Seit Jahren steht die fast fertige Rettungshubschrauber-Station auf dem Kalkberg leer. Nun plant die Bürgerinitiative Kalkberg Aktionstage.
„Lost place“ in KölnSo geht es mit dem Millionengrab Kalkberg weiter
Eines der größten Millionengräber der Stadt Köln soll nach dem Willen von Boris Sieverts nächsten Sonntag von 14 bis 18 Uhr zum Treffpunkt für Hunderte Menschen werden, um dort zu essen, zu trinken und Boule zu spielen. Das Motto: Die Besucher sollen den Sommer eröffnen.
Sieverts hat für die Bürgerinitiative Kalkberg (BI) auf eben jene frühere Altlastendeponie geladen, auf der seit mittlerweile acht Jahre die zu rund 90 Prozent fertige Rettungshubschrauber-Station der Stadt Köln leer steht. 30,5 Millionen Euro waren für die Station samt der aufbereiteten Halde vorgesehen, die aber 2014 ins Rutschen kam. Es bedeutete den Anfang vom Ende – dort ist nie ein Hubschrauber gestartet, um Menschen im Umkreis von 50 Kilometern schnell ins Krankenhaus zu bringen (siehe Chronik am Ende des Textes).
Doch die Stadt Köln hält von Sieverts Idee wenig. Sie teilte mit, dass Sieverts und die BI „selbstständig, unautorisiert und ohne Zustimmung der Stadt Köln eingeladen“ haben. Eine Genehmigung erscheint laut Verwaltung aus rechtlichen und versicherungstechnischen Gründen nicht möglich.
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Bei einem Besuch am Freitag wirkt der Kalkberg wie ein sogenannter „Lost place“, also ein verlassener Ort, die interessant sind für Touristen, die abseits der üblichen Pfade unterwegs sind. Aber verlassen ist der Kalkberg nicht, rund um die Uhr bewachen Arbeiter den leeren Hangar. 300.000 Euro kostet der Unterhalt die Stadt jährlich.
Bürgerinitiatve Kalkberg in Köln: Lassen uns nicht alles gefallen
Von der Bewachung und dem Zaun rund um das Gelände will sich Sieverts nicht abhalten lassen. Er hält an der Einladung für nächsten Sonntag fest, er sagte: „Der Zaun ist an einigen Stellen durchlässig. Ich gehe davon aus, dass unser Treffen stattfindet. Es wird keine militante Besetzung, aber es soll die Geste sein: Wir lassen uns nicht alles gefallen.“
Die Sätze dokumentieren, dass der Kalkberg weiter ein Politikum ist. Sieverts misstraut der Stadt, laut seiner Aussage besteht der harte Kern der BI aus rund 70 Mitgliedern. Er sagte: „Wir wollen ein Signal, dass die Stadt es ernst meint mit der Umnutzung.“ Er hat weitere drei Termine für Juni, August und September auf dem Kalkberg geplant, unabhängig vom Veto der Stadt.
Im Herbst 2020 hatte der Stadtrat das Aus der Station beschlossen, der Hangar gammelt vor sich hin. Er war vorgesehen für die zwei Hubschrauber inklusive je drei Besatzungsmitgliedern. Sie fliegen seit 2008 vom Flughafen Köln/Bonn.
Die Verwaltung hat angekündigt, wohl bis Juli dem Rat vorzulegen, wie es weitergehen könnte. Zunächst soll der Baustopp aufgehoben werden. Laut Vize-Feuerwehrchef Volker Ruster geht es aber nicht darum, den Hangar fertig zu bauen, vielmehr sollen Arbeiter ihn „verschlussfertig“ machen, ihn also vor den gröbsten Wettereinflüssen und vor Eindringlingen schützen. Aktuell ersetzt ein Gerüst samt Plane die beiden Hangar-Tore, die nie eingebaut worden sind. Einen niedrigen einstelligen Millionen-Betrag sollen alle Arbeiten kosten.
Zudem soll eine Studie klären, was dort oben nahe der Zoobrücke an alternativen Nutzungen möglich ist. Dabei will die Stadt später im Jahr die Bevölkerung beteiligen. Vize-Feuerwehrchef Volker Ruster schränkte aber ein: „Die Baugenehmigung gilt nur für den Betrieb einer Rettungshubschrauberstation.“ Heißt: Soll es ein öffentlich zugänglicher Ort werden, braucht es vermutlich neue Verfahren. Die Feuerwehr ist für den Kalkberg noch zuständig, im Laufe des Jahres soll er zum Dezernat für Liegenschaften von William Wolfgram wechseln.
Ruster ließ am Freitag aber durchblicken, dass die Feuerwehr den Standort weiter für geeignet hält, er sagte: „Es geht darum, dass die Rettungshubschrauber so starten, dass sie im Ernstfall überall in unserer Stadt, wo Menschen Hilfe benötigen, innerhalb kürzester Zeit ankommen. Der Kalkberg wäre aus geographischen Gesichtspunkten weiterhin ein geeigneter Standort.“ Und: „Wir haben die Bedenken zur Standsicherheit des Gebäudes sehr ernst genommen und deshalb ein kontinuierliches Monitoring beauftragt.“
Beim Termin vor Ort verweist er auf eine Masse, die seit 2015 auf den Setzrissen in den Wänden angebracht ist und augenscheinlich unbeschädigt ist. Das Signal soll sein: Der Berg ist sicher.
Ist es also vorstellbar, dass der Kalkberg möglicherweise wieder zu einer Option wird als Rettungshubschrauberstation, wenn er nun durch Baumaßnahmen besser vor dem Verfall geschützt wird? Die technischen Anlagen werden ja weiter betrieben, um sie funktionsfähig zu halten.
Aktuell erscheint das unrealistisch und auch die Verantwortlichen des Flughafen Köln/Bonn gehen nach 15 Jahren Interim in Containern nicht von einem schnellen Ende aus. Ein Sprecher teilte mit: „Die Flughafen Köln/Bonn GmbH (FKB) ist bei ihren Prüfungen gemäß der Anforderungen für eine Hubschrauberstation an einem neuen Standort beziehungsweise neuen Position auf dem Flughafengelände zu dem Ergebnis gekommen, dass hierfür höchstwahrscheinlich ein Planfeststellungsverfahren notwendig wird. Daher haben die Stadt und FKB vereinbart, die jetzt in Betrieb befindliche Containeranlage längerfristig zu nutzen.“
Chronik
2002: Der Standort für die Rettungshubschrauber am Klinikum Merheim erfüllt nicht mehr die Sicherheitsanforderungen.
2005: Rat beschließt Bau der Rettungshubschraubersituation auf dem Kalkberg.
2008: Ab 1. April sind die Rettungshubschrauber „übergangsweise“ am Flughafen Köln/Bonn stationiert.
2011: Die damalige Geschäftsführung des Flughafens lehnt eine dauerhafte Station am Airport ab.
2014/2015: Erste Risse in Wänden, Abrutschen der Halde. Baustopp durch den Rat
2020: Rat beschließt das Aus für die Station auf dem Kalkberg, Stadt soll mit Flughafen über dauerhafte Unterbringung reden, obwohl ein Gutachten sagt: Der Kalkberg ist geeignet.
2023: Machbarkeitsstudie, was auf dem Kalkberg an Alternativen möglich ist.