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Minimal-BesetzungChor zieht Protestaktion gegen Kardinal Woelki im Kölner Dom durch

Lesezeit 4 Minuten
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Protest gegen Woelki: In Minimal-Besetzung trat ein Chor am Sonntag im Kölner Dom auf.

Köln – Die Protestaktionen rund um den Kölner Dom reißen nicht ab. Als akustisches Signal gegen das Verhalten von Kardinal Rainer Maria Woelki hat ein Chor am Sonntag beim feierlichen Start in die Karwoche nur in einer „Rumpfbesetzung“ gesungen. Frei nach Popstar Mark Forster: „Und die Chöre singen nicht...“

Kölner Dom: Nur acht der rund 50 Chormitglieder anwesend

Statt der eigentlich rund 50 Sängerinnen und Sänger haben beim Palmsonntags-Gottesdienst mit dem Erzbischof nur acht Personen gesungen – quasi piano statt fortissimo. Die anderen Stimmen von Sopran bis Bass verschönerten lieber die Messen an der Basis und sangen in ihren Heimatpfarreien.

Die zentralen Texte des Palmsonntags schildern den feierlichen Einzug von Jesus in Jerusalem, wenige Tage vor seinem Tod am Kreuz und der Auferweckung an Ostern. Chormitglied Edith Timpe, die als Religionslehrerin aktiv ist, nannte den Protest im „Kölner Stadt-Anzeiger“ einen Akt zivilen Ungehorsams und fügte als Begründung hinzu: „Wir wollen mit unserem Gesang nicht ein 'Weiter so' unterstützen, das wir nach der Rückkehr das Kardinals aus seiner Auszeit erleben.“

Kaum Zuspruch für Kölner Kardinal Woelki

Egal, was der Erzbischof im Moment tut oder lässt – zumindest öffentlich erfährt er kaum Zuspruch. Mehrere deutsche Bischöfe haben Papst Franziskus ermuntert, zügig über Woelkis Rücktrittsangebot zu entscheiden. Denn Köln am Rhein, das größte Bistum im deutschen Sprachraum, schlägt Wellen weit über die eigenen Grenzen hinaus. Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hatte schon vor gut einem Monat Rom empfohlen: „Ich glaube, lange zusehen wird man nicht können.“

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Erster großer Auftritt nach seiner Auszeit im Dom: Kardinal Rainer Maria Woelki beim Pontifikalamt am Palmsonntag.

In Rom liegt außerdem ein kritisches Schreiben auf dem Tisch, das 68 Priester vor dem Ende von Woelkis mehrmonatiger Auszeit formuliert hatten. Wie der „Stadt-Anzeiger“ jetzt berichtete, äußern die Geistlichen Bedenken gegenüber einem Neubeginn mit Woelki: „Wir haben erhebliche Zweifel daran, dass sich verloren gegangenes Vertrauen wieder aufbauen lässt, wenn die bisherigen Verantwortungsträger auf ihre Posten zurückkehren beziehungsweise auf ihnen verbleiben.“ Weitere Ausführungen zielen vor allem auf den Kardinal: Er schweige, polarisiere oder polemisiere.

Personalwechsel an anderer Stelle

Einen Personalwechsel gibt es jedoch an anderer Stelle: Woelkis Verwaltungschef und damit persönlicher Stellvertreter Markus Hofmann nimmt seinen Hut und wird als Generalvikar ab Juli durch Dompropst Guido Assmann ersetzt.

Der Wechsel steht offenbar in Zusammenhang mit der Finanzierung der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT), die als Lieblingsprojekt Woelkis gilt und wegen umstrittener Finanzierung Rechenkünste und Debatten befeuert. Nach Recherchen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) droht hier ein ein millionenschweres Finanzdesaster und weiteres Ungemach für Woelki, der immer versprochen hatte, die Finanzierung sei gesichert und funktioniere auch ohne Geld aus den Kirchensteuern.

Ensemble mit Schreiben an den Kardinal

Dissonanzen also selbst ohne Chor. Das „Vokalensemble Kölner Dom“ setzte jetzt noch eins drauf und damit an Palmsonntag ein zusätzliches Zeichen. Die verbleibende Gruppe bestand überwiegend aus queeren und nicht-katholischen Chormitgliedern. Dies habe man dem Kardinal am Donnerstag in einer Mail mitgeteilt.

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In einem weiteren Schreiben des Ensembles an den Kardinal, das der KNA vorliegt, ist die Frage vieler Mitglieder thematisiert, „ob sie es noch mit ihrem Gewissen vereinbaren können, durch ihre aktive Teilnahme an den Hochämtern unter Ihrer Leitung das 'System Erzbistum Köln' zu unterstützen“. Ein ernüchterndes Fazit findet sich am Ende des Briefs: „Deswegen können wir Ihr (sehr allgemeines) Schuldbekenntnis und ihre Bitte um Neuanfang so nicht annehmen, zumal Sie mit Ihrer Haltung die dringend fälligen Reformen des Synodalen Weges ausbremsen und blockieren.“

Domkapellmeister äußert sich zu Protestaktion

Zur Protestaktion des Ensembles sagte Domkapellmeister Eberhard Metternich der KNA: „Es hat auch andere, heftigere Vorschläge gegeben.“ Es sei aber nun eine Lösung gefunden worden, damit die Gestaltung der Liturgie nicht leiden müsse. Er könne und wolle eine Diskussion im Chor über die Situation der Kirche nicht unterbinden, unterstrich der Domkapellmeister im „Stadt-Anzeiger“.

Über die Aktion an Palmsonntag habe auch er persönlich den Kardinal unterrichtet, ohne dass dieser reagiert habe. Woelki ging im Gottesdienst selbst übrigens mit keinem Wort auf den Chor und seine Aktion ein.

In vielen Gemeinden herrscht Fassungslosigkeit

Ein Ende der anhaltenden Vertrauenskrise im Erzbistum Köln mit seinen rund zwei Millionen Katholiken ist nicht absehbar. In vielen Gemeinden herrscht lähmende Fassungslosigkeit, selbst bei besonders Engagierten. Unterdessen wirbt der Kardinal um einen Neuanfang und eine zweite, mittlerweile vielleicht sogar dritte Chance.

Und mitten hinein platzte in diesen Tagen der Vorstoß der Kölner Stadtverwaltung für ein neues Logo - ohne die weltbekannten Domtürme. Die Tageszeitung „Die Welt “kommentierte: „Das hat die Kölner Kirche nicht verdient, und der Dom schon gar nicht.“ (KNA)