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„Lager sind leergeräumt“Kölner Ärzte entsetzt über Chaos durch Biontech-Rationierung

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Symbolbild Impfung Kind (1)

Ein Kind wird gegen Covid-19 geimpft.

Köln – „Wir sind von 216 zugesagten und bestellten wöchentlichen Impfdosen auf nur 78 Impfdosen reduziert worden. Ohne Begründung, ohne Erklärung. Wir sind deswegen in der schlimmen Situation, um Ihr Verständnis zu bitten, dass wir einige von Ihnen anrufen müssen, um Ihren Impftermin abzusagen.“ – Die Probleme der Hausarzt-Praxis Nippes, mitgeteilt auf der Homepage, haben aktuell zahlreiche Kölner Haus- und Fachärzte. Wobei es für die meisten Terminabsagen eine Begründung gibt – allerdings lediglich eine, die weder Ärzte noch Patienten zufriedenstellt.

Nur noch 30 Biontech-Dosen pro Arzt und Woche

Jüngst hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Bestellmenge für den Biontech-Impfstoff begrenzt und dies zunächst mit dem drohenden Verfall des Moderna-Impfstoffs begründet. Seitdem dürfen nur noch 30 Dosen Biontech pro Woche und Arzt geordert werden – aber unbegrenzte Mengen der Impfstoffe von Moderna sowie Johnson & Johnson.

Da der Moderna-Impfstoff nicht für unter 30-Jährige und Schwangere empfohlen wird und sich aus einer Moderna-Ampulle 20 Impfungen ziehen lassen, aus einem Fläschchen mit dem Biontech-Impfstoff aber lediglich sechs, müssen die Praxen einen Großteil ihrer Impftermine neu planen.

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„Das Traurige ist, dass alles gut planbar war“

Nicht nur, dass die Impfkampagne durch die unerwartete Ankündigung des Bundes zum ungünstigsten Zeitpunkt weiter ins Stottern gerät – inzwischen ist die Geduld vieler Hausärzte an ihre Grenzen gelangt. „Das Traurige an der Situation ist, dass das alles gut planbar gewesen wäre: Die Vorräte für einzelne Impfstoffe sind ja genauso bekannt gewesen wie die Tatsache, dass wir jetzt Booster-Impfungen machen müssen“, sagt die Kölner Allgemeinärztin Dr. Carolin Benninghoven.

„Wir impfen ohnehin schon on top – jetzt liegt es auch noch an uns, die Menschen neu zu beraten, ihnen Sorgen zu nehmen und die Termine komplett neu zu planen. Das fordert uns Ressourcen ab, die wir nicht haben.“

Zumutung für Praxen und Patienten

Zum Glück sei zumindest nachträglich kommuniziert worden, dass der Moderna-Impfstoff für eine Booster-Impfung mindestens so gut – womöglich sogar besser, da durchschlagender und länger anhaltend – geeignet ist als jener von Biontech. „Trotzdem ist es für uns wie für die Patienten eine Zumutung, dass wir jetzt im großen Stile umplanen müssen.“, so Benninghoven.

„Die Politik hat uns gesagt, impft mehr – jetzt haben wir mehr geimpft, aber die Politik ist überrascht, dass wir so viel impfen“, wundert sich der Kölner HNO-Arzt und Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Jürgen Zastrow. Abenteuerlich seien in den vergangenen Wochen auch die rasch wechselnden Empfehlungen von Ständiger Impfkommission (Stiko) und Gesundheitsminister Spahn gewesen: „Zuerst hieß es Auffrischungsimpfung für die ab 70-Jährigen, dann sagte Spahn ab 60. Zuerst hieß es, die zweite Impfung müsse sechs Monate her sein, jetzt nur noch fünf. Die Grenzen werden immer weiter aufgeweicht – das ist doch alles sehr verplant.“

Zastrow wünscht sich allgemeine Impfpflicht

In Köln haben allein die Vertragsärzte in der vergangenen Woche 51.280 Impfdosen verabreicht. „Die Lager sind leergeräumt, wir impfen gerade sozusagen von der Hand in den Mund“, sagt Zastrow, der sich eine allgemeine Impfpflicht wünschen würde. „Die Politik muss klar machen, dass jeder sich impfen lassen muss, damit wir die Pandemie überwinden“, sagt er. „Sonst leben wir weiter in einer Diktatur der Minderheit, die sich nicht impfen lässt.“

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Nach der Bekanntgabe, Bestellobergrenzen für Biontech einzuführen, hatten Ärzteverbände aus ganz Deutschland Gesundheitsminister Spahn harsch kritisiert. „In der Gesamtschau fürchten wir, dass das von Ihnen vorgesehene Lieferschema eine Beschleunigung der Impfkampagne eher behindert als fördert“, schrieb der Bundesvorsitzende des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, an das Gesundheitsministerium. Die Begrenzung sei „inakzeptabel“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Thomas Fischbach. „Wenn wir nur die eingeschränkte Menge zur Verfügung haben, können wir viele unserer Patienten nicht impfen.“ Für Kinder und Jugendliche nämlich wird der Moderna-Impfstoff nicht empfohlen.

KV Bayern fordert Spahns Abberufung

Die Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) fordert in einer Resolution an Bundekanzlerin Angela Merkel die sofortige Abberufung von Spahn als Bundesgesundheitsminister.