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Rekordfund am FlughafenKöln ist Drehkreuz für Cannabis-Schmuggel in Europa

Lesezeit 3 Minuten
Cannabisfund am Flughafen Köln-Bonn

Sichergestellte Cannabissamen am Kölner Flughafen.

Sie heißen „Wedding Crasher“, „Royal Runtz“ oder „Granddaddy Bruce Feminized“ und zählen zu den weltweiten Topsellern unter den Cannabissamen im Online-Handel. Sie kosten ab sieben Euro pro Samen aufwärts.

Je nach Qualität werben die Versender mit einem Ertrag von zwei Kilogramm pro Samen und einem besonders hohen Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC), jener psychoaktiven Substanz, der hauptsächlich die berauschende Wirkung zugeschrieben wird. Das Problem: Auch, wenn viele Online-Shops weltweit versenden und explizit auch deutsche Kunden ansprechen, ist die Einfuhr von Cannabissamen hierzulande verboten.

Der Zoll deckt in diesem Jahr illegale Einfuhren mit Rekordvolumen fest – nie war die Nachfrage nach Cannabis in Europa höher als derzeit.

Ein Rekordfund jagt in diesem Jahr den nächsten

Am Flughafen Köln-Bonn haben die Fahnder kürzlich 2,3 Millionen Samen in einer einzigen Lieferung aus dem Verkehr gezogen. Aus den 50 Kilogramm Samen ließen sich laut Behördensprecher Jens Ahland mindestens 230 Tonnen Marihuana mit einem Straßenverkaufswert von 2,3 Milliarden Euro züchten. Ein größerer Fund ist dem deutschen Zoll in seiner Geschichte noch nie gelungen.

Erstaunlich und höchst ungewöhnlich ist, dass die Versender aus den USA sich nicht einmal die Mühe gemacht hatten, die Ware zu verstecken. „Die Cannabissamen waren ohne Tarnung in großen Plastiksäcken und Transportboxen verpackt“, berichtete Ahland. Ziel war eine Adresse in Litauen, mutmaßlich ein großer Zwischenhändler.

Hanfpflanze

Hanfpflanze

Warum die Versender nicht einmal versucht haben, die Zöllner zu täuschen, ist unklar. Ein Fahnder vermutet: „Sie dachten sich vielleicht einfach: stumpf ist Trumpf.“

Ungefähr eine halbe Million Pakete kommt jede Nacht am Kölner Flughafen an; angesichts dieser Masse waren die Cannabissamen aus den USA also auch ein Glückstreffer, selbst wenn der Zoll mit einer hochentwickelten Risikoanalyse arbeitet.

Tim Stinauer

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Bereits im Mai hatten die Zöllner am Flughafen knapp 150.000 Samen in zwei Sendungen gefunden – das war der bisherige Rekord. Und im März entdeckten die Fahnder bei Kontrollen des Postverkehrs aus den Niederlanden in mehr als 5800 Briefsendungen – vorwiegend an Privatleute – knapp 70.000 Cannabissamen. Auch dies war damals eine rekordverdächtige Menge.

Cannabiskonsum in Europa steigt massiv an

Die Erklärung für den massiven Schmuggelanstieg liegt auf der Hand: Laut World Drug Report 2020 der Vereintent Nationen kletterte die Anzahl der Cannabis-Konsumenten in Europa innerhalb der vergangenen sechs Jahre um 26 Prozent. Auch weltweit ging die Zahl im selben Zeitraum deutlich nach oben, allerdings nur um zehn Prozent.

Köln hat sich längst zum Drehkreuz der Schmuggler in Europa entwickelt. Mehrere weltweit tätige Kurierdienste haben ihre „Basis“ am Flughafen in Wahn. Der Großteil der Drogen, die hier ankommen, ist für den Weitertransport in andere deutsche Städte vorgesehen, aber auch nach Südeuropa, in die Türkei oder in den Osten.

Wer sich im Internet umschaut, hat kein Problem, Cannabissamen in beliebiger Menge zu ordern. Viele Online-Händler sitzen in Spanien oder Portugal. Ein Großteil der Samen kommt aus den USA, wo mit der zunehmenden Legalisierung von Cannabis in immer mehr Bundesstaaten auch der Anbau drastisch ausgeweitet wurde.

Einfuhr nach Deutschland ist illegal

Bestell- und Bezahlvorgang auf den Online-Plattformen sind denkbar unkompliziert. Alles scheint legal – auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick könnten Zweifel entstehen: Auf Wunsch versenden die Händler die Fracht auch an Postfach-Adressen, und zwar in diskreter Verpackung. „Niemand kann von außen auf den Inhalt schließen“, wirbt einer der Marktführer.

Die Einfuhr der Samen nach Deutschland ist illegal. „Nur weil man sehr einfach drankommt, heißt das nicht, dass es auch erlaubt ist“, warnt Zollsprecher Ahland. Der Erwerb von „Cannabispflanzen und ihren Bestandteilen“, also auch einem einzelnen Samen, ist hierzulande strafbar. Wer erwischt wird, sieht einem Strafverfahren entgegen. Und dann wäre es womöglich schnell vorbei mit dem „Rausch der Euphorie, der den Geist auf eine Achterbahnfahrt entführt“ und den die Züchter von „Granddaddy Bruce Feminized“ versprechen.

Dieser Text ist erstmals am 7. September 2021 erschienen.