Köln/Düsseldorf – Was für ein bitterer Tag für den Kölner Karneval. Auch wenn es nicht wie in der vergangenen Session ein Verbot aller Veranstaltungen aus dem Bereich Karneval gibt, werden wohl die meisten Feiern in Innenräumen abgesagt werden. „Karneval als Massenveranstaltung scheint auch in der Session 202172022 nicht verantwortbar“, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Auch wenn es schwer sei, im zweiten Jahr in Folge gesellige Veranstaltungen im „tief in NRW verwurzelten“ Karneval abzusagen: „Es ist nicht die Zeit für gesellige Feiern.“
Ein Großteil der Karnevalsveranstaltungen in den Sälen und Veranstaltungszelten an Rhein und Ruhr wird also auch 2022 nicht stattfinden. Das hat ein Spitzengespräch zwischen Vertretern der Landesregierung und den Vertretern der Karnevals ergeben. Angesichts der gegenwärtigen Infektionslage seien Karnevalspartys und -bälle, aber auch klassische Karnevalssitzungen in Innenbereichen gegenwärtig nicht vertretbar, da war man sich einig.
Karneval: Noch keine Entscheidung für Rosenmontag und Züge
Da es zweifelhaft sei, ob sich an der derzeitigen Bewertung der Lage bis Weiberfastnacht, dem Beginn der heißen Phase des Karnevals Ende Februar, Grundlegendes ändern werde, müsse man jetzt handeln. Insbesondere die Verbreitung der neuen Omikron-Variante und die Fortschritte der Booster-Impfungen müssten dabei in den Blick genommen werden. Was das für die Außenveranstaltungen wie etwa die Karnevalszüge Ende Februar bedeutet, ist noch offen. Im Moment mache Feiern keinen Sinn, aber die Hoffnung auf die Züge wolle man zunächst aufrecht erhalten. Ende Januar würde man sich an den dann gültigen Coronaschutzverordnungen orientieren und entscheiden.
Christoph Kuckelkorn: „Sicherheit hat oberste Priorität”
„Sicherheit hat oberste Priorität”, sagte Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn), der auch im Vorfeld immer wieder betont hatte, dass es ein „Feiern um jeden Preis“ nicht geben werde. Für die ehrenamtlich geführten und in weiten Teilen gemeinnützigen Vereine sei es aber überaus wichtig, schnellstmögliche Planungssicherheit zu haben. „ Die Verantwortung liegt jetzt bei uns, nicht mehr beim Staat“, so Kuckelkorn.
Die Landesregierung hat in Abstimmung mit der Bundesregierung sichergestellt, dass Veranstalter einerseits und Künstler, Technik- und Hilfspersonal sowie Saalbetreiber andererseits bei pandemiebedingten Absagen finanziell unterstützt werden. Auf Bundesebene steht den Betroffenen hierfür der „Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen“ offen, für den die Veranstalter sich bis spätestens 23. Dezember 2021 angemeldet haben müssen.
Auf Landesebene besteht mit dem Förderprogramm des MHKBG „Neustart miteinander“ die Möglichkeit, eingetragene Vereine zu unterstützen, die ehrenamtlich getragene, öffentliche Veranstaltungen durchführen. Das solle nach Möglichkeit auch für nicht eingetragene Vereine gelten, betonte Hendrik Wüst: „Wir stehen zum Karneval und unterstützen das Brauchtum.“
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Für Bundesfonds und Landesprogramm ist geklärt: Sie springen unter bestimmten Bedingungen mit Ausfallzahlungen auch dann ein, wenn private Veranstalter bzw. Vereine pandemiebedingt freiwillig die Veranstaltung absagen. Das gelte, so Wüst, für alle Veranstaltungen zwischen 18. November 2021 und 28. Februar 2022. Die Landesregierung und die Vertreter des organisierten Karnevals werden im andauernden Austausch dafür Sorge tragen, das vielfältige Vereinswesen im Karneval zu erhalten und durch diese herausfordernde Zeit zu bringen.
Noch keine Absage für Straßenkarneval
„Karneval zu feiern wäre wichtig“, bedauerte Wüst die Absage angesichts der wegen Corona stark eingeschränkten Kontakte der Menschen untereinander und in Anspielung auf die reinigende Kraft des jecken Treibens. „Die Funktion, der Politik, den Autoritäten, den Spiegel vorzuhalten, wäre jetzt auch wichtig - die Konflikte humoristisch zu zeigen und nicht, wie an anderer Stelle, durch Fackelumzüge und ähnliches.“ Er sei dankbar für die verantwortungsvolle Haltung des organisierten Karnevals, der sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sei. „Damit beweisen die Karnevalistinnen und Karnevalisten im ganzen Land, dass sie in erster Linie an die Gemeinschaft denken.“
Einig war man sich auch über den Umgang mit dem Straßenkarneval und Karnevalsumzügen. Da diese Veranstaltungen erst Ende Februar stattfinden sollen, erscheint der Zeitpunkt für eine Absage derzeit noch zu früh, zumal das Infektionsrisiko außerhalb von geschlossenen Räumen drastisch geringer ist. Daher soll das Infektionsgeschehen in den kommenden Wochen genau beobachtet und bewertet werden.
„Zur anstehenden Karnevalssession gibt es noch viele Fragen, von denen nur einige heute beantwortet werden konnten”, sagte Christoph Kuckelkorn, der die gute Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei hervorhob. „Wir sind aus den vergangenen Monaten der Corona-Pandemie viele staatliche Einschränkungen gewöhnt. Erhebliche Rechtseingriffe sind angesichts einer zum Glück immer größer werdenden Anzahl geimpfter Personen aber immer schwieriger.“
Kleine, kreative Formate sollen Karnevalsjeföhl bringe
Daher komme es auf die Eigenverantwortung jedes einzelnen, aber auch von Vereinen und Veranstaltern an – auch wenn das für viele eine völlig neue Situation sei. „Der Karneval nimmt diese Herausforderung an, indem Saalveranstaltungen auf breiter Front von den jeweiligen Veranstaltern abgesagt werden. Entscheidend ist dabei, dass diese freiwilligen Absagen die ehrenamtlichen Karnevalsgesellschaften und die mit ihnen verbundenen Künstler nicht in den finanziellen Ruin treiben dürfen.“
Nach dem Gespräch heute sei man sicher, dass die Landesregierung diese Problematik im Blick behalten und entsprechend gegensteuern werde. „Unsere Aufgabe als Karnevalisten wird es nun sein, trotz der Absage von Saalveranstaltungen kleine, kreative Formate zu finden, die den Menschen in dieser nach wie vor schwierigen Zeit ein wenig Karnevalsjeföhl bringen. Im vergangenen Jahr ist uns das zum Beispiel mit dem Rosenmontagszoch im Format des Hänneschen-Theaters gut gelungen.”
Ein deprimierender Tag auch für das designierte Kölner Dreigestirn, das am Dienstag nicht zu erreichen war. Das FK betont zwar, dass es eine Proklamation geben wird – so, wie diese bis gestern geplant war, im voll besetzten Gürzenich, wird sie jedoch definitiv nicht stattfinden. Also erneut eine Inthronisierung des Trifoliums vor laufenden Kameras, aber ohne Publikum wie im Januar diesen Jahres? Der Plan B ist noch nicht bekannt.
Für Prinz Sven, Bauer Gereon und Jungfrau Gerdemie könnte die heutige Vorgabe aus Düsseldorf allerdings traumatische Folgen haben: wie einst Bill Murray in „Täglich grüßt das Murmeltier“ droht ihnen ein Aufwachen nach Silvester, und der Film geht wieder von vorne los: Auftritte vor Videokameras für Streams statt Jubel im Saal. Traurig.