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Hafturteil in KölnTestzentrum-Betreiber muss Ferrari, Porsche und Lamborghini zurückgeben

Lesezeit 4 Minuten
Beim Prozessauftakt im Landgericht Köln versteckte sich der Angeklagte vor den Fotografen der Presse.

Beim Prozessauftakt im Landgericht Köln versteckte sich der Angeklagte vor den Fotografen der Presse.

Mit einem Trick hatte der Unternehmer falsche Abrechnungen für seine vielen Betriebe in Köln und der Umgebung gestellt.

Am Ende war es die pure Gier, die den Betreiber von mehreren Corona-Testzentren in Köln und dem Umland für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis gebracht hat. Hätte der 38-jährige Kerpener redlich abgerechnet, so brachte es der Vorsitzende Richter Wolfgang Schorn in seiner Urteilsbegründung am Mittwoch auf den Punkt, „dann hätte es vielleicht immer noch für einen Ferrari gereicht“. So kamen noch Porsche, Lamborghini und die teure Einbauküche für die Ehefrau dazu – das alles wird konfisziert.

Köln: Testzentrum-Betreiber richtet 5,8 Millionen Euro Schaden an

Den Schaden für die Allgemeinheit bezifferte der Richter mit knapp 5,8 Millionen Euro. Verwerflich, egoistisch und alles andere als sozial habe der Beschuldigte gehandelt. „Sie haben die damals herrschende pandemische Notlage ausgenutzt“, sagte Schorn. Allerdings handele es sich bei dem Mann ausdrücklich nicht um einen Menschen, „der nur betrügen wollte“. So lief der Betrieb in den Testzentren des Täters ganz normal – in anderen Fällen existierten diese etwa nur auf dem Papier.

Es gab allerdings einen Knackpunkt, an dem sich der Angeklagte strafbar gemacht habe. So hatte er bei der Abrechnung in einer Vielzahl von Fällen angegeben, dass ein Arzt die Corona-Testungen durchgeführt habe, obwohl in Wirklichkeit kein Mediziner anwesend war. Der Kassenärztlichen Vereinigung wurden somit höhere Leistungen in Rechnung gestellt, als tatsächlich erbracht wurden. Zunächst habe der Beschuldigte nach Eröffnung des Betriebs noch zwei Monate korrekt abgerechnet.

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Kölner Verteidiger: Alles über den Kopf gewachsen

Beim Prozessauftakt im Januar hatte der Angeklagte in Bezug auf den fehlenden Arzt bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt. Der Mandant habe sich von der Möglichkeit verführen lassen, mit einem Häkchen bei der Abrechnung einen Aufschlag zu kassieren, sagte Verteidiger Ulrich Sommer und deutete damit an, man habe es dem Angeklagten von behördlicher Seite auch leicht gemacht. Der Mandant habe mit redlichen Motiven begonnen, ihm sei dann alles über den Kopf gewachsen.

Die Teststelle am Chemiepark Knapsack in Hürth wurde ebenfalls von Implura Medical betrieben – und im November 2022 geschlossen.

Die Teststelle am Chemiepark Knapsack in Hürth wurde ebenfalls von der Firma des Angeklagten betrieben – und im November 2022 geschlossen.

Auch Richter Schorn ging auf die damals nur rudimentäre Prüfung der Behörden ein, was auch dem politischen Willen geschuldet gewesen sei, in der Pandemie so viel wie möglich zu testen. Ein Behördenmitarbeiter habe sinngemäß im Zeugenstand gesagt: „Da hätte auch ein Schuster kommen und ein Testzentrum eröffnen können, das war uns egal.“ In den gar nicht so schlechten Zentren des Angeklagten, so ein weiterer Zeuge, sei auch nicht so viel Schindluder betrieben worden wie bei anderen.

Ganzes Netz von Corona-Testzentren aufgebaut

Im Laufe der Zeit hatte der Angeklagte mit Hilfe von Subunternehmern ein ganzes Netz von Zentren aufgebaut, etwa in Köln, Kerpen, Hürth, Euskirchen und Bedburg. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft den Schaden auf 19 Millionen Euro beziffert, da der Betreiber bei der Registrierung bereits getrickst habe – demnach hätte der Angeklagte gar nichts abrechnen dürfen, auch nicht die vermeintlich rechtmäßigen Bürgertests. So weit wollte das Gericht nicht gehen.

Während die vom Testzentrum-Betreiber gekauften Luxusautos, mit denen er im Internet geprahlt habe, bereits von der Staatsanwaltschaft eingezogen wurden – auch eine vormals mitbeschuldigte Freundin des Angeklagten musste ihren Porsche wieder abgeben – sollen nun auch die 50.000 Euro teure Küche im Haus der Ehefrau sowie die Solaranlagen auf deren Dach und denen der Eltern des Beschuldigten wieder abgebaut werden. Der Erlös fließt zurück in die Staatskasse.

Kölner Landgericht: Haftbefehl bleibt bestehen

Zum Abschluss seiner Urteilsbegründung widmete sich Richter Schorn noch der Haftsituation des Angeklagten. Der nicht vorbestrafte und gesundheitlich schwer angeschlagene Familienvater hatte sich erhofft, bis zu einer möglichen Rechtskraft auf freien Fuß zu kommen. Dem erteilte Schorn eine Absage. „In Deutschland wird es schwierig, finanziell wieder ein Bein auf den Boden zu bekommen“, sagte der Richter, es bestehe Fluchtgefahr. Denn der Angeklagte haftet für den angerichteten Schaden.

Verteidiger Sommer kündigte Revision und eine Beschwerde gegen die Haftentscheidung an. Offenbar hatte man sich eine mildere Strafe erhofft. Auch, weil der Angeklagte im Laufe des Verfahrens als Aufklärungshilfe eine mutmaßliche Bestechung von Ordnungsamtsmitarbeitern im Umland offenbart hatte. Die Staatsanwaltschaft eröffnete daraufhin ein weiteres Ermittlungsverfahren – das könnte allerdings auch zu einer weiteren Strafe für den Angeklagten führen.