptstraße unterwegs ist, den wird das Ergebnis einer Verkehrsanalyse des Versicherers Allianz Direct kaum überraschen. Demnach handelt es sich bei der Kalker Hauptstraße um eine der gefährlichsten Straßen in ganz Deutschland. Mit 55 Unfällen im vergangenen Jahr, fünf davon schwer, landet sie bundesweit auf Platz fünf.

Laut der Analyse sind in Nordrhein-Westfalen nur die Hammer Straße in Münster (59 Unfälle) und die Trierer Straße in Aachen (63 Unfälle) gefährlicher. Letztere landet in dem Ranking sogar bundesweit auf Platz eins. Sie ist laut Allianz Direct die gefährlichste Straße Deutschlands. In Köln folgen die Aachener Straße (42 Unfälle) und der Höninger Weg in Zollstock (36 Unfälle) auf Platz zwei und drei der gefährlichsten Straßen der Stadt.

Überraschend ist das Ranking auf den zweiten Blick aber durchaus. Denn in den vergangenen Jahren landeten andere Kölner Orte auf den vorderen Plätzen ähnlicher Analysen. So etwa der Bereich rund um den Zülpicher Platz, den Hohenstaufenring und die Jahnstraße. Laut Unfallatlas, der vom Landesamt für Statistik jedes Jahr herausgegeben wird, ist dieser Kreuzungsbereich der gefährlichste der Stadt – und der gefährlichste in ganz Nordrhein-Westfalen, dicht gefolgt vom Bereich Aachener Straße/Innere Kanalstraße/Universitätsstraße. Die Kalker Hauptstraße taucht in diesem Ranking nicht mal in den Top fünf auf. Wie lassen sich diese Unterschiede erklären?

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Viele Dooring-Unfälle auf Kalker Hauptstraße

Der Hauptunterschied: Während der Unfallatlas Kreuzungsbereiche fokussiert, betrachtet die Analyse der Allianz ganze Straßen. Um große und kleine Straßen besser miteinander vergleichen zu können, wurden die Straßen nach Postleitzahlen unterteilt. „Wenn eine lange Straße sich also über mehrere PLZ-Gebiete erstreckt, wurde sie in diese Abschnitte unterteilt und im Ranking separat aufgeführt“, erklärt Janina Arndt, Sprecherin der Allianz Direct.

Roman Suthold vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) hat trotzdem Zweifel an der Aussagekraft der Statistik. „Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Selbst wenn man die Straßen nach Postleitzahlen unterteilt, sind die Unterschiede zwischen einzelnen Straßen zu groß, um wirklich zu sagen: Das ist die gefährlichste Straße Kölns.“ Die Methodik des Unfallatlasses, in der einzelne Kreuzungsbereiche miteinander verglichen werden, hält er für „seriöser.“ Insgesamt müsse man in solchen Analysen auch die Verkehrsbelastungen auf der jeweiligen Straße stärker berücksichtigen. „Wo viele Verkehrsteilnehmer unterwegs sind, gibt es logischerweise auch mehr Unfälle. Dabei kann eine Nebenstraße, auf der viel weniger Verkehr ist mit drei Unfällen im Jahr manchmal deutlich gefährlicher sein als eine Hauptstraße.“

Dennoch räumt Suthold ein, dass auf der Kalker Hauptstraße Handlungsbedarf bestehe. „Der Fuß- und Radverkehr hat dort in den vergangenen Jahren nach meiner Wahrnehmung deutlich zugenommen. Das passt mit den baulichen Gegebenheiten dort nicht mehr zusammen.“ Eine Umwandlung der Straße könne aber nicht von heute auf morgen geschehen. „Man kann der Stadt aus meiner Sicht nicht vorwerfen, dass sie dort nichts tun würde.“

Auch Christoph Schmidt vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) sieht die Methodik der Auswertung kritisch, sagt aber auch: „Mit der Kalker Hauptstraße hat die Allianz einen Treffer gelandet. Die Situation dort ist für alle schwierig. Autos stehen im Stau, für alle anderen ist es gefährlich.“

Kalker Hauptstraße: Umgestaltung zur Einbahnstraße?

Die Probleme auf der Kalker Hauptstraße sind der Stadt bekannt: „Das Unfallgeschehen ist, von Jahr zu Jahr betrachtet, an unterschiedlichen Abschnitten auf der Kalker Hauptstraße auffällig“, sagt ein Sprecher der Stadt zu den Ergebnissen der Studie. In der Vergangenheit sei es zu vielen verschiedenen Konflikten gekommen. „Auffällig häufig kommen ‚Dooring‘-Unfälle vor, sowie andere Konflikte zwischen Ein- und Ausparkenden und dem Radverkehr.“

Tatsächlich hat der Verkehrsausschuss die Verwaltung bereits 2022 mit einer Umgestaltung der Kalker Hauptstraße beauftragt. Dazu sollten auch die Anwohner in Kalk bei einer Öffentlichkeitsbeteiligung befragt werden. Deren Urteil jedenfalls fiel klar aus: Dass sich etwas auf der Kalker Hauptstraße ändern muss, ist unter den Kalkern unbestritten. 79 Prozent aller Befragten sprachen sich für Verbesserungen für Radfahrer aus. 73 Prozent wünschen sich, dass weniger Autos auf der Kalker Hauptstraße unterwegs sein sollen. „So wie es ist, ist es Mist“, fasste Bezirksbürgermeisterin Claudia Greven-Thürmer ihre Gespräche mit Bürgern zusammen.

Doch wie genau die Straße umgestaltet wird, steht noch nicht fest. Im Raum steht unter anderem, dass die Kalker Hauptstraße zwischen Rolshover Straße und Kapellenstraße zur Einbahnstraße werden könnte. Doch die Polizei und das Evangelische Krankenhaus haben Bedenken angemeldet, weil sie in beiden Richtungen unterwegs sein möchten. Im ersten Quartal des kommenden Jahres soll ein Gespräch zwischen Verwaltung, Verkehrsausschuss und Bezirksvertretung für Klarheit sorgen. Der ADFC jedenfalls plädiert für die Einbahnstraße: „Im Endeffekt geht es wieder um die Frage: Priorisiert man den Autoverkehr oder die Sicherheit?“