Der spektakuläre „Cold Case“-Prozess um die getötete Petra Nohl befindet sich auf der Zielgeraden – mehr als 35 Jahre nach der Tat.
Mordfall Petra Nohl„Cold Case“-Prozess kurz vor dem Abschluss – Beschuldigter Norbert K. schweigt weiter
Der Mordfall Petra Nohl hatte 35 Jahre lang keinen Tatverdächtigen, er wurde zum sogenannten „Cold Case“. Erst ein später Zeugenhinweis brachte die Ermittler auf die Spur des heute 57-jährigen Norbert K. aus Longerich. Der laufende Prozess im Kölner Landgericht steht nun kurz vor dem Abschluss. Bereits am Mittwoch sollen die Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung gehört werden. Kommende Woche soll dann ein Urteil verkündet werden.
Köln: Verdächtiger schwieg im Mordprozess Petra Nohl
Bis zuletzt hatte der Angeklagte im seit September vergangenen Jahres laufenden Strafprozess geschwiegen. Sein Verteidiger Uwe Krechel hatte lediglich erklärt, dass sein Mandant die Tat nicht begangen habe und somit unschuldig sei. Norbert K. habe noch Erinnerungen an den Tatabend und werde diese zu einem späteren Zeitpunkt mitteilen. „Soll noch eine Einlassung abgegeben werden?“, fragte Richterin Sibylle Grassmann daher aktuell nach. „Nein, derzeit nicht“, erklärte Anwalt Krechel.
„Aus unserer Sicht ist alles getan, was für die Beweiserhebung nötig war“, sagte die Richterin, kurz darauf schloss sie die Beweisaufnahme. Nach den Plädoyers der professionellen Prozessbeteiligten steht Norbert K. als Angeklagtem allerdings noch die Gelegenheit zum „letzten Wort“ zu. K. kann sich somit noch in eigenen Worten erklären und dem Gericht einen persönlichen Eindruck vermitteln. Oftmals schließen sich schweigende Angeklagte aber nur den Ausführungen ihrer Anwälte an.
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Rechtsmediziner sprach von massiven Verletzungen im Halsbereich
Der Prozess hatte allen Beobachtern noch einmal das ganze Ausmaß des schrecklichen Verbrechens vor Augen geführt, das im Februar 1988 für großes Aufsehen und Entsetzen in ganz Köln gesorgt hatte. Die 24-jährige Petra Nohl, zu diesem Zeitpunkt Mutter einer 18 Monate alten Tochter, hatte in der Diskothek im damaligen Bierdorf der Openpassagen gefeiert. Auf dem Weg zu einem anderen Lokal wurde sie auf der Albertusstraße angegriffen, zu Boden gebracht und zu Tode gewürgt.
„Solch massive Verletzungen im Halsbereich, das habe ich in den 40 Jahren meines Berufslebens so nicht noch einmal gesehen“, hatte der renommierte Rechtsmediziner Burkard Madea im Zeugenstand ausgesagt. Der Täter habe mindestens 30-mal mit heftiger stumpfer Gewalt auf den Hals der 24-jährigen Petra Nohl eingewirkt. Die Obduktionsergebnisse legten nahe, dass immer wieder auf die am Boden liegende Frau eingetreten worden sei. „Das war ein Overkill“, erklärte der Mediziner.
Der Tatort befand sich direkt am Zugweg der „Schull- un Veedelszöch“. „Wir haben Blutspuren und Faserspuren mit Klebefolien gesichert und dann lief da der Karnevalszug vorbei“, sagte ein Polizist. Es sei wohl nicht mehr möglich gewesen, diesen umzuleiten. Allerdings hätte es ein Abkommen mit dem Festkomitee gegeben, dass am Tatort keine Musik gespielt würde. Beim Abtransport der toten Petra Nohl musste sich der Leichenwagen sogar in den Karnevalsumzug der Jecken einreihen.
Kronzeuge meldete sich nach TV-Beitrag bei „Aktenzeichen XY“
Mehr als drei Jahrzehnte hatte der Angeklagte danach unbehelligt in Köln gelebt, zuletzt mit seiner Ehefrau und der Tochter in Longerich. Doch dann änderte ein Beitrag in der ZDF-Show „Aktenzeichen XY … ungelöst“ alles. Ein Zeuge meldete sich noch während der Sendung, er wollte endlich reinen Tisch machen und sein Gewissen entlasten. Im weiteren Verlauf lieferte er seinen früheren Freund Norbert K. ans Messer. Der sei Petra Nohl in der Tatnacht gefolgt. K. wurde zum Tatverdächtigen.
An fünf Stellen fanden sich DNA-Spuren von Norbert K. an der Leiche und der Kleidung von Petra Nohl, das gilt neben der Zeugenaussage als das Hauptindiz. Die Verteidiger argumentierten stets, dass die vorhandenen Spuren bei einem gemeinsamen Diskobesuch in der Tatnacht übertragen worden sein dürften. Etwa in der Garderobe oder bei zufälligen Berührungen im Lokal. Die Anwälte werden einen Freispruch beantragen, die Staatsanwaltschaft voraussichtlich lebenslang Gefängnis.