Köln – Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des „Kölner Stadt-Anzeiger“ vertreten 82 Prozent der Katholiken im Erzbistum die Ansicht, dass Papst Franziskus den Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Woelki absetzen sollte. 92 Prozent meinen, dass Woelki von sich aus Konsequenzen hätte ziehen und zurücktreten müssen. „Die Ergebnisse der Umfrage bestätigen das, was wir wussten“, sagt Gregor Stiels, Vorsitzender des Katholikenausschusses, der Dachorganisation der katholischen Laien in Köln.
Unmut über Bistumsleitung an der Basis ist groß
Schließlich komme das Gremium, in dem etwa Pfarrgemeinderäte und katholische Verbände vertreten sind, „aus der Mitte der katholischen Kirche“ und sei „ganz nah an der Basis“. Dort sei der Unmut über die Bistumsleitung um Kardinal Woelki groß. „Wir dachten ja schon, dass die Situation dramatisch ist, aber jetzt ist es mit Zahlen belegt.“ Trotz der Erwartung schlechter Resultate habe es ihn „schockiert“, wie gering das Vertrauen in die katholische Kirche sei, sagt Stiels.
In der Umfrage geben nur neun Prozent aller Befragten im Erzbistum an, sie hätten großes Vertrauen; in der Stadt Köln beträgt der Wert sogar lediglich sechs Prozent. Als „desaströs“ bezeichnete Stiels den Befund, dass bloß sechs Prozent der Katholiken im Erzbistum angegeben hat, sie seien mit Woelkis Amtsführung in den zurückliegenden sieben Jahren zufrieden.
In der Stadt sind es unter allen Befragten nur ein Prozent. Alles in allem zeigten die Ergebnisse, „dass wir in den letzten Monaten mit unserer Einschätzung Recht gehabt haben.“ Stiels schließt sich der Forderung von 67 Prozent der Kirchenmitglieder an, die Laien sollten an der Entscheidung über die Zukunft Woelkis beteiligt werden. Dies entspreche den Beschlüssen der jüngsten Versammlung des Synodalen Wegs.
Maria 2.0.: Gegen biblische Grundsätze verstoßen
„Gut, dass diese Fragen gestellt wurden“, sagt Bernadette Rüggeberg, eine der Sprecherinnen der Reforminitiative Maria 2.0. Die Ergebnisse seien „sehr detailliert und aufschlussreich“. Zwar sei sie im Ganzen nicht verwundert darüber, doch das Ausmaß der Kritik sei größer, als sie angenommen habe: „Man hält sich ja in den gleichen Kreisen auf und weiß nicht, wie groß die Gegenseite ist“, also die Seite derjenigen, die wenig oder nichts zu beanstanden haben. Deren Zahl sei offensichtlich „erstaunlich“ gering.
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Dass es so wenig Zufriedenheit mit Woelkis Amtsführung gibt, ist für Rüggeberg folgerichtig, „wenn man gegen biblische Grundsätze verstößt“. Zu ihnen zähle der besondere Schutz der Kinder. Dieser sei beim Umgang mit sexuellem Missbrauch „völlig außer Acht gelassen worden“. Stattdessen sei es vordringlich um das „Ansehen der Würdenträger und der Kirche“ gegangen.
Der Missbrauch zeige, was geschehe, wenn es an Kontrolle fehle. Die katholische Kirche müsse endlich die Maßstäbe einer „aufgeklärten Gesellschaft“ übernehmen: „Gerechtigkeit, Partizipation, Transparenz und Gewaltenteilung“. Die Umfrageergebnisse könnten und sollten dazu ermutigen, in diesem Sinne an der Kirche zu arbeiten. Aus dem Stadtdekanat hieß es am Freitag, Stadtdechant Robert Kleine stehe terminbedingt nicht für eine Stellungnahme zur Verfügung.
Woelki hat Termin für ökonomische Andacht abgesagt
Sollte Kardinal Woelki wie bislang geplant am 2. März aus seiner „geistlichen Auszeit“ zurückkehren und die Amtsgeschäfte wieder aufnehmen, wird er im Dom den Gottesdienst zum Aschermittwoch der Künstlerinnen und Künstler feiern. Am 5. März sollte Woelki die Predigt bei der ökumenischen Andacht zum Beginn der Passionszeit in der Düsseldorfer Johanneskirche halten. Diesen Termin hat er am Samstag jedoch abgesagt. Er wird sich von Weihbischof Rolf Steinhäuser vertreten lassen.
Die liturgische Leitung der ökumenischen Andacht hat Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Die gemeinsame Andacht des Kölner Erzbischofs und des rheinischen Präses am Anfang der Bußzeit hat eine jahrzehntelange Tradition. Im vorigen Jahr waren vor dem Hintergrund des Missbrauchskandals im Erzbistum Köln in der rheinischen Kirche Stimmen laut geworden, die Andacht sollte abgesagt werden. Der damalige Präses Manfred Rekowski hielt jedoch an dem Termin fest.