Köln – Nachdem bereits die Düsseldorfer ihren Rosenmontagszug auf Ende Mai verschoben haben, haben jetzt die Mainzer ihren ganz abgesagt. Das hat der Mainzer Carneval-Verein (MCV) nach einer Vorstandssitzung am Mittwochabend mitgeteilt. Laut MCV-Präsident Reinhard Urban lasse die Landesverordnung einen Zug nicht zu. Nach der gegenwärtigen Corona-Verordnung seien nur 10.000 Zuschauer in Rheinland-Pfalz zugelassen. Angesichts drohender Millionenverluste für Stadt und Land habe man sich zur Absage entschlossen, prüfe allerdings mögliche Termine nach Aschermittwoch. Er gehe nicht davon aus, dass es vorher Lockerungen bei den Corona-Schutzverordnungen gebe, so Urban gegenüber dem SWR.
Der Zug fällt damit pandemiebedingt das zweite Jahr in Folge aus. Zum Mainzer Rosenmontagszug werden sonst etwa eine halbe Million Menschen in der Stadt erwartet. Bereits Anfang Dezember hatte die Mainzer Fastnacht eG den 26 Mitgliedsvereinen und -garden empfohlen, in der Session 2022 „auf Saal- und Straßenfastnacht zu verzichten". Viele Veranstaltungen wie etwa der traditionelle Neujahrsumzug wurden schon abgesagt. Große Vereine wie der Gonsenheimer Carneval Verein wollen allerdings Online-Formate anbieten.
Drei Alternativen zum Rosenmontagszug im Gespräch
Die Absage des Rosenmontagszugs ist in Köln noch keine Option. Da noch fast zehn Wochen Zeit sind bis Rosenmontag (28. Februar 2022), ist man beim Festkomitee dankbar für die in dieser Woche gemeinsam mit der Landesregierung getroffene Entscheidung, über Freiluftveranstaltungen wie eben die Umzüge erst Ende Januar entscheiden zu müssen. Erst dann könne man absehen, was am Karnevalswochenende möglich ist. „Wir arbeiten natürlich intensiv an alternativen Konzepten“, sagt Zugleiter Holger Kirsch dem „Kölner Stadt-Anzeiger" auf Anfrage. Einen erneuten Hänneschen-Zug wie in diesem Frühjahr wird es trotz der überragenden Resonanz definitiv nicht geben, „aber wir haben andere Vorschläge in der Schublade“, so Kirsch.
Drei Alternativen, die bereits vor einem Jahr im Lockdown zur Diskussion standen, sind derzeit wohl in der engeren Wahl. Ein so genanntes „Platzkonzept", bei dem einzelne Wagen über die Stadt verteilt auf- und ausgestellt werden könnten, begleitet etwa von kleinen Programmen in abgesperrten, kontrollierten Bereichen. Zweite Möglichkeit könnte nach dem Vorbild der brasilianischen Partnerstadt Rio de Janeiro eine Art Sambadrome auf den Ringen sein. Dann würden die Wagen als Parade zwischen ebenfalls einlasskontrollierten Tribünen vorbeifahren. Dritte Alternative wäre ein Stadion-Event mit Zuschauern auf der Tribüne und Wagen im Innenraum. „Als Muster dienen die FC-Spiele", so Kirsch, „aktuell könnten wir dann 15.000 Zuschauer ins Stadion lassen."
Alle drei Varianten hätten deutlich weniger Teilnehmer als ein regulärer Zug (12.000 Mitwirkende), könnten nach 2G-Plus-Regeln abgehalten werden, und würden sich den dann aktuell geltenden Corona-Schutzmaßnahmen anpassen. „Die Gesundheit der Jecken steht über allem", sagt Zugleiter Kirsch.
Disput zwischen Düsseldorfer und Kölner Karnevalisten
Derweil geht der Zank zwischen Kölner und Düsseldorfer Karnevalsoffiziellen weiter. Zunächst hatten die Düsseldorfer Jecken quasi im Alleingang ihren Zug auf den 29. Mai verlegt und gleichzeitig die Session bis dahin verlängert. Dafür gab es herbe Kritik aus Köln: „Die Düsseldorfer entscheiden sich dafür, sich aus dem Bereich des Kulturgutes und des Brauchtums zu entfernen und definieren ihren Karneval als beliebig verlegbares Event. Wenn Sie das so sehen, dann soll das so sein. Der Rest des Karnevals bundesweit sieht das anders“, hatte Christoph Kuckelkorn, der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval (FK) im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ geschimpft.
„Die großen Städte Aachen, Bonn, Köln und Düsseldorf arbeiten seit fünf, sechs Jahren intensiv zusammen, wenn es um Themen wie Rosenmontagszüge, Pferde im Zoch oder Corona-Maßnahmen geht. Wir haben eng zusammengefunden, gemeinsam gespiegelt, überlegt, abgewogen, und versucht, auch gemeinsam zu entscheiden. Dann ist es schon eklatant, wenn einen Tag vor dem Termin mit der Landesregierung, bei dem die Spielräume für den Karneval ausgelotet werden sollen, völlig unabgesprochen so eine Entscheidung verkündet wird. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle."
„So kann man den Karneval auch ohne Corona-Pandemie beerdigen"
Jetzt kommt die Retourkutsche aus der Landeshauptstadt. Der Vorstand des Comitee Düsseldorfer Carneval (CDC) hat sich vehement gegen das Zustandekommen der Empfehlung des Landes NRW bezüglich der Durchführung von Indoor-Veranstaltungen in der aktuellen Karnevalssession ausgesprochen. „Es kann nicht angehen, dass wir als einer der größten Regionalverbände in NRW bei einer so schwerwiegenden Entscheidung überhaupt nicht eingebunden werden. Wir haben den Eindruck, dass diese Empfehlung ausschließlich im Dialog zwischen der Staatskanzlei und dem Festkomitee Kölner Karneval getroffen wurde. So kann man den Karneval auch ohne Corona-Pandemie beerdigen“, teilt ein offensichtlich beleidigter CDC-Präsident Michael Laumen auf Facebook mit.
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Eine Aussage, die nicht nur FK-Sprecher Michael Kramp doch sehr verwundert: „Ich habe keine Ahnung, wie man so etwas behaupten kann." Denn Vertreter des Düsseldorfer Karnevals bei der virtuellen Konferenz war: Michael Laumen. Auch wenn der Düsseldorfer Obernarr sich nicht aktiv an der Diskussion beteiligte, so war er doch zugeschaltet wie auch zahlreiche andere Karnevalsoffizielle aus dem Land. Vor Ort waren für die abschließende Pressekonferenz neben Ministerpräsident Hendrik Wüst nur der Kölner Kuckelkorn sowie der Aachener Präsident Frank Pömpeler.
Zugehört hat Laumen aber scheinbar schon, denn die NRW-Empfehlung des Ministerpräsidenten hat auch in Düsseldorf Auswirkungen: So hat der CDC-Vorstand die am 6. Januar 2022 geplante Prinzenpaar-Kürung mit anschließender Aufzeichnung der Fernsehsitzung abgesagt. „Wir bedauern die Absage außerordentlich“, sagte Präsident Laumen, „denken aber über Alternativen nach und sind in ständigem Austausch mit dem WDR und dem designierten Prinzenpaar, um das weitere Vorgehen abzustimmen.“ So weit, so Kö.
Während landauf, landab bei den Vereinen die Verunsicherung groß ist und intensive Diskussionen geführt werden über Absagen, Alternativveranstaltungen oder Förderanträge (wir berichteten), gibt es in Köln einen Ort der absoluten Ruhe. Das designierte Dreigestirn scheint vom Erdboden verschwunden zu sein. Reden will es jedenfalls nicht. Das ist angesichts der Krise schade - für Journalisten wie für das Närrische Volk.