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„Unfassbarer Verlust“Nach Tod des Präsidenten – Deine Sitzung feiert Premiere in Köln

Lesezeit 4 Minuten

Ebasa, der Meister, und Mirja Boes singen „Dat erste Kölsch“ zum Gedenken an Olaf Bürger.

  1. Vergangenes Jahr ist Olaf Bürger, Präsident der Veranstaltung „Deine Sitzung“, nach schwerer Krankheit verstorben.
  2. Wie soll man umgehen mit so einem Verlust, wie mit der Trauer bei einem jecken Spektakel?
  3. Unser Autor hat die Premiere im Klettenberger Brunosaal besucht.

Köln – „Alaaf Aleikum“ lautet das Motto 2020 von Deine Sitzung, und die fast alles entscheidende Frage ist schnell gestellt von Ebasa, dem Meister, der auch als „Vater Morgana“ vorgestellt wird: „Wie können wir dem Orient die Hand reichen – mit einem Mettbrötchen in den Fingern?“ Es folgt ein lustiger Diskurs darüber, dass Mett Haram sei, also verboten; dass das „Kölner Sushi“ vom Schwein sei und deshalb nie Halal sein könne, also erlaubt, und dass vielleicht ein Mettadon-Programm helfen könne.

Es ist die besondere Stärke dieser Ensemble-Sitzung, dass sie Jahr für Jahr feste Elemente kultiviert, denn das fühlt sich ein bisschen an wie Heimkommen. Das geht los mit der ganz besonderen Atmosphäre des Brunosaals, mit dem seit Jahren weitgehend unveränderten Rosa Plüschsofa als Bühnenbild, mit dem gepflegten Ritualen wie dem Mett, um das sich alles dreht – vom eigenen Song („Ob Lamm oder Ziege, ob Aal oder Stier – Mett is Mett“ auf den Opus-Song „Life is Life“) bis hin zur Rakete „Hacken! Backen! Mett!“.

Deine Sitzung: Mirja Boes und Carolin Kebekus als Präsidentinnen

Mit den wechselnden Präsidentinnen (zur Premiere Mirja Boes, in ihrer vierten Session als Stewardess Ajrim, und die später durch Carolin Kebekus ersetzt wird), mit wechselnden Gästen (diesmal furiose Auftritte von Planschemalöör und Jan van Weyde, ein Mittelprächtiger von David Werker), den Dauergästen Pink Poms.

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Die Musiker von Planschemalöör überzeugen mit ihrem Auftritt bei Deine Sitzung.

Mit den wüsten Söhnen des phänomenalen Orchester der Liebe, die besonders bei der Seeed-Nummer „Schüttel dein Speck“ und einem kölschen Orient-Medley („Datteln, Zimt un en lecker Ziege, dat bruch ene Berber, om jlöcklich ze sin“ oder „Sulang im Harem die Leechter noch brenne“) zeigen, was sie drauf haben. Mit Wink-Aerobic von Winke-Marieche, äh Winke-Fatima Britta Pallada, und einem Alphornsolo von Ebasa.

Zudem gibt es eine herrliche Drei-Könige-Persiflage, in der die „heiligen drei Köbesse“ dem „Stern, der deinen Namen trägt“ folgen und versuchen, ein Pittermännchen zügig nach Köln zu bringen, „sonst wird das Alt!“ Hörenswert auch Prinzessin Jasmin alias Gitarrist Till Kersting, der aus Britney Spears „Toxic“ macht: „Du siehst ziemlich geil aus, aber im Kopf bist du Scheiße“.

Deine Sitzung in Köln: Dieses Jahr ist alles anders

Das ist alles ein großer Spaß – und doch ist in diesem Jahr alles anders. Denn der Mann, der schon immer Präsident dieser Sitzung war, Olaf Bürger, ist im vergangenen Sommer nach schwerer Krankheit gestorben. Und er ist natürlich nicht zu ersetzen, er fehlt. Wie soll man umgehen mit so einem Verlust, wie mit der Trauer bei einem jecken Spektakel? Und hier zeigt sich die große Kraft, die der Karneval haben kann, indem er Freude und Trauer, Ernsthaftigkeit und Klamauk, Leben und Tod würdig miteinander verbindet.

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Und es ist die wirklich große Leistung des Ensembles, das so umzusetzen, dass man lacht und heult zugleich, dass man sich erinnert an Olaf Bürger, an seinen Humor und seine Präsenz, und nicht nach Hause geht in dem Gefühl, auf einer Beerdigung gewesen zu sein, sondern einen tollen Abend erlebt zu haben.

Deine Sitzung: „Wir feiern mit Euch für Olaf“

Schon vor Beginn der Sitzung werden die Besucher vorbereitet: „Wir feiern mit Euch für Olaf“ verkünden Ebasa, Mirja Boes und Lutz Langel, sprechen von einem „unfassbaren Verlust“, aber auch davon, dass Bürger noch auf dem Sterbebett Witze gemacht habe. Später wird Jan van Weyde für seinen Gastauftritt mit einem „Goldenen Olaf“ ausgezeichnet, den er aber „hinter der Bühne zurückgeben muss“.

Jan van Weyde freut sich über seinen „Goldenen Olaf“

Mitten im Programm singt Präsidentin Boes dann „Stonn op“, einen Song, den sie mit Alex Olivari für Olaf geschrieben hat: „Stonn op, wenn do ne Jeck bes/ Jevv Gas esu lang do noch Zick häs/ Jevv nit op wenn et ens nit esu läuf/ Stonn op, wenn do dran jläuvs!“ Das mucksmäuschenstille Publikum erhebt sich, singt unter Tränen und Gelächter mit, es folgen Filmausschnitte, dann wird Bürgers Lieblingssong angestimmt – auf James Blunts „Bonfire Heart“ singt der Saal „Dat erste Kölsch führt zu/ dem zweiten Kölsch, dat führt zu/ dem dritten Kölsch/ un dann jeiht alles von vorn wieder los“. Dann ist Pause – mit Kölsch und Mettbrötchen. Olaf Bürger hätte es geliebt.

Die Karten für die kommenden Sitzungen sind bereits fast ausverkauft. Lediglich für Sonntag, 26. Januar, sind noch Restkarten verfügbar.