Dennoch zieht das Ordnungsamt ein positives Fazit des historischen Einsatzes in Merheim. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ war bei der Abschlussbesprechung dabei.
Evakuierung in KölnSchäden an mehreren Wohnhäusern nach Sprengung der Bombe am Klinikum Merheim
Ein letztes Mal hat Ordnungsamtsleiter Ralf Mayer die „Merheimer Runde“ im Stadthaus in Deutz zusammengerufen. Abschlussbesprechung vier Tage nach dem Bombeneinsatz in Köln-Merheim am vergangenen Freitag. Was war gut? Was war schlecht? Was muss besser werden?
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat die Runde seit drei Monaten begleitet und über die stadtinternen Vorbereitungen des historischen Einsatzes berichtet. Es war die aufwendigste Evakuierung wegen einer Weltkriegsbombe in Köln seit 1945 – vor allem wegen der Räumung des Krankenhauses Merheim und der LVR-Klinik.
Köln: Hochgeschleuderter Erdklumpen durschlug ein Dach
Auf dem Tisch stehen Törtchen und Cola, der Chef hat sie mitgebracht als Dank an alle im Raum, die den Einsatz mitgeplant haben. Für Einsatzleiter Johannes Brauns („Du hattest immer den Überblick, das war eine herausragende Leistung“) und seinen Kollegen Jan Leipertz vom Fachbereich Kampfmittelangelegenheiten gibt es Blumen. „Wir waren alle gut“, sagt Mayer, und an Leipertz gewandt: „Aber Sie waren richtig stark. Ihre Einschätzungen im Vorfeld haben zu 100 Prozent gepasst.“
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In Merheim fand der Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD) der Bezirksregierung Düsseldorf eine amerikanische Zehn-Zentner-Bombe mit zwei Aufschlagzündern vorne und hinten. Die Entschärfer hatten sie Freitagabend kontrolliert gesprengt, weil der vordere Zünder nicht entfernt werden konnte. Das Erdloch, in dem die Bombe lag, wurde vorher mit Sand gefüllt und mit Seecontainern zugestellt, um die Sprengwirkung abzumildern.
Und dennoch gab es anschließend Schäden an Häusern zu beklagen. Sechs Eigentümer sind bisher betroffen. Ein durch die Sprengung hochgeschleuderter Erdklumpen durchschlug ein Dach. Außerdem wurden eine Garage, Zäune, eine Holzlaube und Fenster eines Wintergartens beschädigt. Weil die Häuser innerhalb des Evakuierungsradius‘ lagen, war niemand daheim, Menschen wurden nicht verletzt.
Vanessa Nolte, Sprecherin der Bezirksregierung Düsseldorf, teilte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage mit, dass Starkregenfälle den Boden „stark durchnässt“ hätten. Dadurch sei das Erdreich aufgelockert worden. „Infolgedessen kam es durch die Erdbrocken zu vereinzelten Schäden. So etwas lässt sich leider nicht im Vorfeld ausschließen.“
„Das zeigt auf jeden Fall, dass wir nicht evakuieren, um die Leute zu schikanieren, sondern dass es wirklich lebenswichtig ist, dass alle im Evakuierungsbereich ihre Häuser und Wohnungen verlassen“, sagt Ralf Mayer vor der Runde im Stadthaus. „Wir sind noch am Freitagabend zu den betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern rausgefahren und haben mit ihnen gesprochen.“
Einsatzleiter Johannes Brauns habe dafür gesorgt, dass das THW und die Feuerwehr die Schäden sofort notdürftig behoben hätten. In den Tagen danach verteilte das Ordnungsamt Infozettel in der Nachbarschaft, darauf steht: „Sollten Sie im Nachgang zur kontrollierten Sprengung der Weltkriegsbombe offensichtliche Schäden an Sachgütern auf Ihrem Grundstück feststellen, können Sie sich gerne an das Ordnungsamt der Stadt Köln wenden. Wir beraten Sie über die weitere Vorgehensweise.“
Wer letztlich für die Kosten der Reparaturen aufkommt, ist noch unklar. Entschädigungsansprüche gegen die für den Gesamteinsatz verantwortliche Ordnungsbehörde seien gesetzlich ausgeschlossen, heißt es auf dem Flugblatt. Private Versicherungsverträge enthielten häufig „Kriegsausschlussklauseln“, die jedoch umstritten seien. Es gebe aber eine Zusage des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft, Schäden aus Kulanz zu regulieren – was in der Praxis bisher auch geschehen sei.
Die Evakuierung der 6400 Anwohner habe reibungslos geklappt, resümiert Mayer. „Der erste Klingelrundgang war nach gerade mal 50 Minuten abgeschlossen. Das ist eine Sensation“, pflichtet eine Kollegin bei. Gerechnet worden war eher mit drei bis vier Stunden. Aber wegen der guten Infoarbeit im Vorfeld, zum Beispiel Flugblättern im Briefkasten, hätten die Anwohner frühzeitig Bescheid gewusst.
Doch es gibt auch Kritik: „Die Verpflegung müssen wir beim nächsten Mal anders angehen“, sagt ein Mitarbeiter der Beschaffungsstelle. Am Ende waren noch Brötchen, Lunchpakete und Kaffee übrig. „Das war natürlich auch eine dicke Nummer, wir mussten ja alle mitverpflegen, auch die Feuerwehr und das THW“, sagt Mayer. Insgesamt weit über 1000 Einsatzkräfte. Aber es war unklar, wie lang der Einsatz dauern würde, eine verlässliche Verpflegung schwer zu planen. „Vielleicht versuchen wir es beim nächsten Mal mit einer mobilen Cateringküche“, schlägt der Mitarbeiter aus der Beschaffung vor. Immerhin in einem Punkt sind sich alle im Raum einig: Es geht nur um die Quantität. „Qualitativ war das Essen super“, sagt Mayer.
Ebenfalls schwer planbar war die Zahl der benötigten Mitarbeiter. Hatte die „Merheimer Runde“ sich noch vor drei Monaten den Kopf darüber zerbrochen, wo man ausreichend Personal für die Evakuierungen finden könnte, mussten am Freitag dann gar nicht alle eingreifen. Auch das soll noch einmal nachbereitet werden. Mayer schlägt vor, eine Art Arbeitskreis zu schaffen, der Großeinsätze wie den in Merheim künftig plant und durchführt.
Dass der gesamte Einsatz nahezu perfekt lief, war der umsichtigen Vorbereitung geschuldet – aber nicht nur, das weiß auch der Ordnungsamtschef. Denn letztlich stellte sich nur eines von insgesamt 21 „verdächtigen Objekten“ in der Erde als scharfer Blindgänger heraus, der Rest waren Metallschrott oder harmlose Munitionsteile. Schon bei zwei oder drei Bomben wäre der Evakuierungsradius wohl noch größer ausgefallen. „Man kann schon sagen“, fasst Mayer zusammen, „dass wir einfach auch Riesenschwein hatten.“