Der Kölner Kardinal Rainer Woelki legt im Streit über seinen Kenntnisstand zum Missbrauchsfall des früheren „Sternsinger“-Präsidenten Winfried Pilz mit einer dritten eidesstattlichen Versicherung nach. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der Falschaussage.
Kölner KardinalWoelki gibt dritte eidesstattliche Versicherung zum Fall Pilz ab
Kardinal Rainer Woelki hat seine Position bekräftigt, vom Missbrauchsfall des früheren „Sternsinger“-Präsidenten Winfried Pilz bis Ende Juni 2022 keine Kenntnis gehabt zu haben. In seinem Rechtsstreit mit der „Bild“-Zeitung gab Woelki hierzu eine dritte eidesstattliche Versicherung ab. Das Dokument vom 12. Dezember liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor.
Darin geht es um eine Täterliste, die die frühere Assistentin des Personalchefs im Erzbistum, Hildegard Dahm, Anfang 2015 für Woelki erstellt hatte. In dem Dokument mit insgesamt 14 Namen, das Woelki nach Angaben des früheren Interventionsbeauftragten Oliver Vogt i mWDR erhalten haben soll, ist der Fall Pilz aufgeführt.
„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich diese Liste erhalten habe, dass ich diese Liste zur Kenntnis genommen, also angesehen habe“, schreibt Woelki in einer eidesstattlichen Versicherung vom 12. Dezember. Somit könne er sich auch nicht daran erinnern, dass er auf dieser Liste den Namen Pilz gesehen habe, schreibt Woelki weiter.
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Dahm hatte in einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ im November von der Existenz der Liste berichtet und der Angabe Woelkis widersprochen, dass er erst im Juni 2022 mit dem Fall Pilz „befasst“ worden sei. Der Personalchef habe die von ihr erstellte Liste in ein Gespräch mit Woelki Anfang Januar mitgenommen und nicht wieder mit zurückgebracht. „Mag sein, dass er sich das Blatt mit Pilz und den anderen 13 Namen nicht angeschaut hat“, sagte Dahm im Interview. „Aber ‚befasst‘ habe ich ihn damit. Ganz eindeutig. Deshalb war ich auch so entsetzt über die Selbstdarstellung des Kardinals in der Öffentlichkeit.“
Nach Dahms Interview leitete die Kölner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Woelki wegen des Verdachts einer strafbaren Falschaussage ein. Auch in einem zweiten Fall ermittelt die Behörde gegen Woelki wegen Falschaussage. Hier geht es um Woelkis Kenntnisstand über einen des Missbrauchs verdächtigen Priester, den er 2017 befördert hatte. Ein in der vorigen Woche wegen Erkrankung einer Richterin ausgefallener Verhandlungstermin vor dem Landgericht Köln ist nun für den 11. Januar anberaumt.
Zwischen Woelkis erster eidesstattlicher Versicherung zum Fall Pilz vom 4. August und seinen nachfolgenden Einlassungen gibt es eine auffallende Differenz: Hatte der Kardinal zunächst noch ganz generell behauptet, er sei vor der vierten Juni-Woche 2022 „mit dem Fall Pilz nicht befasst worden“, schränkt er dies später auf die Frage einer Information über den Fall Pilz an das Bistum Dresden-Meißen ein.
Hierzu insistiert er nun in seiner jüngsten Erklärung: Selbst wenn er Dahms Liste mit dem Namen Pilz erhalten, diese angesehen und darauf den Namen Pilz wahrgenommen hätte, dann hätte auch dies nicht dazu geführt, dass er sich mit der Frage befasst hätte, „ob im Fall Pilz eine unter Kardinal Meisner versäumte Information des Erzbistums Dresden-Meißen nachgeholt werden muss“.
Die Formulierung nicht nur dieser Passage lässt darauf schließen, dass sie für Woelki von dessen Anwälten erstellt wurde. Der Wortlaut enthält nämlich mehrfach die – für jeden mit der Kirche halbwegs Vertrauten erkennbar – falsche Bezeichnung des Bistums Dresden-Meißen als Erzbistum.
Auf dem Gebiet des Bistums Dresden-Meißen lebte Pilz mehrere Jahre bis zu seinem Tod 2019. Eine Information des Bistums über die von Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, ausgesprochene Kirchenstrafe gegen Pilz war seitens des Erzbistums Köln unterblieben – eine klare Verletzung der innerkirchlichen Regularien.
„Mangels Kenntnis“, so Woelki jetzt in seiner eidesstattlichen Versicherung, „konnte ich mich auch nicht gegen die Nachholung einer solchen Information entscheiden. Denn selbst wenn ich diese Liste mit dem Namen Pilz gesehen hätte, hätte ich gar keinen Anlass dafür gehabt, mich mit einer Information des Bistums Dresden-Meißen zu befassen, da ich auch in Kenntnis der Liste nicht gewusst hätte, dass unter Kardinal Meisner die Information des Bistums Dresden-Meißen versäumt wurde.“