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„Steuergelder erschlichen“Bündnis Verkehrswende protestiert gegen Tunnelbau auf Ost-West-Achse

Lesezeit 3 Minuten
Demonstranten vor dem Kölner Rathaus

Ein vom Bündnis beauftragtes Gutachten stuft den geplanten Tunnel als nicht förderfähig ein.

Ein vom Bündnis beauftragtes Gutachten hatte die Förderfähigkeit eines U-Bahn-Tunnels infrage gestellt.

Mit einer Kundgebung vor dem Spanischen Bau des Rathauses hat das Bündnis Verkehrswende Köln am Donnerstag dagegen protestiert, auf der Ost-West-Achse zwischen Heumarkt und Aachener Weiher einen Tunnel für die Stadtbahnen der KVB zu bauen. Auf der Sitzung des Stadtrats, die wenig später begann, war allerdings nicht über die Frage abzustimmen, ob die Strecke der Linie 1 im genannten Abschnitt unter die Erde verlegt werden oder mit einer Verlängerung der bestehenden Haltestellen oberirdisch ausgebaut werden soll.

Denn noch gibt es einigen Gesprächsbedarf – auch deshalb, weil das Bündnis Verkehrswende ein neues Gutachten ins Spiel gebracht hat. Erstellt hat es der Verkehrsexperte Martin Vieregg vom Büro Vieregg-Rössler aus München. Er ist zu dem Schluss gekommen, die Tunnelvariante sei nicht förderfähig, weil sie unter dem notwendigen Wert von 1,0 liege.

Gegengutachten: Kosten-Nutzen-Faktor für Tunnellösung zu niedrig

Der Befund steht in schroffem Gegensatz zu dem Verkehrsgutachten, das ein Expertenteam aus Mitarbeitenden der Stadt, der KVB sowie externen Gutachter- und Ingenieurbüros zur Nutzen-Kosten-Berechnung erstellt hatte. In diesem Papier wird die Tunnellösung mit 1,4, die oberirdische Variante dagegen mit 1,3 bewertet. Der Vorteil von 0,1 für die U-Bahn erklärt sich damit, dass die Stadtbahnen im Tunnel um bis zu vier Minuten schneller wären als im oberirdischen Verkehr. Die Reisezeiten haben ein großes Gewicht bei der Berechnung des Nutzen-Kosten-Faktors.

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Demonstranten vor dem Kölner Rathaus

Etwa 100 Demonstranten versammelten sich vor dem Rathaus.

Unter Berufung auf das Gegengutachten hält das Bündnis fest, die verkürzte Fahrtzeit werde dadurch „aufgefressen“, dass bei der Tunnelvariante die Wege für „Ein-, Aus- und Umstieg über bis zu vier Tiefebenen“ viel länger seien. Unterm Strich liege der Nutzen-Kosten-Faktor „weit unter dem notwendigen Wert von 1,0“. Die Initiative setzt als Alternative auf Taktverdichtungen auf der oberirdischen Strecke. Das Büro Vieregg-Rössler habe darauf hingewiesen, dass sich wegen der so verkürzten Reisezeiten ein sehr hoher Förderfaktor „von 5,0 und darüber hinaus“ ergeben könne.

Bündnis Verkehrswende für oberirdische Variante

Mit einer falschen Nutzen-Kosten-Rechnung sollten „Steuergelder erschlichen“ werden, kritisierte Bündnissprecherin Barbara Kleine vor gut 100 Demonstranten. Die oberirdische Variante sei deutlich kostengünstiger, klimafreundlicher und auch im Sinne der Barrierefreiheit vorzuziehen.

Bündnissprecherin Barbara Kleine

Bündnissprecherin Barbara Kleine

Linken-Ratsherr Michael Weisenstein sprach mit Blick auf die Berechnung des ersten Gutachtens von einem „unlauteren Mittel“. Der Tunnelbau setze Unmengen von Kohlendioxid frei und nehme viel zu viel Zeit in Anspruch. Angela Bankert, sachkundige Einwohnerin und Vertreterin der Linken im Verkehrsausschuss, führte als warnendes Beispiel an, bei der Nord-Süd-Stadtbahn sei der städtische Eigenanteil – ohne die Kosten des Stadtarchiv-Unfalls – von 55 Millionen Euro auf über 1,1 Milliarde Euro angestiegen.

Unterdessen hat die Bezirksvertretung (BV) Innenstadt gegen die Stimmen der CDU beschlossen, dass eine gemeinsame Sondersitzung des Verkehrsausschusses und der BV zu dem Thema anberaumt werden soll. Dabei sollten „neben den bereits bekannten Gutachten und Planungen“ auch die „abweichenden Einschätzungen“ zu den Reisezeiten, dem Nutzen-Kosten-Faktor und der Förderfähigkeit erläutert werden. Auf Wunsch der Bezirksvertretung sollen Gutachter dazu Fachvorträge halten.